Die Welt befindet sich in einer Krise, aber ist das nicht schon seit Anbeginn der Zeit so? Oder jedenfalls seit Anbeginn der menschlichen Existenz? Wo Menschen sind, herrscht Chaos. Oder anders: Wer lebt, stört. Eigentlich nichts Neues, aber verschiedene Zeiten bergen verschiedene Probleme, bescheren verschiedene Kuriositäten, befördern verschiedene Paradoxa zu Tage. So viel Verschiedenes ist im Kern meist trotzdem gleich und dennoch: Zum Widerspiegeln und vor Augen führen politischer, sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Missstände hat sich eine literarische Kunstform stets bewährt: Der Aphorismus.
X Wassensdorfer, Jahrgang 1950, gebürtiger Hallenser, studierter Volkswirt und inzwischen pensionierter Rechtsanwalt, widmet sich seit 2008 dem Schreiben von Gedichten, Essays und eben Aphorismen. In seiner jüngst erschienenen Sammlung „Katastrophen, Krisen und Kapricen: Satiren und Sentiments zum Zeitgeschehen“ hat er es sich zur Aufgabe gemacht, gegen die „staatlich geförderten Dummheiten auf politischem, ökonomischen und kulturellem Gebiet“ anzuschreiben. Kaum ein Thema, das er nicht aufgreift und zur Disposition stellt. Das reicht von der (gehäuften) Beschwerde über den Sozialstaat oder überflüssige Institutionen, die nur zum Selbsterhalt zu existieren scheinen, über den angeblichen „Klima-Mainstream“ und Presseversäumnisse bis hin zu langen, interessanten Ausführungen über die große Saale-Flut 2013 oder den Mindestlohn und das Flüchtlingsdrama. Manches scheint treffend formuliert, einiges sogar witzig, anderes hingegen nicht ganz zu Ende gedacht und wieder anderes bleibt einem glattweg im Halse stecken. Immer wieder erwischt man sich bei dem Versuch, den Autor einzuordnen, aber das, das muss man neidlos anerkennen, erweist sich als schwierig. Umso spannender (spannend meint nach Definition des Autors: „schwer verständlich, disharmonisch bis schmerzhaft, langweilig oder unbeschreiblich – aber jedenfalls nicht schön“, da darf man sich jetzt etwas von aussuchen oder seine ganz eigene Definition finden) ist die Satire-Sammlung, die sich als persönliches Zeitdokument kurzweilig liest und in jedem Fall den Grips anstrengt.
Wassensdorfer: Katastrophen, Krisen und Kapricen – Satiren und Sentiments zum Zeitgeschehen, Mitteldeutscher Verlag, Deutsch, 144 Seiten, € 9,95, ISBN: 978-3-9546-2798-1