Die 6. Triennale für zeitgenössische Kunst in Franken präsentiert in der Kunsthalle in Schweinfurt Werke von neun Künstlerinnen und steht unter dem Motto "Aufgefächert". Die Ausstellung beleuchtet die Vielstimmigkeit der Formen und Perspektiven in den Arbeiten der Teilnehmerinnen und zeigt ein breites Spektrum von Malerei und Skulptur über Fotografie bis hin zu Videokunst, Installationen und Performance. Die Triennale zeichnet ein aktuelles Bild der Kunstszene in Franken, in der Frauen eine zentrale Rolle spielen und setzt damit ein starkes Zeichen in der Kunstwelt. Die Triennale 2024 ist ausschließlich den Werken von Frauen gewidmet. Die Ausstellung untersucht die Veränderungen der Bedingungen und Chancen für Künstlerinnen über die Jahre. Historisch wurden Frauen erst 1919 als Kunststudentinnen an deutschen Akademien akzeptiert, ein wichtiger Schritt, der jedoch die Gesamtsituation nicht wesentlich verbesserte. Bis heute gibt es in Ausstellungen, Galerien und auf dem Kunstmarkt ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern. Die teilnehmenden Künstlerinnen, die ohne Ausnahme aus Franken stammen, sind:
- Stefanie Brehm (*1980 in Bamberg): Ihre glasierten Keramiksäulen und dynamisch-abstrakten Kunststoffarbeiten vereinen Malerei und Skulptur in leuchtenden Farben.
- Fatma Güdü (*1983 in Nürnberg): Ihre Werke bestehen aus zarten Umrisslinien und Farbflächen, die Erinnerungsbilder und diffuse Umgebungen darstellen.
- Ursula Jüngst (*1965 in Miltenberg): Ihre vibrierenden Leinwände nutzen Farbe als Träger von Empfindungen und Erfahrungen, oft mit markanten Pinselstrichen.
- Barbara Sophie Nägle (*1969 in Würzburg): Ihr fotografisches Werk umfasst Landschaften und Stadtlandschaften, die menschliche Eingriffe und Übergangszustände thematisieren.
- Stefanie Pöllot (*1964 in Nürnberg): Ihre Videokunst und Fotografie widmen sich dem Stillleben und schaffen raffinierte Montagen zwischen Bewegung und Stillstand.
- Birgit Ramsauer (*1962 in Nürnberg): Ihr vielfältiges Werk umfasst Performance, Skulptur, Installation, Fotografie, Video, Gedichte, Sound, Malerei, Zeichnung und Tape Art.
- Heidrun Schimmel (*1941 in Bamberg): Ihre minimalistischen Werke aus weißen Fäden und schwarzem Organzastoff entstehen durch dicht gesetzte Stiche.
- Julia Tiefenbach (*1992 in Hof): Die jüngste Künstlerin entwirft für die Triennale eine "Funbox" und eine Wandzeichnung, die alternative Nutzungsmöglichkeiten erkundet.
- Lisa Wölfel (*1988 in Schweinfurt): Ihre ausdrucksstarken Bilder zeigen oft Frauen in alltäglichen Bewegungen, in Verbindung mit Natur und Tierwelt.
Die Ausstellung und das Begleitprogramm bieten viel Raum, über geschlechtsspezifische Klischees und die Repräsentation von Frauen in der Kunst nachzudenken. Die Kuratorinnen Dr. Barbara Kahle und Dr. Julia Weimar laden zu verschiedenen Veranstaltungen und Diskussionen ein, um die Rolle der Künstlerinnen in der Kunstszene zu beleuchten.
Während der Ausstellungsdauer gibt es an mehreren Terminen im August und September öffentliche Führungen, es können aber auch individuelle Führungen per Mail oder per Telefon gebucht werden.
In der Johanniskirche in Schweinfurt wird das Triptychon „Mariupol“ von Ursula Jüngst zu sehen sein. Die Kirche ist von 9 bis 17 Uhr durchgehend geöffnet. Bei einem Gottesdienst am 25. August wird die Arbeit der Künstlerin im Mittelpunkt der Predigt stehen.
Die 6. Triennale zur zeitgenössischen Kunst in Franken ist nicht nur eine Ausstellung, sondern ein Fest der weiblichen Kreativität und Ausdruckskraft. Sie bietet eine Plattform für wichtige Diskussionen und lädt Besucher:innen ein, die vielfältigen Perspektiven zeitgenössischer Kunst von Frauen zu entdecken. Die Kunsthalle Schweinfurt setzt damit ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung und Vielfalt in der Kunstwelt. Verpassen Sie nicht die Gelegenheit, diese einzigartige Ausstellung zu besuchen. Die 6. Triennale zur zeitgenössischen Kunst in Franken läuft noch bis zum 30. September in der Kunsthalle Schweinfurt. Tauchen Sie ein in die Welt der zeitgenössischen Kunst und lassen Sie sich von den Werken dieser außergewöhnlichen Künstlerinnen inspirieren. Die Finissage der 6. Triennale mit Preisverleihung ist für den 15. September um 11 Uhr geplant.
Ein kleiner Hinweis sei noch erlaubt. Fast zeitgleich findet im Frankfurter Städel Museum die Ausstellung „Künstlerinnen zwischen Frankfurt und Paris um 1900“ statt. In dieser Schau, die aus einem Forschungsprojekt resultiert, widmet sich das Museum dem künstlerischen Schaffen dreier Künstlerinnengenerationen, ihren individuellen Leistungen und wirft einen Blick auf die weitverzweigten Netzwerke dieser Protagonistinnen, mit denen sie sich gegenseitig unterstützten und förderten. Es werden unter anderem Werke von Alice Trübner, Ottilie W. Roederstein, Dora Hitz und Tola Certowicz gezeigt, um nur einige wenige zu nennen. Diese Ausstellung läuft bis zum 27. Oktober 2024.
ART. 5|III wollte natürlich ein wenig mehr zu den Motiven und Gedanken der Künstlerinnen erfahren und hat deshalb zwei von ihnen, sozusagen stellvertretend, einige Fragen gestellt:
HS: Textilkunst ist Frauenkunst, Kunstgewerbe, also Kunst zweiter Klasse. Dieses Klischee hat mich zwar immer wenig bekümmert, aber: „Es geht Heidrun Schimmel keinesfalls um feministische „Trotz“-Kunst, sehr wohl aber um Anerkennung der Textilkunst als gleichwertige Disziplin der freien Künste“ (Barbara Kahle, 2024). Deshalb bedeutet mir die Einladung zur Teilnahme an der Triennale mit Vertreterinnen eines breiten Kunst-Spektrums sehr viel.
SB: Die Kunsthalle Schweinfurt ist ein bedeutender Ausstellungsort in Franken. Ich freue mich, dass meine Werke durch die Teilnahme an der 6. Triennale sowohl regional als auch überregional Anerkennung finden. Die Ausstellung hat mir die Möglichkeit geboten, ein neues Netzwerk mit 8 weiteren herausragenden zeitgenössischen Künstlerinnen aus Franken, den Kuratorinnen und den Mitarbeiter:innen zu knüpfen. Für meine Kunst bietet die Triennale ein inspirierendes Ambiente in einer großen, lichtdurchfluteten Ausstellungshalle, in der sich meine Farbflächen und Skulpturen wunderbar ausdehnen können.
HS: Ich bin zwar seit 1968 ununterbrochen Mitglied des BBK Oberfranken, habe mich aber von meinem Wohnort München aus national und international im Kunstbetrieb etabliert. Als ich 2001 nach Bamberg zurückkehrte, wurde ich „mit offenen Armen“ empfangen, konnte sehr leicht zusätzlich regional Wurzeln schlagen. Dafür bin ich sehr dankbar.
SB: Ich lebe sehr ländlich in Franken und schätze meinen kurzen Weg ins Grüne und zwischen die Felder, wo ich oft in der Früh kleine Hasen begrüße. Da tanke ich auf, mit Blick auf die Friesener Warte. Am Anfang meines täglichen Schaffens steht immer die Verbindung mit mir selbst im Vordergrund und die gelingt mir am besten draußen in der Natur und in der Stille.
HS: Ich arbeite ausschließlich an textilen Objekten und das ausschließlich mit Nadel und Faden. Mich faszinieren spezifische Eigenschaften des textilen Fadens und deren Beziehungen zum Menschen. Diese zeigen sich z.B. in unserem Sprachgebrauch: An einem Faden hängend, Leitfaden, roter Faden, Netz, Vernetzung, Netzwerk... Zudem thematisiere ich die Verbindungen des lateinischen Verbs „texere“, zusammenfügen, über die gemeinsame Sprachwurzel zu den Begriffen: Text-Textil-Textur-Architektur. Alle diese Beziehungen sind immer ambivalent, d.h. sehr stark und zugleich sehr gefährdet.
SB: In der Ausstellung sind einerseits große Skulpturen aus Keramik zu sehen. Dabei handelt es sich um teils menschengroße Säulen, die auf der Drehscheibe Stück für Stück, über Wochen hinweg, mit Ton gedreht wurden. Diese hohlen und oben geschlossenen Grundfiguren versehe ich nach dem ersten Brand mit farbigen Glasuren. Oft impulsiv aufgetragen, entfalten diese Glasuren ihre eigene Magie, da sich die Farben während des Brandes bei über 1200 Grad noch einmal verändern und durch verschiedene Überlagerungen neue Farbnuancen entstehen. Durch die hohen Temperaturen sind die Skulpturen winterhart und somit auch für den Außenbereich geeignet. Der Prozess des Skulpturenbaus erfordert konstante, klare und sich wiederholende Schritte, die mit viel Ruhe und Konzentration verbunden sind. Im Gegensatz dazu braucht die Phase des Farbauftrags Impulsivität, Spontanität, Mut und Wagnis. Ich aktiviere mich dafür gerne mit Musik und Gesang.
Meine Werke verbinden Skulptur mit Malerei, aber auch das Feste, Beständige mit dem Fluiden und Bewegten. Dies zeigt sich auch in meinen weiteren Arbeiten, die in der Kunsthalle Schweinfurt zu sehen sind: Millimeterdünne Kunststoffmalereien, die direkt an der Wand angebracht sind und sich so unmittelbar in die Architektur des Raumes einfügen. Bei der Herstellung sind sie zunächst flüssig, ein Zustand, in dem sich die Farben verbinden und ineinander fließen dürfen, ehe sie später aushärten. Die fest gewordene Farbe ist stabil und benötigt keinen konventionellen Bildträger mehr. Der natürliche Verlauf der Farbe wird zur Form. In der Ausstellung sind sowohl dynamische, mehrfarbige als auch sehr ruhige, monochrome Kunststoffarbeiten zu sehen. Gegensätze zeigen sich generell auch in meinen künstlerischen Materialien: zum einen die ur-archaische Keramik und zum anderen der moderne Kunststoff. Doch beide begeistern und verkörpern mich und vereinen sich im Glanz und in der Leuchtkraft der Farben.
HS: Botschaft: Nein, keine. Mein künstlerisches Konzept lautet: „material as matter“, was geschieht, wenn ich Nadel und Faden dieses oder jenes machen lasse?
SB: Ich erschaffe im Außen Werke, die innerlich zu mir passen. Sowohl in Bezug auf das Material, die Form, die Farbgebung und die Art des Farbauftrages und so weiter. Ich habe mich z.B. bislang mehr zu runden Formen und Kreisen hingezogen gefühlt als zu eckigen Formen und mehr zu leuchtenden Farben als zu schwarz, weiß und grau, obwohl letztere natürlich trotzdem immer eine wichtige Komponente in der Malerei sind. Tatsächlich arbeite ich viel mit meiner Innenschau. Ich habe weniger das Bedürfnis, einzelne Themen des Lebens nach außen zu tragen, sondern achte mehr darauf, was sich für mich echt, freudvoll, spannend, kommunikativ und kraftvoll anfühlt. Und das darf sich in Form und Farbe verwandeln. Die Sprache meiner Kunst bleibt abstrakt, um den Betrachter eher auf der Ebene des Fühlens statt des Denkens anzusprechen. Meine Werke könnten als Inspiration dienen, das zu tun, was man innerlich als stimmig und authentisch empfindet. „Mach dein Ding!“ – das könnte eine von vielen Botschaften meiner Kunst sein, auch wenn das nicht außen draufsteht.
HS: Nein.
SB: Im Vorfeld der Triennale fanden zwei Treffen statt, bei denen alle neun Künstlerinnen sowie die Kuratorinnen und Mitarbeiter:innen der Kunsthalle zusammenkamen. Diese Treffen boten uns die Gelegenheit, uns und unsere Kunst besser kennenzulernen. An meinem Aufbau-Tag war auch Stefanie Pöllot, eine der ausstellenden Künstlerinnen, anwesend und half uns, eine der großen Wandarbeiten aufzuhängen. Lisa Wölfel hat bereits weit vor der Eröffnung und auch während der Ausstellung Werbebeiträge und Stories auf Instagram erstellt, die jede Künstlerin weiter nutzen konnte. Für einen Fototermin eines Magazins hat mich Heidrun Schimmel in ihrem Atelier willkommen geheißen. Barbara Nägele hat wunderschöne Raumfotografien von der Ausstellung gemacht. Diese kontinuierliche Zusammenarbeit und die Berührungspunkte zwischen uns allen sind wertvoll, und ich danke jeder einzelnen Künstlerin für ihren Einsatz.
HS: Während meiner langjährigen „Brotberuf“-Tätigkeit als Bibliothekarin der Akademie der Bildenden Künste München erlebte ich den stetig steigenden Anteil weiblicher Studierender bei gleichbleibend ausschließlich männlich besetztem „Lehrkörper“ und zugleich bewusste Positionen feministischer Kunst in Westeuropa und den USA. Das veranlasste mich zusammen mit dem Professor für Kunstpädagogik und einigen Studentinnen 1982 zur Organisation des mehrtägigen Symposions „Kunst und/von Frauen“, unterstützt von Kunstverein, Kulturreferat und Galerien. Dies war die allererste Veranstaltung zum Thema „Künstlerin“ in der Münchener Kunstszene. In der Folge wurden dann erstmalig an der Kunstakademie Lehraufträge für Künstlerinnen bewilligt. Bis zur Einstellung einer ersten Professorin dauerte es noch Jahre. Inzwischen hat sich vieles positiv verändert. Aber u.a. die heutige „Me Too“-Debatte zeigt: Es muss noch einiges geschehen in Bezug auf Strukturen und Rahmenbedingungen. Deshalb halte ich das Thema der diesjährigen Triennale in Schweinfurt nach wie vor für sehr wichtig.
SB: Ich finde es gut. Es ist eine Art, einen äußeren Rahmen zu setzen, ähnlich wie man als Kurator:in entscheiden kann, nur Männer auszustellen, nur Bildhauerei oder nur Malerei. Diese Entscheidung schafft sofort eine Gemeinsamkeit und ermöglicht es, verschiedene Aspekte der weiblichen Wahrnehmung und Ausdrucksform zu zeigen. Es wird Raum geschaffen, um Geschichten und Themen zu erkunden, die in einer gemischten Ausstellung möglicherweise weniger Beachtung finden würden. Vor allem rücken frauenspezifische Themen in den Vordergrund, die man an den Werken der Künstlerinnen nicht direkt sehen kann, die aber im Begleitprogramm der Triennale bei Diskussionen durchaus aufgegriffen werden. Beispielsweise die Frage, wie einfach es für eine Künstlerin ist, sich für eine Familie zu entscheiden. Wie stark muss man um einen Karriereeinbruch bangen, weil man möglicherweise nicht immer in dem Maße Werke liefern kann und nicht mehr so ortsunabhängig ist? Oder auch die Frage nach den Einkommensverhältnissen. Das aktuelle Einkommens-Gender-Gap von Bildenden Künstlerinnen liegt weitaus höher als gesamtgesellschaftlich, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
HS: Achtsamkeit, waches Bewusstsein für die Situation berufstätiger Frauen, Mütter, Künstlerinnen – und das als erste Stufe für Veränderungen.
SB: Kunst ist ein Spiegel, wie alles uns Umgebende. Geh durch die Ausstellung und beobachte, wo Du Dich sehen kannst.