Ohne ihn sähe Bamberg anders aus. Er war Initiator des Bamberger Theaters. Er bewahrte die Altenburg vor dem Verfall und wirkte beim Bau des Allgemeinen Krankenhauses mit, das zu seiner Zeit als eines der modernsten in Europa galt und in dem sich heutzutage das Stadtarchiv befindet. Er entwarf eine Vorgängerversion der Krankenkasse, er veranlasste die Einrichtung des Bürgerspitals am Michelsberg sowie der Nervenklinik St. Getreu und hatte einen ausgezeichneten Ruf als Mediziner. Bei seiner Beerdigung am 29. April 1816 läuteten sämtliche Bamberger Kirchenglocken. Ein riesiger Trauerzug erwies ihm die letzte Ehre. Die Spitze des Altenburg-Turms war mit schwarzem Tuch verhüllt und an seinem Grab unterhalb der Burg wurden Trauerreden gehalten und eigens verfasste Trauerlieder gesungen – auf den unvergesslichen Marcus.
200 Jahre später ist der Bamberger Arzt Dr. Adalbert Friedrich Marcus nahezu in Vergessenheit geraten. Eine Brücke ist nach ihm benannt, eine Straße, ein Platz und ein Universitäts-Gebäude. „Aber er ist in den vergangenen Jahren bei weitem nicht so im kollektiven Bewusstsein gewesen, wie er es verdient. Deswegen ist es jetzt sehr schön, dass es diese Veranstaltungsreihe gibt“, sagt die Bamberger Historikerin Dr. Karin Dengler-Schreiber. Zum 200. Todestag von Dr. Adalbert Friedrich Marcus im April organisiert der Ärztliche Kreisverband Bamberg mehrere Veranstaltungen, Vorträge sowie zwei Symposien in Bamberg und Marcus’ hessischem Geburtsort Bad Arolsen, die sich mit dem Mediziner beschäftigen. Karin Dengler-Schreiber wird dabei zum Thema „Ein reicher Geist – Marcus, das Theater und die Bamberger Gesellschaft“ sprechen.
Für die ehemalige Welterbe-Managerin der Stadt Bamberg ist das Spannende an Marcus, „dass er ein extrem vielseitiger Mann war“, der es trotz des damaligen Nachteils als zum Katholizismus konvertierter Jude geschafft habe, „ganz nach oben in der bürgerlichen Gesellschaft zu kommen.“ Zudem habe Marcus Bamberg wesentlich beeinflusst. „Er hat diese Stadt in dieser Umbruchszeit um 1800 in ganz besonderer Weise geprägt.“ Angefangen bei der Gründung des Theaters , – Marcus hatte mit Freunden ein Liebhaber-Theater initiiert, das finanziell derart erfolgreich war, dass professionelle Theatermacher nach Bamberg geholt werden konnten und später unter Graf von Soden ein eigenes Theater gebaut wurde –, bis zum Erhalt der Altenburg, die Marcus unter anderem als „Fluchtdomizil“ nutzte, um seine Ehefrau zu meiden, mit der er sich anscheinend nicht allzu gut verstand. Auch der Einfluss Marcus‘ auf E.T.A. Hoffmann, der für kurze Zeit am Bamberger Theater als Musikdirektor angestellt war und fast fünf Jahre in Bamberg lebte, war enorm. „Er hat offenbar sehr schnell erkannt, dass E.T.A. Hoffmann ein ziemlich genialischer Mensch war und hat ihn gefördert, wo immer er konnte. Er hat ihn in den Club der Honoratioren aufgenommen, den Vorläufer der heutigen Harmonie-Gesellschaft. Dadurch hat er Hoffmanns gesellschaftlichen Aufstieg veranlasst und gefördert. Er hat ihm Aufträge gegeben und Hoffmann einen Gartensaal und einen Turm auf der Altenburg ausmalen lassen, aber das Wichtigste für Hoffmanns Werk war der Kontakt zu Marcus als Nervenarzt. Marcus hat ihn in die Nervenklinik mitgenommen, wo er den Wahnsinn kennengelernt hat, der eine wesentliche Inspirationsquelle für sein dichterisches Werk wurde. Hoffmanns späteres Werk ist ohne diese Besuche in der Nervenklinik nicht denkbar.“
Für den Bamberger Pathologen Prof. Dr. Gerhard Seitz, der am Dienstag, 7. Juni ab 19 Uhr zusammen mit dem ehemaligen Leiter des Bamberger Stadtarchivs, Dr. Robert Zink, im Galeriesaal der Altenburg über „Dr. Adalbert Friedrich Marcus und die Bamberger Krankenversicherung – Was haben Politiker in 200 Jahren dazu gelernt?“ referieren wird, ist Marcus nach Johann Lukas Schönlein „der bedeutendste Mediziner Bambergs.“ Als Leiter des ersten Krankenhauses in Bamberg ab 1789, das damals eines der modernsten Europas gewesen sei, stehe Marcus damit historisch „für den Übergang vom Siechenhaus zum Krankenhaus, das heißt, für den Ansatz den Kranken zu heilen. Folgerichtig hat er Neuerungen wie ein klinisches Labor, Aufenthaltsräume etc. aber auch die Pockenschutzimpfung in Bamberg eingeführt“, so Prof. Seitz. Wie bewegt das Leben von Marcus war, das beschreiben die beiden Historiker Prof. Dr. Mark Häberlein und Dr. Michaela Schmölz-Häberlein in ihrer jetzt im Würzburger Ergon-Verlag erschienenen akribisch recherchierten, absolut lesenswerten 454-seitigen Marcus-Biografie „Adalbert Friedrich Marcus (1753–1816)“.
Alle Infos zu den Vorträgen: www.kreisverbandbamberg.de. Der Eintritt ist frei.
Lese-Tipps:
Häberlein, Mark und Schmölz-Häberlein, Michaela: Adalbert Friedrich Marcus (1753–1816). Ein Bamberger Arzt zwischen aufgeklärten Reformen und romantischer Medizin. Ergon-Verlag, Würzburg, ISBN 978-3-95650-134-0, 2016, 454 Seiten, 48 Euro.
Dengler-Schreiber Karin: So ein Theater: Geschichten aus 200 und einem Jahr Bamberger Stadttheater. Babenberg-Verlag, Bamberg, ISBN: 978-3933469137, 2003, 208 Seiten.
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Vor den Toren der Altenburg in Bamberg, Foto © Frank Gundermann
Markusgrab in Bamberg, Foto © Frank Gundermann
Gedenktafel auf dem Markusgrab, Foto © Frank Gundermann