
Die Illustration zur Ausstellung, die Véronique Stohrer anhand einer schwarz-weißen Collage aus den 1920er-Jahren im Gegenspiel mit abstrakten Farbformen entwickelte, versinnbildlicht den Befreiungsschlag von Frauen in der Kunst. Der weibliche Ausbruch aus den traditionell vorgezeichneten Bahnen innerhalb eines patriarchal geprägten Gesellschaftssystems verlief für die rollenklischeehaft als „Malweiber“ bezeichneten frühen Künstlerinnen-Generationen im Rückblick als schwieriges Unterfangen.
Im Kampf der Frauen um Gleichstellung und Gleichberechtigung wartet das erste Drittel des vergangenen Jahrhunderts mit wichtigen Errungenschaften in der Frauen(kunst)geschichte auf. In Folge des 1918 eingeführten Wahlrechts und dem etwas später durchgesetzten Gleichstellungsparagrafen wurde Frauen, die den Beruf als Künstlerin wählten, ab 1919 gestattet, sich regulär und deutschlandweit an den Kunstakademien als ordentliche Studentinnen einzuschreiben.
Zuvor waren angehende Malerinnen und Bildhauerinnen alleine vom männlichen guten Willen abhängig. Beispielsweise waren sie mangels Ausbildungsmöglichkeiten an Hochschulen auf kostenintensive Unterrichtsstunden bei Privatlehrern oder überteuerten, von ihren Mitstudenten abgetrennten „Damenmalklassen“ angewiesen. Wie wichtig dabei die Solidarität unter den gleichgesinnten Frauen, die gegenseitige Unterstützung und das Pflegen von Netzwerken war (und immernoch ist), wird durch den gewählten Titel der aktuellen Böblinger Präsentation zusätzlich unterstrichen.
Im Verlauf des beginnenden 20. Jahrhundert erkämpften sich die Damen immer mehr Aktions- und Freiräume, etwa den Zutritt zu eigenen Ateliers und zu den für eine künstlerische Ausbildung notwendigen Aktstudien. Gezeigt werden daher schwerpunktmäßig Arbeiten mit Bezügen zu „Akt“ und/oder „Anspruch auf Raum“, – ehemalige Tabuthemen für die früheren Künstlerinnen-Generationen.
In der Böblinger Ausstellung werden die Entwicklungen der letzten 100 Jahre anhand einer exemplarischen, vielschichtigen und gattungsübergreifenden Bandbreite an Arbeiten von einer Auswahl an 10 frühen und 40 gegenwärtigen Künstlerinnen mit Schwerpunkt auf dem südwestdeutschen Raum nachgezeichnet sowie einander eindrucksvoll gegenübergestellt. In Porträts und Landschaftsdarstellungen, Blumen-Stillleben und Kinderbildnissen stellen die Künstlerinnen der Klassischen Moderne nicht nur ihr großes Talent zur Schau, sondern zugleich ihr Be- und Gefangensein in einer Motivwelt, die ihnen von ihren männlichen Kollegen noch lange „diktiert“ wurde. Dass es auch heutezutage in vielerlei Hinsicht noch Tabus aufzubrechen gibt, lassen die nicht selten Grenzen auslotenden und rebellisch anmutenden Werke der Gegenwartskünstlerinnen vermuten.
Die Finissage mit großer Podiumsdiskussion „The State of the Female Art“ findet unter engem Einbezug der Stuttgarter Kunstakademie am 19. April 2020 in der Städtischen Galerie Böblingen statt.
Städtische Galerie Böblingen in der Zehntscheuer, Pfarrgasse 2, 71032 Böblingen
Infos & Termine:
bis 19.04.2020
Mi bis Fr von 15.00 bis 18.00 Uhr
Sa von 13.00 bis 18.00 Uhr
So & Feiertags von 11.00 bis 17.00 Uhr
Städtische Galerie Böblingen
Pfarrgasse 2
71032 Böblingen
Tel. (07031) 6691705
staedtischegalerie.boeblingen.de