Sie ist Bestseller-Autorin mit einer Millionen-Auflage und sie engagiert sich für Literatur in ihrer Heimatstadt Bamberg. 2016 wird Tanja Kinkel als Schirmherrin für das neu gegründete Bamberger Literaturfestival tätig sein und die Vollversammlung der Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland nach Bamberg holen. ART.5|III sprach mit der Autorin über ihr Engagement.
Sie holen die Jahrestagung des PEN-Zentrum Deutschlands vom Donnerstag, 21. April bis Sonntag, 24. April nach Bamberg. Geht damit ein persönlicher Wunsch für Sie in Erfüllung?
Tanja Kinkel: Absolut, seitdem ich 2006 als Mitglied in den PEN aufgenommen wurde, habe ich mir gewünscht, dass die Vollversammlung auch mal in meine Heimatstadt Bamberg kommt und habe dafür Lobbyismus betrieben. Es ist eine fantastische Chance sowohl für die Autoren die Stadt kennenzulernen als auch für die Stadt und die Bevölkerung die Autoren kennenzulernen. So viele Schriftsteller hat man sonst nirgendwo an einem Ort.
Lässt sich bereits sagen, wie viele Autoren kommen werden und wer?
Tanja Kinkel: Die Anmeldefrist läuft zwar noch bis Ende Januar, aber im Durchschnitt kommen etwa 200 Schriftsteller von unseren 900 Mitgliedern. Es sind zum größten Teil deutsche Schriftsteller, aber auch deutschsprachige Autoren aus Österreich und der Schweiz sind dabei, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben. Unser derzeitiger PEN-Präsident Josef Haslinger wird teilnehmen, Christoph Hein, Paul Maar, Thomas Rothschild und wir hoffen auch auf Nora Gomringer, die ebenfalls PEN-Mitglied ist. Eigentlich wäre auch Günter Grass gekommen, aber es hat leider nicht mehr sollen sein.
Sie sind Mitglied im Beirat des PEN-Präsidiums. Was ist das Besondere an der jährlichen Vollversammlung?
Tanja Kinkel: Bis auf die Zuwahl, bei der über die Aufnahme neuer Mitglieder abgestimmt wird, und eine Abschlussveranstaltung am Samstagabend sind sämtliche Veranstaltungen und Versammlungen öffentlich. Jeder kann gerne kommen und zuhören. Es wird eine Lesung unserer Stipendiaten aus dem ‚Writers in Exile‘-Programm geben sowie eine Veranstaltung zum ‚Writers in Prison‘-Programm. Beim ‚Writers in Prison‘-Programm setzt sich der PEN für Autoren ein, die in ihren Heimatländern inhaftiert sind und macht auf ihre Situation aufmerksam. Mit dem ‚Writers in Exile‘-Programm ermöglicht der deutsche PEN zusammen mit dem Außenministerium etwa zehn bis zwölf Autoren ein Stipendium in Deutschland. Sie haben die Möglichkeit für ein paar Jahre in Deutschland zu schreiben. Sie bekommen eine Unterkunft, Betreuung und Rechtsberatung und wir versuchen sie den deutschen Lesern näherzubringen. Die Autoren kommen aus Ländern, in denen sie sich nicht frei äußern können und der Zensur unterliegen. Das ‚Writers in Exile‘-Programm ermöglicht ihnen das, was man ihnen in ihren Heimatländern versucht zu nehmen: die Möglichkeit ihre Werke an Menschen zu bringen und auf die Situation in ihrem Heimatland aufmerksam zu machen. Außerdem werden 33 neu aufgenommenene Mitglieder sich bei einer Lesung mit dreiminütigen Texten vorstellen und es wird ein Diskussionspanel geben, bei dem wir darüber debattieren, ob man den Blasphemie-Paragrafen abschaffen sollte oder nicht. Gerade in einer kirchlichen Stadt wie Bamberg könnte das ein heißes Thema sein. Am Sonntag wird es noch eine Abschluss-Matinee geben, bei der wir eine Anthologie vorstellen, die sich mit dem Maler Felix Nussbaum auseinandersetzt.
Sie holen dieses Jahr nicht nur die Vollversammlung des PEN-Zentrums nach Bamberg, sondern Sie sind im Januar und Februar auch Schirmherrin des neuen Literaturfestivals BamLit. Ist es Zufall, dass Sie sich jetzt mit zwei großen Veranstaltungen für Bamberg engagieren oder werden Sie sich auch in Zukunft für Ihre Heimatstadt einsetzen?
Tanja Kinkel: Dass die beiden Veranstaltungen im selben Jahr stattfinden, ist natürlich Zufall. Wir planen vom PEN immer zwei Jahre im Voraus. Dass dann auch noch im selben Jahr BamLit existieren würde, wusste ich nicht. Mein Engagement ist aber alles andere als zufällig. Ich bin ja seit einigen Jahren Kulturbotschafterin für Bamberg. Sich für Bamberg zu engagieren, ist eine gute Sache. Wenn man als Autorin eine größere Öffentlichkeit erreicht, dann kann man das gut miteinander verbinden.
Sie wurden von Klaus Stieringer gefragt, ob Sie die Schirmherrschaft bei BamLit mit übernehmen wollen. Die Ursprungsidee zum Festival kam von Paul Maar. Was hat Sie am Festival besonders gereizt?
Tanja Kinkel: Ich fand es eine fantastische Sache, vor allem weil explizit der Landkreis mit eingebunden wird. BamLit wird verstreut stattfinden, an vielen kleineren Orten, die für die Lesungen zu kulturellen Zentren werden. Dieses Konzept fand ich sehr schön. Außerdem bin ich schon etwas nervös. Einerseits, weil ich selbst in Bischberg zehn verschiedene Bücher vorstellen werde, was ich bei einer Einzellesung noch nie gemacht habe, andererseits, weil ich das Interview mit Donna Leon auf Englisch führen und fürs Publikum übersetzen werde.
Zum Abschluss: Anfang November ist Ihr neuer Roman ‚Schlaf der Vernunft‘ erschienen, der sich mit der RAF-Geschichte zwischen 1968 und 1998 beschäftigt und das Schicksal zweier Frauen schildert. Was war Ihnen bei der Umsetzung dieses Themas besonders wichtig?
Tanja Kinkel: Ich habe versucht in meinem Roman verschiedene Aspekte einzufangen und sie zu erklären, ohne sie zu entschuldigen. Zum Beispiel wie die Radikalisierung zum Terroristen stattfindet, wie man den Nicht-Töten-Instinkt ausschaltet, was es bedeutet das Kind einer Täterin und das Kind eines Opfers zu sein und welche langfristigen Auswirkungen dies alles hat. In den meisten fiktiven Bearbeitungen des RAF-Themas stehen die Täter im Zentrum des Geschehens und die Opfer tauchen nur auf, wenn sie umgebracht werden. Ich habe versucht in meinem Roman ein narratives Gleichgewicht zu schaffen und beide zu Wort kommen zu lassen und gefühlsmäßig das, was es für die Überlebenden bedeutet, auszuleuchten.
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