Matthias Egersdörfer ist so etwas wie der Fleisch gewordene Klischee-Deutsche des Auslands. Nicht wirklich gepflegt wirkend, den Backenbart nur suboptimal gestutzt, zotteliges Langhaar, übertroffen nur von Spaß-Schlagerfuzzi Guildo Horn in seinen allerbesten Tagen. Und dazu eine rotzig, hypochonderhafte Art auf der Bühne, die einem nur die Schamesröte ins Gesicht treiben kann. Und - oh Wunder: Der Mann hat Erfolg damit. Und was für einen.
Warum? Davon können sich Anhänger und die, die es werden wollen am 30. September im Gutmann am Dutzendteich in Nürnberg überzeugen. Dort hat Egersdörfer seine Wurzeln. Er ist ein typischer Franke. Ein Nürnberger, der seine Herkunft nicht verleugnen will. Gefragt oder ungefragt: Der Dialekt verrät ihn eindeutig. Und das ist ein Teil seines grandiosen Bühnenspiels, das ihn von der Kabarettbühne weg- und einem bundesweiten Publikum näherbrachte. Schließlich durfte er – der kurzfristigen Absage von Kabarettistenkollegen Frank-Markus Barwasser sei es gedankt – im Frankentatort den Leiter der Spurensicherung spielen. Eine Rolle, die überregionale Aufmerksamkeit garantiert.
„Vom Ding her“ hat er sein Bühnenprogramm getauft. Vom Ding her? Reichlich skurril. Dabei ist es, wie bei Egersdörfer so üblich. So trivial und doch so obskur. Egersdörfer hörte auf einer der Straßen im Nürnberger Land jemanden sagen: „Das ist ja unmöglich vom ganzen Ding her.“ Egersdörfer war fasziniert von dieser Aussage. Er lief schnell nach Hause und sagte zu seiner Frau: „Ich liebe dich vom ganzen Ding her.“ Die Frau runzelte ihre Stirn und kurz darauf lächelte sie. Dann klingelte das Telefon. Egersdörfer hob den Hörer ab. Jemand fragte: „Wie soll denn dein neues Programm heißen?“ Er überlegte nur kurz und sagte: „Vom Ding her.“ Bemerkenswerte Randnotiz. Seine Frau ist schuld. Dabei gehört sie doch dem Geschlecht an, dem der unzählige Male preisgekrönte Egersdörfer viel von seinem wutzürnenden Bühnenprogramm verdankt. Immer wieder tobt er in bemerkenswerter Schärfe, geht es um seine Erinnerungen an die eigene Jugendzeit und das andere Geschlecht. Es war ein - sagen wir - suboptimales Verhältnis. „Die Drecksweiber“, tobt er, „immer wieder waren sie weg.“ Doch das ist nur ein Teil des Egersdörferschen Bühnenparts. Es ist nur so gespickt mit Schimpfwörtern. Das reichliche Repertoire an Verunglimpfungen liebt er auch zu benutzen. Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Irgendwo ist seine Mischung aus Bierzeltpoesie, Erinnerungen und glanzvollen Quervergleichen ein herrlicher Spaß. Wenn, ja wenn man selbst einen guten Hang zum Masochismus hat. Der erleichtert einen Abend mit dem mittelfränkischen Berufscholeriker ungemein. Hat man den nicht, dann sollte man sich gut überlegen, ob man sich gerne quälen lässt. Obwohl. Vom Ding her. Ja vom Ding her ist der Egersdörfer ein echtes Unikat. Eines, das man irgendwie gar nicht nicht mögen darf. Sonst wäre man ja auch nicht Franke geworden. Also rein vom Ding her. Schließlich ist der stets schlecht gelaunte Kabarettist eigentlich ein ganz netter Kerl. So obskur das klingt.
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Matthias Egersdörfer, Foto © Pressefoto