Melchior Franck spielt in der historisch orientierten Musikszene eine große Rolle, seit er gegen Ende des 19. Jahrhunderts quasi „wiederentdeckt“ wurde. Dabei hatte der ca. 1579 in Zittau Geborene in seiner Zeit beste Voraussetzungen für eine prominente Rolle in der Musikwelt des frühen 17. Jahrhunderts, war er doch nach seinen Gymnasialjahren in Augsburg mit dem berühmten Hans Leo Haßler nach Nürnberg gezogen und hatte dort prägende Impulse erfahren.
Die wertvollen Anregungen der italienischen Musikwelt im Übergang von der Renaissance zum Frühbarock wurden ihm, der die damals eigentlich obligatorische Reise nach Italien nicht antreten konnte, ebenfalls in der Noris vermittelt. Als er im Winter 1602/03 das Amt des Coburger Hofkapellmeisters in Diensten von Herzog Johann Casimir von Sachsen-Coburg antrat, schränkte das seine Mobilität zwecks Fortbildung sowieso ein, denn diese Aufgabe wurde zu seiner Lebensstelle.
Mit insgesamt rund 1450 bekannten Werken zählt Franck zu den produktivsten Komponisten einer Zeit, die durch den 30-jährigen Krieg überschattet wurde. Da auch das höfische Leben in Mitleidenschaft gezogen wurde, sind aus Francks Feder viele Gelegenheitskompositionen erhalten, mit denen er in schwierigen Zeiten sein eher bürgerliches Netzwerk pflegte. So bekundet er selber, dass manches „zur Fröligkeit componirt“ oder „zur Abwendung melancholischer Traurigkeit dienlich“ sei.
Die Coburger haben ihren musicus excellentissimus nicht vergessen und schon ab 1964 mit dem von Knut Gramß gegründeten „Melchior-Franck-Kreis“ Leben und Werk des Komponisten in den Fokus gerückt. Eine umfassende Würdigung von Francks Schaffen steht zwar noch aus, aber das kürzlich im Michael-Imhof-Verlag erschienene Jahrbuch 2022 der Coburger Landesstiftung mit dem Titel „Der Coburger Hofkapellmeister Melchior Franck“ bietet mannigfaltige Ansätze zu einer solchen Gesamtbetrachtung.
Der von Niels Fleck, dem Kurator der Kunstsammlungen der Coburger Veste, herausgegebene Band vereint Artikel philologischer, musikologischer und historiographischer Natur aus der Feder namhafte Fachleute. So gibt es Beiträge zur Entwicklung mitteldeutscher Hofkapellen, zur Prachtentfaltung am Coburger Fürstenhof und zur Herrschaftsrepräsentation der Coburger Fürstenbrüder Johann Casimir und Johann Ernst.
„Nachforschungen zur Biographie“ werden gefolgt von spezielleren musikwissenschaftlichen Themen, die sich u.a. mit den „Sacrae melodiae“ von 1601, den Hochzeitsgesängen, den Hohelied-Vertonungen und den Echokompositionen oder mit der Kriegsklage „Suspirium Germaniae Publicum“ beschäftigen. Auch die Rezeptionsgeschichte Francks in Chorliedsammlungen des frühen 20. Jahrhunderts oder die Neuausgabe seiner Gelegenheitskompositionen stehen zur Debatte.
Damit nicht genug, haben die Coburger, genauer gesagt die Kunstsammlungen der Veste Coburg, eine Studioausstellung realisiert, die einen Einblick in Leben und Werk Melchior Francks gibt. Als Herzog Johann Casimir seinen ebenso kleinen wie erstaunlich glanzvollen Hof aufbaute, profitierte auch die Musik, denn im Winter 1602/1603 trat der junge Melchior Franck das Amt des Coburger Hofkapellmeisters an, das für ihn zur Lebensstelle werden sollte. Franck wurde zu einem der produktivsten Komponisten des 17. Jahrhunderts. Er hinterließ weit über 1.400 Werke, darunter zahlreiche Gelegenheitskompositionen, z.B. zu Hochzeiten oder Geburtstagen, mit denen er seine weit gefächerten Beziehungen zu Adeligen oder wohlhabenden Bürgern pflegen konnte. Man darf behaupten, dass Franck mit seinen Trink- und Geselligkeitsliedern oder seinen so genannten „Reuterliedlein“ die deutschsprachige Liedkultur maßgeblich geprägt hat. Manche Musikstücke, die vor und während des 30-jährigen Krieges entstanden, waren speziell „zur Fröligkeit componirt“ und „zur Abwendung melancholischer Traurigkeit dienlich“ – so formulierte Franck es selbst. Berühmt geworden ist vor allem sein eindringlicher vierstimmiger Friedenskanon „Da pacem domine“.
Zu sehen sind in der Studioausstellung der Veste auch historische Musikinstrumente, wie sie einer typischen frühneuzeitlichen Hofkapelle üblicherweise gespielt wurden. Die kleine Schau entstand in Zusammenarbeit mit dem Melchior-Franck-Kreis, der maßgeblich an der Wiederentdeckung des Coburger Hofkapellmeisters beteiligt war und in mittlerweile fünfzigjähriger Tätigkeit Francks Musik einem breiteren Publikum näher gebracht hat. Die Ausstellung ist vom 23. Februar bis zum 6. Oktober zu sehen. Die Öffnungszeiten sind zunächst etwas eingeschränkt (bis 22. März Di-Fr 13 bis 16 Uhr, Sa/So 11 bis 16 Uhr bei montäglicher Schließung), doch ab 23. März ist die Ausstellung täglich von 9.30 bis 17 Uhr zu sehen.