Was der Krieg mit unschuldigen jungen Menschen macht...
Ralf Rothmann ist ein neues Werk zu einem alten Thema gelungen.
veröffentlicht am 27.01.2016 | Lesezeit: ca. 2 Min.
Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat und dazu auch noch das „Glück“ hatte in den Kindertagen mit den Kriegsgeschichten von Opa und Papa aufzuwachsen, dann könnte man tatsächlich meinen, zu diesem Thema bereits vieles gehört und gelesen zu haben. Mitunter schleicht sich auch so etwas wie Themenmüdigkeit ein, kann man neuen Schilderungen einfach das „Neue“ nicht abgewinnen. Und so war es nicht verwunderlich, dass ich dieses Buch von Ralf Rothmann eigentlich gar nicht lesen wollte, wie wohl ich schon einige gute Kritiken gehört hatte. Was mich letztlich doch dazu gebracht hat, es auf meinem persönlichen Bücherstapel ganz nach oben zu legen, weiß ich längst nicht mehr. Was ich allerdings ganz sicher weiß, ist, dass dies eine meiner besten Entscheidungen der letzten Monate war, zumindest aus literarischer Sicht. Ralf Rothmann ist mit „Im Frühling sterben“ ein Werk von unvergleichlicher Intensität gelungen, das mir, und ich scheue mich nicht, dies hier zu schreiben, Tränen in die Augen getrieben hat. Er erzählt die Geschichte von Walter und Fiete, die trotz Zwangsrekrutierung irgendwie im Guten zu enden scheint (eigentlich hat man einen sicheren Posten ergattert), bevor der Freund ungewollt zum Henker wird. Und auch wenn es gegen Ende mit Liesel so etwas wie ein Happy End zu geben scheint, weiß der Leser doch längst, dass die Schatten der Vergangenheit viel zu weit in die Zukunft hineinragen werden. Und plötzlich spielt es keine Rolle mehr, was man schon alles gehört und gelesen hat, dieses hier ist anders.
Ralf Rothmann, Im Frühling Sterben, Roman, Berlin: Suhrkamp, 2015, 234 Seiten, 19,95 Euro