Von Abgründen und Kuchenlust
Martina Schwarzmann zu Gast in Erlangen und Speichersdorf
veröffentlicht am 27.01.2016 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Gleich zweimal kommt das fränkische Publikum in den Genuß, die oberbayerische Kabarettistin Martina Schwarzmann auf den Bühnen der Region kredenzt zu bekommen. Am 19. Februar gastiert sie mit ihrem Programm „Gscheid gfreid“ in der Erlanger Heinrich-Lades-Halle, am 4. März in der Mehrzweckhalle im oberfränkischen Speichersdorf.
Martina Schwarzmann war wohl trotz aller untypischen Vorzeichen dazu geboren, Comedian zu werden. Was anderes Produktives soll sich auch entwickeln, wenn jemand schon am Rosenmontag geboren ist? Der Tag des alljährlichen Wahnsinns. Auch wenn der in ihrer oberbayerischen Heimat Überacker eher gemächlich ablaufen dürfte. Das gleicht den ersten Lebensjahren der mittlerweile in den bayerischen Outbacks nahe Dachau (Altomünster) beheimateten Komödiantin. Ganz unspektakulär lernt die mit drei Geschwistern aufgewachsene 36jährige in der bayerischen Landeshauptstadt im renommierten Bayerischen Hof (heute hin und wieder Gastgeber der ehemaligen Angestellten) als Köchin, verbringt acht Jahre ihres Lebens hinter den Kochtöpfen. Seither hat sich vieles verändert im Leben der inzwischen dreifachen Mutter, die erst kürzlich den deutschen Kleinkunstpreis verliehen bekam. Ihre kürzlich erschienene CD „Lieder über das Einschlafen und das Wachsen“ ist das neue I-Tüpfelchen. Einschlafen soll dabei nur die letztgeborene Tochter Matilda. Ihr Publikum mag Schwarzmann eher lebhaft. Das ist inzwischen auch schon über eine Dekade so. Seit sie 2003 mit Comedian Karl Auer und im Vorprogramm der oberbayerischen Kultband Bananafishbones - mit deren Schlagzeuger Florian Rein sie ihre aktuelle Scheibe einspielte - auf Tour ging, hat sich vieles verändert im Leben der Martina Schwarzmann. Sie, mit Worten glänzend und Gitarre spielend, ging damals durch die Decke: Ein Auftritt in Ottis Schlachthof sollte der letzte Impuls für eine Bilderbuchkarriere werden. Martina Schwarzmann liebt es, ungewohnte Blickwinkel einzunehmen und entwickelt dabei eine schier überbordende Fabulierlust - wo anders ist der Himmel schon “saublau“? Mit sichtlichem Spaß beobachtet sie das Treiben ihrer Zeitgenossen - ein Großteil ihrer Bühnengeschichten entwickelte sich aus alltäglichen Situationen, in die sich jeder hineinversetzen kann - und strickt aus ihren Erkenntnissen abenteuerliche Geschichten und skurrile Lieder. Für diese Fähigkeit wurde sie vielfach ausgezeichnet. Aus der bayerischen Kabarettszene ist sie längst nicht mehr wegzudenken, da ihre fast schon bodenlose Skurilität (oder haben Sie im entferntesten schon daran gedacht, einen Bandwurm mit Kamera auszustatten und nach Parasiten im Darm suchen zu lassen?) in Kombination mit der Gabe, alltägliches bühnenreif zu verarbeiten, ihresgleichen suchen. Das überraschende bei Schwarzmann: Die 36jährige, mit ihren streng zurückgekämmten Haaren und der arschlangweiligen Brille auf der Nase eher wie der Typ „Lehrerin, die ich selbst nie haben wollte“ wirkend, glänzt durch bissigsten Humor. Ein Humor, der fast jeden packt. Da kann die Künstlerin noch so altbacken wirken, sie überzeugt mit Worten. Worten, die oftmals hart an der Grenze zu übertriebener oberbayerischer Derbheit wandeln. Doch genau da ist das Erfolgsgeheimnis versteckt. Die „Alltagschronistin im Trachtenlook“ (Frankfurter Rundschau) versteht es perfekt, Dinge auf den Punkt zu bringen - und dabei immer wieder obskure Dinge, die eigentlich keinem menschlichen (erst recht keinem weiblichen!) Gehirn entspringen können, zu verarbeiten. Man ist geneigt, ihr zu glauben, was sie da erzählt. Obwohl? Kann es tatsächlich sein, dass eine Mutter ihren Kindern erklärt, was in einem noch nicht in der Bratpfanne gelandetem Hühnerei passiert? Vermutlich ja. Es soll ja passieren, dass das Kinder tatsächlich interessiert. Nun gut. Dass man das allerdings auf die Weise tut, das noch nicht geschlüpfte Kücken aus dem Ei zu entnehmen und in den Backofen steckt und gedeihen lässt. Ein interessanter Aspekt. Nur eines überlegt man sich da schon: Ob man der Angetraute von Martina Schwarzmann sein möchte. Wer weiß, was da noch für Ideen reifen. Auf der Bühne jedenfalls ist die oberbayerische Bauerstochter recht friedfertig. Zumindest ausserhalb ihrer Worte. Da denkt sie auch schon einmal an den Todesfall. Nicht den ihres Göttergatten. An ihren eigenen. Schließlich soll an ihrem Grab irgendwann Gemüse angebaut werden. „Dann kommen die Leute wenigstens vorbei“, stellt sie fast schon-nüchtern-sachlich fest. Und vorher? Da wünscht sie sich einen Gatten, der sie nach dem Auftritt mit Kuchen empfängt. Ganz ehrlich? Ich würde backen. Auf dass sich die Gattin gscheid gfreid....
Copyright Foto:
Martina Schwarzmann, Gscheid Gfreid, Foto © Huckleberryking