Tag des offenen Denkmals
„Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?“
veröffentlicht am 01.07.2013 | Lesezeit: ca. 6 Min.
Seit 1993 findet jedes Jahr, am zweiten Sonntag im September, der Tag des offenen Denkmals statt. Jedes Jahr hält dieser Tag Antworten auf die verschiedensten Fragen parat. Historische Bauten und Stätten öffnen ihre sonst nur teilweise oder nie zugänglichen Räume. Deutschlandweit schicken Denkmale ihre Besucher auf Streifzüge durch die Vergangenheit. Handwerker, Restauratoren und Archäologen ermöglichen seltene Einblicke in deren Arbeitsweisen und -techniken. Zusätzlich wird auf Details aufmerksam gemacht, die dem ungeschulten Auge verborgen bleiben.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz koordiniert die Aktion, die einen bedeutenden Bestandteil ihrer Öffentlichkeitsarbeit darstellt. Der Bevölkerung soll die Wichtigkeit einer bewussten Auseinandersetzung mit der Geschichte klargemacht werden. Nur so ist es möglich, unserer Gesellschaft die Vergangenheit in all ihrer Schönheit und den Zauber der sie umgibt, aber auch ihre Gewalt und Brutalität für unsere Nachfahren als Erbe zu bewahren. Mit jährlich über vier Millionen Besuchern ist der Tag des offenen Denkmals eine der erfolgreichsten Kulturveranstaltungen Deutschlands.
Dieses Jahr steht der Denkmaltag am 8. September unter dem Motto „Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?“. Unter dieser Überschrift können sich die teilnehmenden Denkmale sich vorstellen. Der weite Interpretationsspielraum des Mottos lässt es zu, möglichst viele Denkmale und Denkmalgattungen in das Programm einzubeziehen und unterstützt somit das Ziel der Aktion, nämlich die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes zu sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege zu wecken.
Das Denkmal, einerseits ein Kunstwerk, andererseits religiös, politisch, kulturell oder sozial aufgeladenes Zeichen mit Verweischarakter und Fokus für Identitätsbildung, steht am 8. September im Mittelpunkt. Zentrale Fragestellungen der Denkmalpflege sollen diskutiert werden: Was macht Denkmale unbequem und warum? Gibt es überhaupt „bequeme“ Denkmale? Was ist wert, erhalten zu werden und weshalb?
Beispiele für unbequeme Denkmale können Verteidigungs-, Festungs- und Bunkeranlagen, Arbeits- und Konzentrationslager der NS-Zeit, NS- und DDR- Verwaltungs- oder Versammlungsbauten, Reste ehemaliger DDR-Grenzanlagen, DDR- Wachtürme, sowie Kriegsgräberstätten und Kriegerdenkmale aus vielen Jahrhunderten sein. Sie alle lösen aufgrund der sozial-politischen Umstände ihrer Nutzungs- und Entstehungszeit negative Gefühle oder ein gewisses Unbehagen aus.
Unbequem ist in deren Zusammenhang nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Frage nach der Zukunft. Die Erhaltungskosten und der immaterielle Wert werden immer wieder aneinander gemessen. In welchem Ausmaß wollen wir uns erinnern und woran? Ist eine Gedenkstätte in der Umgebung nicht schon genug? Der Denkmaltag kann dabei helfen zu zeigen, warum solche Stätten wichtige Zeitzeugen für künftige Generationen darstellen.
Weitere Untergruppen „unbequemer“ Denkmale sind Gefängnisbauten, Heime und Anstalten. Das Leben dort gestaltete sich schwer und unter schwierigsten Umständen. Burgen und Schlösser versetzen die Besucher mit ihren imposanten Räumen in Staunen und lassen sie unter anderem Folterkammern oder Waffenlager vergessen. Auch Bauten der Nachkriegsmoderne können aus ganz anderen Gründen unbequem werden. Leerstehende Gebäude ohne Nutzen können Ausgangspunkt für Diskussionen sein. Nutzungsalternativen müssen hervorgebracht werden. Der demographische Wandel, Migrationsbewegungen vom Land in die Stadt, von Ost nach West und verwaiste Industriestandorte stellen eine Herausforderung an die Denkmalpflege dar. Auch die meist bei Straßenarbeiten aufgedeckten Bodendenkmale verlangen oft nach unbequemen Maßnahmen. Wie auch oft bei der Sanierung von Baudenkmalen bringen historisch-wissenschaftlich relevante Entdeckungen höhere Kosten oder zusätzlich Einschränkungen der baulichen Maßnahmen mit sich.
Auch dieses Jahr am Denkmaltag sollen die kostbaren, schönen und gut erhaltenen Denkmale für die Besucher geöffnet werden, ebenso wie die ungenutzten, hässlichen, unscheinbaren und historisch negativ belasteten. Es soll gezeigt werden, dass all diese die Mühe wert sind erhalten zu werden. Dabei spielt nicht nur das Denkmal selbst eine Rolle, sondern immer auch dessen Umgebung. Denkmale markieren Orte. Einer Landschaft wird durch den Bezug auf einen bestimmten Ort Bedeutung zugeschrieben. Als Bewohner der Metropolregion Nürnberg verbindet man eine „unbequeme“ Bedeutung sehr schnell mit dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Es ist wohl das berühmteste der unbequemen Denkmale unserer Region und wird an diesem Tag auch Teil des Programms sein. Das Augenmerk soll am 8. September aber nicht auf eine bestimmte Zeit gelegt werden, sondern auf jegliche Ereignisse der Geschichte.
Die Stadt Bamberg ist unter anderem mit dem alten Mahrs-Bräu-Keller am Oberen Stephansberg und dem ehemaligen fürstbischöflich-bambergerischen Jagdzeughaus in der Siechenstraße vertreten.
Das vielfältige Programm des Denkmaltags können Sie ab August unter www.tag-des-offenen-denkmals.de abrufen. Dort finden Sie Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen bundesweit, sowie in der Metropolregion. Im Rahmen der Fahrradtouren „Bamberg on Tour“, bei denen jeder Interessierte mitmachen kann, besuchen die Teilnehmer am 8. September das Aufsesshöflein, die Tabakscheune in der Pfeufersstraße und den Bruckertshof. Treffpunkt dafür ist um 14 Uhr am Maxplatz. Die Stadt Bamberg informiert Sie genauer unter www.stadt.bamberg.de, ebenfalls ab August.
Information:
Weitere informationen:
www.stadt.bamberg.de