Klassiker

Der etwas andere Blick

Künstler sehen Bayern Bayern lässt staunen

veröffentlicht am 01.07.2013 | Lesezeit: ca. 4 Min.

Bayern, das beginnt für so manche Weltenbummler aus der Ferne spätestens an der bundesdeutschen Grenze. Mindestens das alljährliche Münchner Oktoberfest – Publikumsmagnet und Exportschlager zugleich – gibt nach außen ein klares Bild. Der stereotype Bayer - Entschuldigung! - Deutsche, der Bier und Bratwurst so verehrt, dass er sich dafür ins Trachtengewand presst, um es feierlich und in bester Laune zu verzehren und sich dabei so dicke Waden aneignet, dass er sie vor Scham mit einer Art Strumpf bedeckt. Bisweilen reicht diese Idee vom Deutschen an sich auch bis zur Kalbshaxe mit Kloß und Kraut. Letzteres allerdings hat weltweit seine eigene Geschichte und fällt häufigem Vorurteilen zum Opfer. Innerdeutsch wiederum würden sich bereits die Franken dagegen wehren dem bayerischen Prototypen als Abbild zu frönen.

Seit 5. Mai bietet das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt längst überfällige, alternative Sichtweisen auf Bayern. Gemälde und Graphiken aus dem 19. Jahrhundert, so die Grenze der Zusammenschau, verraten uns von einem anderen Bayern aus einer anderen Zeit. Und damit ist an dieser Stelle keineswegs immer die Romantik gemeint, denn es ist vor allem auch eine regionale Facette der Landschaftsmalerei unter europäischem Einfluss, die Georg Schäfer zahlreich erwarb. In über 120 Gemälden, Zeichnungen und Druckgraphiken ist die Schönheit der heimischen Natur verewigt. Wenige private Leihgaben ergänzen die große Auswahl aus dem Bestand des Sammlers. Die ausgestellten Werke stecken eine Zeitspanne von 1794 bis 1923 ab.

Es sind die Künstleraugen, deren staunende Blicke ein anderes Bild des Freistaates zeichneten. Und das, vor gar nicht allzu langer Zeit. In München, um München und weitläufig um München herum sowie über München hinaus erzählen uns die Pinselstriche verschiedener Maler von der landschaftlichen Pracht von Dachau, Langenfreising, Harlaching, Starnberg, Planegg, Oberaudorf, Mittenwald, über Würzburg, Nürnberg, Wertheim, Coburg, Bad Kissingen, Rothenburg o.d. Tauber, Bad Tölz, Feilnbach und viele Orte mehr. Insbesondere die so genannte Münchner Schule ist mit ihren Themen Landschaft, Genre und Portrait stark vertreten. Darunter Wilhelm Leibl und Eduard Kurzbauer, deren Naturalismus von einer unglaublichen Genauigkeit durchdrungen ist. Und auch Max Liebermann, der den Höhepunkt seiner „Lehrjahre“ in München fand und damals mit seinem Bild „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ eine mehr oder minder schwere antisemitische Debatte auslöste, die heute an anderen Beispielen gemessen wird, aber keineswegs an Aktualität verloren hat. In Schweinfurt allerdings steht er unter anderem Fokus. Steht neben Josef Wenglein, Lovis Corinth, Johann Sperl, Wilhelm Trübner, Josef Wopfner und anderen in einer Abfolge von Naturmotiven, Seen, Gegenden und Orten – nach naturalistischem Grundprinzip gefasst, idealisiert, romantisiert oder in weiten Teilen zumindest stilisiert. Der Besucher wird entführt. In majestätische Alpen- und Seenwelten, ausdrucksstarke, lebendige Landschaften, den alpenländischen Alltag und die bayerische Umwelt. Es werden bayerische Städte und Orte ohne große Verquerung gezeigt und der Bezug diverser Künstler zu bestimmten Rückzugsorten oder Künstlerkolonien verdeutlicht.

Photographien aus dem Archiv des Deutschen Alpenvereins um und nach 1900 bestätigen oder korrigieren die geschaffenen Werke und akzentuieren die topographische Dimension der Berg- und Seenwelt Bayerns. Watzmann, Benediktenwand, Wendelstein, Kampenwand, Wettersteingebirge und Karwendel- sowie Kaisergebirge in verschiedenen Interpretationen stehen zur Schau. Starnberger See, Tegernsee, Ammersee, Chiemsee, Kochel- und Schliersee bilden die Ausgangspunkte.

Information:

Künstler sehen Bayern Bayern lässt staunen
Gemälde und Graphik
aus dem 19. Jahrhundert
05. Mai bis 20. Oktober 2013

Museum Georg Schäfer
Brückenstr. 20
97421 Schweinfurt am Main

Öffnungszeiten und Eintrittspreise:
Di bis So, 10 bis 17 Uhr,
Do bis 21 Uhr
Erwachsene: 7,00 €

Ermäßigt: 6,00 € (Schwerbehinderte und Gruppen ab 10 Personen)

Freitag Familientag bis vier Personen kostenlos

Jeder Besucher in bayerischer Tracht – freier Eintritt

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