Kommerzkultur ole – doch kein Geld für die freie Kulturszene!
Ein paradoxer Spagat
veröffentlicht am 22.07.2013 | Lesezeit: ca. 7 Min.
Es ist das Ergebnis der Interessensdebatte zwischen Oberbürgermeister Andreas Starke, Brose Chef Michael Stoschek und Brose Baskets-Chef sowie Geschäftsführer des Veranstaltungsservice Bamberg Wolfgang Heyder (größter kommerzieller Veranstalter im Raum Bamberg), das Stadtoberhaupt Starke am kommenden Mittwoch vom Stadtrat bestätigt wissen will. Nur nach Investitionen in die Halle in Höhe von 2,5 Millionen, insbesondere für Lagerräume und eine bessere Akustik für Konzertveranstaltungen – seit Jahren vorwiegend vom Veranstaltungsservice Bamberg durchgeführt – will Brose den Vertrag für die Namensrechte der Halle für die nächsten 5 Jahre unterzeichnen. Aber natürlich ginge es um die Wettbewerbsfähigkeit des Bamberger Basketballs, so Heyder, während OB Starke die erneute große Summe nicht als Förderung des Spitzensportes verstanden haben will.
Kurz zum Verlauf: Franz Steger kündigt öffentlich seinen Rückzug aus dem Engagement an und macht mysteriöses Verhandlungsgebaren der Stadt Bamberg dafür verantwortlich. Diese teilt mit, dass sie natürlich auch mit alternativen potentiellen Sponsoren spricht. Wer das gewesen ist oder sein soll, bleibt weitgehend offen, nachdem Oettinger kurzzeitig und mindestens als Gerücht auftauchte. Weitere Interessenten bleiben scheinbar aus. Mit Ausnahme des aktuellen Angebotes der Firma Brose, die bereits dem Basketballteam ihren Namen aufs Trikot schreibt. Gleiches soll nun mit der Halle selbst geschehen. Allerdings steht nicht der Betrag im Raum, den der Sponsor dafür bereit ist zu zahlen, sondern derjenige, den die Stadt Bamberg im Gegenzug für den Ausbau der Halle bezahlen soll. Verkehrte Welt, will man meinen. An sich sollten doch die Summen im Vordergrund stehen, die sich mit der Vergabe des Hallennamens verdienen lassen. Und weniger die Ausgaben, die der Stadt mit Blick auf diese Vergabe aufoktroyiert werden sollen. Oberbürgermeister Andreas Starke sieht die Investitionen geboten. Schreibe die Halle doch, nach vielen schlechten Jahren in privater Führung und dank eines intendierten Investitionsstaus, nunmehr ausgeglichene Bilanzen, seit sie von der städtischen Tochtergesellschaft geleitet wird!? Verwundern muss seine Position niemanden mehr. Auch die Konzerthalle hat vor wenigen Jahren teure Anbauten bekommen. Das Theater wurde vorher sehr großzügig erweitert wieder aufgebaut. Letzteres kann die neu gewonnenen Räume nur schwerlich mit Leben füllen. Erstere ist noch einmal attraktiver geworden für die Großen der Veranstaltungsbranche. Paradox schon, dass ausgerechnet das für die Bamberger Symphoniker gebaute Haus, neben zusätzlichem, sehr lobenswertem Kongressbetrieb auch eine große Menge kommerzielle kulturelle Großveranstaltungen in die Stadt zieht. Das ist, so muss das schon auch einmal gesehen werden, ein kulturpolitischer Spagat, der zwangläufig zu Bauchschmerzen führen muss. Bisher hat niemand erklärt, von wem und wie die Investitionssumme gestemmt werden soll, die sich der Oberbürgermeister zunächst leihen will. Für die Betreibergesellschaft könnte das eine finanzielle Herausforderung sein, die ihren ausgeglichenen Haushalt unter Umständen gefährden könnte, eigentlich muss – denn der Grund dafür ist laut Starke gerade der, dass keine weiteren Gelder in die Halle gesteckt wurden. Fakt ist, dass die Stadt Bamberg nicht müde wird bei der Finanzierung von Luxusausstattungen für die Infrastruktur kommerzieller Kulturangebote in ihren großen Hallen und Häusern, statt sich an der Stelle um die Kultur zu kümmern, an der der Markt versagt, wo Zuschuss Grundvoraussetzung für kulturelles Schaffen ist. Dabei beginnt der städtische Kulturauftrag erst dort und kommt in Bamberg folglich mal wieder zu kurz.
Kaum ein Tag später – anderer Ort, andere Teilnehmer – die CSU Fraktion hat 70 Kulturschaffende zum Austausch geladen. Gut die Hälfte ist auch gekommen. Es wird über die freie Kulturszene diskutiert, über die Schließung von Lücken, den Finanzbedarf der vielen Künstlerinnen und Künstler, die seit Jahren Garant für ein breites und feines Kulturangebot dieser Stadt stehen. Und über die mangelnde Wertschätzung, die dieser Bereich in Bamberg schon lange erfahre. Eine Kunsthalle fordern Kunstverein Bamberg und BBK. Eine Aufstockung der Mittel einige andere Akteure, damit ihre Veranstaltungen von der Stadt Bamberg mehr getragen und so für die Dauer gesichert werden könnten. Das Thema Kulturzentrum kommt wieder auf. Doch von neuen Wegen ist weit und breit keine Spur. Wieder einmal macht Kulturreferent Werner Hipelius deutlich, dass kein Geld für investive Maßnahmen für die Kulturszene zur Verfügung stehe, nicht jetzt und nicht in absehbarer Zeit, und dass in puncto einer Erhöhung des Etats der Kulturförderung keine großen Hoffnungen gemacht werden könnten. Auch in der Frage der Trennung der Funktion des Kulturreferenten vom Bürgermeisteramt hält er an seinem Kurs fest. Die Kultur brauche Stimmen in der Politik. Deshalb sei diese Konstellation sehr glücklich und aus seiner Sicht auch nicht verhandelbar. Für die Verteilung der wenigen Mittel, die für Kulturförderung zur Verfügung gestellt werden können, brauche es keinen ausgewiesenen, fachlichen Sachverstand. Und so wurde die Diskussion lange Zeit sehr kleinteilig. Partikularinteressen und kleinster gemeinsamer Nenner kreisen durch die Diskussion. Es sind kleine Problemchen, die geschildert werden und es gibt mehrfach Versuche die bisherige Verteilung der Mittel in Frage zu stellen, der sich in der Runde aber niemand wirklich bewusst ist. Die Debatte schießt sich auf die schlappen 1,6 Prozent des Anteils ein, der für die Kultur in Bamberg ausgegeben wird, auf das vorhandene Maß für die freie Kulturförderung. Manche versuchen dem Stadtmarketing Geld abzuknapsen. Über große Sprünge wird nicht weiter gesprochen. Die CSU-Fraktion notiert sich einige Hausaufgaben und bleibt die eigentliche Antwort schon an diesem Abend schuldig. Nämlich die Antwort auf die Frage: Schneidet die Partei alte Zöpfe ab und gibt der freien Szene Gehör und Ressourcen, gibt Ihnen einen Platz im Verteilungskampf um die städtischen Gelder – oder kann und will sie sich nur auf Kleinstkosmetik konzentrieren – auf das Hängen von 10 Freiplakaten an den Litfaßsäulen, ein Plädoyer an die mangelnd wertschätzenden Verwaltungseinheiten oder die Beratung über die Fördermodalitäten, die scheinbar, auch das konnte der Diskussion entnommen werden, mehr hergeben als die aktuelle Förderpraxis realisieren mag. Dann dürfte es für die Kulturschaffenden dieser Stadt nicht lohnen, den Dialog fortzusetzen. Dann erübrigt sich die Hoffnung auf „Neue Wege“ in der städtischen Kulturpolitik, mindestens auf die CSU bezogen, die trotz erster Ergebnislosigkeit ihren konkurrierenden Parteien eines klar voraushat. Sie hat die freie Kulturszene angesprochen und versucht ins Gespräch zu kommen. Sie will erneut einladen und ihre Hausaufgaben zur Kontrolle vorlegen. Und – das ist sicher der größte Erfolg des Abends – sie gibt vor verstanden zu haben, dass die freie Kultur keine Bittsteller sind, denen man passiv und skeptisch gegenübersteht, sondern dass sie ein wichtiger Baustein des Bamberger Kulturlebens ist, die zurecht erwartet, dass auf sie zugegangen wird, um diesen wichtigen Teil Bamberger Kultur sinnvoll, ausgeglichen, nachhaltig und mit entsprechender Wertschätzung den Akteuren gegenüber vital und facettenreich zu gestalten.