Die Braven unter den Rockern
Status Quo sind auf Europatournee und machen Halt in Bamberg
veröffentlicht am 30.09.2016 | Lesezeit: ca. 6 Min.
Quo vadis, Status Quo? Eine Frage, die sich im Laufe der mittlerweile 54-jährigen Bandgeschichte der britischen Altrocker längst erübrigt hat. Wenn Francis Rossi, Rick Parfitt und ihre Kollegen am 22. November in der Bamberger Arena auflaufen, werden sie einmal mehr zeigen, weshalb es sich geradezu verbietet, die Sinnfrage zu stellen.
Sie sind schließlich unzweifelhaft ein absolutes Phänomen. Wo andere Bands in schöner Regelmäßigkeit versuchen, sich oder ihre Musik neu zu erfinden, tun Status Quo genau das Gegenteil. Seit mehr als 30 Jahren bieten sie Album für Album, Tour für Tour und Konzert für Konzert genau eines: sie tun immer wieder das Gleiche. Und das ist genau das, was die beiden verbliebenen Gründungsmitglieder Parfitt und Rossi von vielen anderen altgedienten Rockmusikern unterscheidet. Sie sind berechenbar. Aber sie sind gut. Und sie genießen ihr Rockstar-Dasein wie nur wenige andere. Kaum eine Woche, in der man – studiert man die Tourdaten weltweit – nicht ein Konzert der einst als Schülerband gegründeten Rockdinosaurier entdeckt. Status Quo gelten gemeinhin als die härtesten Arbeiter im Rockbusiness.
Kein Thema also, dass Francis Rossi (geb. 1949 in Forest Hill, London) und Rick Parfitt (geb. 1948 in Woking, Surrey) die Hallen weiter rocken.
2016 mit von der Partie: Keyboarder Andrew Bown (erst inoffizielles, seit 1982 offizielles Bandmitglied – er ersetzte 1973 Ur-Tastenmann Roy Lynes), der 2013 eingestiegene Drummer – dort herrscht die größte Fluktuation in der Band – Leon Cave, insgesamt der sechste Mann an den Drums, sowie Bassist John Edwards (Ur-Basser Alan Lancaster steigt 1985 nach dem Live Aid-Auftritt aus).
Trotz der ein oder anderen Änderung in der Band: Parfitt und Frontmann Francis Rossi bleiben die Gesichter der Band – unverkennbar wie kaum ein anderes Gründerduo in der Szene. Schlicht, eingängig, schnörkellos, mitreißend – so beschreibt man den Stil der Musiker um Francis Rossi und Richard John Parfitt (beide 67) wohl am kürzesten, prägnantesten und treffendsten. Hart genug, um in der Rockerszene anerkannt zu sein, soft (und brav!) genug, um auch radiokompatibel zu sein. So begannen Status Quo und so werden sie auch irgendwann enden. Mit unzähligen Gassenhauern in der Bandgeschichte, die alleine für einen kultigen Rockabend reichen. Angefangen von „Rocking all over the world“ über „Whatever you want“ bis zu – natürlich „In the Army now“ – die Zahl der Ohrwürmer, die auch auf tendenziell eher hausbackenen Feten die Tanzflächen im Nu füllen, sind an zwei Händen kaum mehr abzählbar. Das Geheimnis der skandalarmen britischen Rockstars ist so einfach wie plausibel: Sie machen komplizierte Dinge einfach. Und das seit mehr als fünf Dekaden. Schon mit der Debütsingle „Pictures Of Matchstick Men“, heute eine kaum mehr gespielte Perle des Boogie-Rock, schaffen Status Quo den Sprung in die Charts. Landen sogar in Amerika, wo sie später eine nicht mehr ganz so große Nummer waren, in den Top Zehn. Was dann folgte, war ein Name, der Programm war. Den Status Quo hielt die Band über Jahrzehnte hinweg. Experimente auf der Bühne, bei der Bandzusammenstellung oder auch auf ihren zahlreichen Alben? Fehlanzeige. Bandleader Francis Rossi und seine Mannen blieben ihrem Stil konsequent treu. Und feierten damit unzählige Erfolge. Ebenso blieben sie ihrem Ruf als „Non-bad-boys“ treu. Benefizkonzerte? Immer gerne. Soziale Blickpunkte beleuchten? Auch das gerne. Noch lieber gleich monetär unterstützen und sich gute Presse als dankbares Nebenprodukt verdienen. Man kann ihnen aber auch nichts Böses anhaben: zu smart sind die Jungs auf und neben der Bühne. Skandale und Skandälchen? Fehlanzeige! Nun gut. Zumindest fast. Einzig ein unter Alkohol- und Drogeneinfluss verursachter Unfall von Rick Parfitt erschütterte einst das Image der Band. Zumindest einige Tage lang. Missstimmungen in der Band? Passierten. Aber werden reibungslos und ohne großes Aufsehen erledigt. Kein Wunder, dass die Jungs der Band längst im Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds verewigt sind. Und auch in den Königshäusern der Welt sind sie gern gesehene Gäste. Es ist ein Phänomen, das rational kaum erklärbar ist. Frag nach in Moskau. In 14 Tagen verkaufen sie das dortige Olympiastadion aus.
Davon, 14 Mal am Stück ein Stadion auszuverkaufen, sind Status Quo heutzutage – zugegebenermaßen – weit entfernt. Und doch: sie rocken noch immer. Mit „The Last Night Of The Electrics”-Tour ist die Tournee überschrieben, die im Oktober startet und im November nach Bamberg führt. Eine Tournee, die, jedenfalls für die Anhänger der Band, mit Wehmut verbunden sein dürfte. Zum einen gaben Status Quo Anfang dieses Jahres bekannt, dass sie 2016 auf ihre allerletzte elektrisch verstärkte Live-Tour gehen werden. Nach dieser Europa-Tournee, dort feierten die Briten neben Australien ihre größten Erfolge, wird es keine weiteren Electric-Tours mehr geben. Doch dass es auch ohne elektronische Hilfsmittel geht, bewiesen zuletzt mehrere Künstler erfolgreich. Und irgendwie traut man sich fast darauf zu wetten, dass Rossi, Parfitt und Co. demnächst wieder auftauchen, so wie vor einem Jahr schon einmal, als die akustische Tour zu einem rundum gelungenen Spektakel wurde. Und wenn es akustisch wird, wäre es doch einmal eine, wenn auch nicht mehr ganz neue, aber doch andere Seite der Altrocker. Und wer erinnert sich nicht gerne drei Jahre zurück? Damals rauften sich die beiden geschiedenen Gründungsmitglieder Alan Lancaster und John Coglan noch einmal mit Rick Parfitt und Francis Rossi zusammen und gingen gemeinsam auf Tournee. Die „Frantic Four“: noch einmal ein echter Hingucker in der 50-jährigen Bandgeschichte. Für Überraschungen waren die Jungs von der Insel schon immer gut. Gut so! Nix: Quo Vadis, Status Quo? Vielmehr: Quo Vadis, Status Quo! Denn oftmals ist weniger mehr. Und was gut ist, wird nicht schlecht, wenn man es nicht anders macht.
Copyright Foto: © Christie Goodwin