Szene

Ehrlich währt am längsten

Helmut Schleich kommt im Januar nach Kronach – mit neuem Bühnenprogramm im Gepäck

veröffentlicht am 28.11.2016 | Lesezeit: ca. 6 Min.

Mit mir nicht. Sagt Helmut Schleich. Am 20. Januar 2017 auch in Kronach. Der Oberbayer mit dem herrlichen Gespür für Ungerechtigkeiten und Machenschaft der heutigen Zeit gastiert mit seinem neuen Bühnenprogramm „Ehrlich“ im Kreiskulturraum.

„Mit mir nicht!“ – eine klare Ansage, die heutzutage viel zu selten über die Lippen derer kommt, die widersprechen sollten. Ja-Sager, kuschelbedürftige Chefs und Kollegen bestimmen heutzutage die Szenerie. Helmut Schleich ist keiner von denen. Der gebürtige Schongauer macht die Klappe auf. Wenn es sein muss – und das ist heutzutage oft der Fall. Dabei kann es sich der Kabarettist durchaus erlauben. Schließlich ist er längst in der Belle Etage der Polit-Satiriker angelangt.

Kultstatus erlangte der 49-jährige spätestens vor sechs Jahren. Damals ließ er auf dem Münchener Nockherberg den verstorbenen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß wieder auferstehen. Strauß, einstiger bayerischer Über-Landesvater, ist quasi die Paraderolle des unzählige Male preisgekrönten Kabarettisten, der eine schier unglaubliche optische Ähnlichkeit mit Oliver Kalkofe aufweist. Es verwundert nicht, dass er in der Rolle des einstigen Ministerpräsidenten richtig auflebt. Rein optische Ähnlichkeiten, die er mit einer sensationellen Strauß‘schen Hornbrille auf der Nase noch nachdrücklich betont, verstärken den Kultfaktor des doch extrem wandlungsfähigen Typen, der längst in der bayerischen Landeshauptstadt München residiert.

Mit der Ehrlichkeit ist es heutzutage so eine Sache. Ob in der Politik, in der Wirtschaft oder im Privatleben – ein bisschen Schwindeln muss doch gestattet sein. So die landläufige Ansicht heutzutage. Doch nun stellt Helmut Schleich die Vertrauensfrage und präsentiert in seinem aktuellen Programm Figuren, die es mit der Wahrheit ganz genau nehmen: Während sich Stammtischbruder Fredi Hampertinger über die Unklarheiten in der Bildungsmisere auslässt, stellt Marc Schwindler eine völlig neue Form des Bankenwesens vor. Und Franz Josef Strauß („ad hoc und posthum!“) lässt es sich nicht nehmen, endlich abzurechnen – vielleicht sogar mit der CSU? „Man muss ja zugeben“, sagt Schleich alias Strauß selber, „dass das bayerische Kabarett seine herausragende Stellung vor allem der CSU verdankt.“ Wenn er darüber sinniert, dass gefälschte Doktortitel und anderes keine Skandale waren, sondern der Wesenskern „seiner“ Partei, dann blüht Schleich als perfekte Parodie so richtig auf. Das ältere Publikum kann schmunzeln in Gedanken an längst vergangene Zeiten – die jüngeren führt Helmut Schleich an die Kunst des Bazitums heran. Dass die Jüngeren inzwischen längst fester Bestandteil bei Schleich‘schen Bühenprogrammen sind, erklärt sich einfach: Der seit 1983 (damals das Kabarett Fernrohr mit Andreas Rüttenauer und Christian Springer, an dessen Seite er noch heute für den Radiosender Bayern 1 als Heinz und Kurti aktiv zeichnet) auf den Bühnen der Republik beheimatete Oberbayer hat seine Fanbasis dank omnipräsenter Fernsehauftritte merklich vergrößert. Ob in Ottis Schlachthof, in der Kultserie „Neues aus der Anstalt“ oder seit inzwischen fünf Jahren mit Schleich-Fernsehen, seinem eigenen Format: Helmut Schleich hat den Sprung von den Kleinkunstbühnen und Spartensendern weggeschafft und begeistert mittlerweile eine breite Masse. Und dabei ist er vor allem eines: Sich selbst treu. Er, längst eine absolute Marke im Typen-Kabarett, hat sich durch seine fast schon virtuos anmutende Wandlungsfähigkeit einen Platz im Kabarett-Olymp gesichert. Schließlich ist er weit mehr als nur brillanter Strauß-Imitator. Ottfried Fischer parodieren? Klar, bietet sich aufgrund der optischen Ähnlichkeit an. Siegmund Gottlieb als Traugott Sieglieb imitieren? Auch das ob der Ähnlichkeiten (stellt sich die Frage: Sehen die sich wirklich alle so ähnlich?) kein großes Thema. Doch auch optisch eigentlich nicht sehr ähnliche Charaktere sind für ihn ein Kinderspiel: Kurt Beck, Walter Steinmeyer und auch Papst Franziskus sind gerne parodierte Figuren der Zeitgeschichte. Es gibt wohl nur wenige, die Helmut Schleich da das Wasser reichen können. Und das wissen die zu schätzen, die es am besten wissen müssen: Entscheidungsträger, wenn es um die Vergabe von Preisen geht. Davon kann er, der die Abgründe der Gesellschaft fesselnder und authentischer als viele andere Kollegen darbietet, ein Lied singen. Unzählige Male ist der mit seinen kuriosen Bühnengestalten begeisternde Schleich preisgekrönt: Von Kleinkunstpreisen bis hin zum bayerischen Kabarettpreis, der ihn auf eine Stufe mit Dieter Nuhr, Piet Klocke, Matthias Riechling, Frank-Markus Barwasser und dem großen Bruno Jonas hievte. Egal ob auf der Bühne, im Hörfunk oder TV – Helmut Schleich nimmt seine Zuschauer mit auf abenteuerliche Reisen in die Tiefen der deutschen Befindlichkeit und führt ihnen ganz nebenbei die ergötzlichen Absurditäten des Alltags vor Augen. Seine Soloprogramme gelten als Meilensteine des Typenkabaretts. Das beweist er mit seinem sechsten Solo-Programm „Ehrlich“ in Vollendung. Und man kann sich sicher sein, dass er wie so oft neue kultverdächtige Bühnen-Figuren präsentiert, die an der Seite von Franz Josef Strauß und Co. die kleinen Gemeinheiten der Politik und des Alltags mit feiner pointierter Ironie erzählen und zerpflücken. Schließlich handelte man zu seiner Zeit noch mit Panzern und nicht mit Modellautos. Es gab da ja noch Haderlumpen und keine Haderthauer. „Für 50.000 Euro hätte ich ja gar nicht erst mit dem Bescheißen angefangen“, so Schleich alias Strauß. Noch Fragen?

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Helmut Schleich - Ehrlich währt am längsten, Foto © Martina Bogdahn

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