Im Klezmer-Universum
Internationales Klezmer Festival Fürth & Jewish Music Today Intermezzo vom 10. bis 12. März 2017
veröffentlicht am 01.02.2017 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Am zweiten Wochenende im März befindet sich der Nabel der Welt, zumindest wenn es sich um jüdische Musik dreht, einmal mehr im mittelfränkischen Fürth. Klezmer und jüdische Musik lösen nahezu übergangslos die winterliche Lebkuchenzeit ab und senden ein erstes Frühlingssignal in die Welt. Auch wenn es sich um eine kurze, sogenannte Intermezzo-Version handelt (das nächste „große“ internationale Klezmer Festival Fürth findet ja bekanntlich 2018 statt), warten die Organisatoren mit einem mehr als stattlichen Line-Up auf.
Den Anfang machen und damit die Eröffnung gestalten am Freitag, dem 10. März, „Klezmerata Fiorentina“ ein aus Florenz stammendes Quartett, das unter der Leitung des in Kiew geborenen Igor Polesitsky hoch professionell und technisch perfekt die Melodien ukrainischer Juden interpretiert. Seine drei Mitspieler, die allesamt aus dem Opernorchester Maggio Musicale Fiorentino stammen, stehen dabei ihrem Gruppengründer in nichts nach.
Am gleichen Abend, nur knapp drei Stunden später, kann das Publikum sogenannte New Yiddish World Music im Südamerika-Flair genießen, wenn mit der „global shtetl band (feat. Gustavo Mendoza) die ungekrönten Könige des Latino-Klezmer auf der Bühne stehen. Die Combo verbindet mühelos musikalische Traditionen von Bobov bis Bogota, mit Umwegen über Polen, New York und Kuba. Die Lokalmatadoren werden an diesem Abend von Gustavo Mendoza begleitet, der das kolumbianische Temperament des global shtetl Sounds noch ein wenig verfeinert.
Beim ersten Klezmer-Brunch am Samstag um 11.00 Uhr werden die Gäste schwungvolle Evergreens in traditioneller Besetzung erleben können. „Klezmeron“ bringt den personifizierten Abwechslungsreichtum auf die Bühne, aufbereitet für alle Lebenslagen. So gibt es klassisch-schmissige Freilachs ebenso wie sensible Balladen, teilweise gespickt mit humorigen Anekdoten.
Wer Klezmer-Brass zum Abtanzen liebt, der kann mit der Amsterdam Klezmer Band ideal in den Samstag Abend starten. Bereits zum vierten Mal wirbelt das dynamische Septett über das Fürther Klezmer Festival und hat sich dabei längst in die Herzen ihrer Zuhörer gespielt. Vor 20 Jahren begann die heute wohl bekannteste Klezmerband Europas mit Straßenmusik, heute sind Remixe ihrer Stücke auf fast jeder Bukovina-Disko vertreten, live spielen sie ohnehin international und nahezu ohne Unterlass. Ihr neuestes Album „Oyoyoy“ führt das Kollektiv wieder zurück auf das Vollakustik-Terrain, back to the roots wie man so schön sagt.
Ab 22.00 Uhr kann man dann im Kulturforum musikalische Science Fiction erleben die nicht nur den Akteuren, sondern auch dem (hoffentlich tanzenden) Publikum jede Menge Spaß machen wird. „Space Klezmer Goylem“ bringen nordischen Klezmer von einem anderen Stern auf die Fürther Bühne. Aus der Osloer Subkulturszene direkt ins Klezmer Universum, so könnte man den Weg dieses Musik-Objektes beschreiben, das trotz aller positiven Verrücktheit immer einen Fuß fest im traditionellen Klezmer behält. Alle weiteren Extremitäten des Ensembles schwirren aber frei durch die Stilrichtungen, egal ob Nordischer Folk, Balkan oder Rhythmen aus dem Nahen Osten, gepaart mit ordentlich Rock´n´Roll. Wenn das nicht abgespaced ist...
Der Sonntag beginnt dann wieder mit einem Klezmer-Brunch, musikalisch untermalt, wie bereits am Samstag, von „Klezmeron“. Leider sind beide Brunches nach Angaben der Veranstalter auf der Webseite bereits ausverkauft, aber vielleicht wird ja die ein oder andere Karte doch noch zurückgegeben und man kann an der Tageskasse sein Glück versuchen.
Das Highlight des Wochenendes ist zweifellos der Besuch der Superstars der Szene: Die vielfach preisgekrönten und weltweit populären Klezmatics geben sich am Sonntag, 12. März die Ehre, um mit dem Fürther Publikum ihr 30. Bühnenjubiläum zu feiern. Da darf getanzt werden! Was die Rolling Stones für den Rock’n’Roll, sind die Klezmatics für die Klezmermusik: Das ganze Genre ist undenkbar ohne diese Band. Sie waren es, die die Klezmer-Revival-Welle der 80er-Jahre maßgeblich mitbestimmten. Schon damals war der Sound der Klezmatics unvergleichbar. Schon damals ging es immer darum, die jüdische Identität und Tradition im aktuellen Zeitgeist zu spiegeln, die Klezmermusik lebendig zu halten. 2007 folgte mit der Grammy-Auszeichnung für das Album „Wonder Wheel“ der musikalische Ritterschlag. Zum 30. Bandjubiläum erscheint das neue Album „Apikorsim“ – und Fürth darf live mitfeiern!
Im Rahmenprogramm bieten Tourist-Information, das Jüdische Museum und Geschichte für alle e.V. Führungen zum Thema Judentum in Fürth.
Weitere Informationen im Netz unter www.klezmer-festival.de
Fotocredits:
Space Klezmer Goylem, Foto © Pressefoto