Die bayerische Mischung aus Bob Dylan und Boy George
Georg Ringswandl & Band mit neuem Programm in Bayreuth und Roth
veröffentlicht am 01.02.2017 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Was Tuberkulose und der bayerische Kult-Liedermacher Willy Michel miteinander zu tun haben? Generell erst einmal gar nichts. Erst auf den zweiten Blick erkennt man: Ohne dieses Duo wäre die bayerische Musiklandschaft um eine ihrer Attraktionen ärmer. Schließlich gäbe es ohne TBC – und damit ist nicht die Bamberger Kabarettgruppe, sondern die Krankheit gemeint – und Willy Michel Georg Ringsgwandl nicht oder zumindest nicht so.
Am 16. März gastiert die Liedermacher-Ikone vom Staffelsee mit seinem neuen Programm „Woanders“ im Zentrum in Bayreuth, einen Tag später in der Kulturfabrik in Roth. Auftritte, die man ohne eine Vielzahl von Zufällen nicht erleben könnte. Es war einst so, dass der Weg des im beschaulichen Bad Reichenhall aufgewachsenen Künstlers ein ganz anderer hätte werden können und sollen. Schon im zarten Alter von acht Jahren lernte er das Zitherspiel, das mit der Trompete folgte, schnell. Just als das Leben des jungen Mannes entscheidende Wendungen nahm, schlug Kommisar Zufall zu – und zwar in aller Härte. Ringsgwandl, der nach dem Abitur den Weg des Medizinstudiums wählte, erkrankte schwer. Doch machte er aus der Not eine Tugend und brachte sich selbst während eines Sanatoriumsaufenthaltes nach einer schweren Tuberkuloseerkrankung das Gitarre spielen selbst bei: Die Basis für seine erfolgreiche Bühnenkarriere war damit gelegt. Bis es soweit war, hatte der Tausendsassa noch einen steinigen Weg zu gehen. Er absolvierte sein Studium erfolgreich, praktizierte später als Arzt im Großhaderner Klinikum und heimste für nebenbei absolvierte Auftritte erste leise Lobeshymnen ein. Seine entstehende Freundschaft zu Willy Michel tat ihr Übriges. Michel beorderte Ringsgwandl in sein Vorprogramm, schon zwei Jahre später ging dieser erstmals mit einem eigenen Programm auf Tournee. Der Beginn einer imposanten Karriere. Die bis 1993 immer noch parallel zu seiner Tätigkeit im Krankenhaus stattfand. Erst dann legte er seinen eigentlichen Beruf nieder, tauschte den Dr. med. und seinen weißen Kittel komplett mit Mikrofon, Gitarre und schrillen Bühnenoutfits, wie sie krasser kaum sein konnten.
Einen Punk-Qualtinger, einen Valentin des Rock’n’Roll und ein bayerisches Genie hat man ihn schon genannt, den ehemaligen Oberarzt der Kardiologie. Seit zweieinhalb Jahrzehnten hat Georg Ringsgwandl seine jahrelange Nebentätigkeit als schriller Entertainer zum Hauptberuf gemacht und gilt seitdem als so etwas wie eine bayerische Mischung aus Bob Dylan und Boy George. Ein Image, das zahlreichen Wendungen unterlag. „Zweimal das Gleiche zu machen, darauf habe ich keine Lust“, sagt der unzählige Male preisgekrönte Liedermacher und Musiker. Was auch erklärt, wie sein neuestes Machwerk erklärbar ist. Auf der im September erschienen Scheibe widmet er sich völlig unverhohlen der traditionellen Hausmusik. Ganz unverstärkt, neudeutsch würde man das Akustikwerk als Unplugged-Werk titulieren. Und wieder einmal beweist Ringsgwandl, dass sich Tradition und Moderne nicht zwingend widersprechen. Einmal mehr ist ihm und seiner Begleitband ein kleines Meisterwerk gelungen. Der inzwischen 68-Jährige zeigt sich wie gewohnt: Rotzig, roh und brachial, auf der anderen Seite fast schon tanzkompatibel, romantisch und hintergründig. Und dabei nur selten wie schon einmal gehört. Dr. Georg Ringsgwandl überrascht. Nicht zu wenig. Unlängst verriet er seinen, vielleicht einen seiner letzten, Wunschträume. Er selbst träumt mit seinen knapp 70 Jahren manchmal, „wenn der Druck und die Probleme des Rock ‚n‘ Roll an mir zerren“, ja – von der Oberpfalz. Während die Figur auf seinem Album von dort flieht, würde er mitunter gern hin. „Ganz hinten in der Oberpfalz“ sei eine Metapher „für ein dünn besiedeltes Gebiet, wo es noch ganz stad und ruhig zugeht. Ich würde mir inkognito beim Bäcker meine Semmeln kaufen. Und ab und zu ins Wirtshaus gehen“, so zitiert presse.com den Oberbayern. Irgendwie klingt das wie zurück zu den Wurzeln. Schließlich könnte diese Beschreibung auch auf seine Heimat Bad Reichenhall zutreffen. Nur das mit dem inkognito, das dürfte nicht mehr klappen. Selber schuld möchte man meinen. Was tauscht er auch Skalpell und Arztkittel mit Gitarre und Mikrofon. Obwohl: Gottseidank. Ohne ihn wäre die bayerische große Kleinkunst bedeutend ärmer. Das darf Ringsgwandl jetzt auch wieder auf der Bühne beweisen. An seiner Seite: Daniel Stelter (Gitarre, Mandoline, Dobro), Christian Diener (Kontrabass) und Tommy Baldu (Schlagzeug, Percussions) – und damit hat man sie doch, die Konstante im Ringsgwandlschem Kosmos. Seit Jahren schon spielt er an dessen Seite. Zumindest eines bleibt dann doch, wie es immer war. In diesem Fall ist es dann doch so, das bewährtes auch gut und nicht zwingend änderbar sein muss.
Fotocredits:
Georg Ringsgwandl, Foto © Pressefoto