Titelthema

Bumm, Peng, KS:BAM!

Das Bamberger Vorzeigeprojekt gehört zur bundesweiten Spitze der Programme kultureller Bildung

veröffentlicht am 04.10.2017 | Lesezeit: ca. 13 Min.

Die zeitgenössische Szene der kulturellen Bildung ist noch jung, insbesondere die der Kooperationsmodelle zwischen Kultur- und Schullandschaft. Und doch kommt sie schon in die ersten Jahre und reift und gewinnt an Fruchtbarkeit. Ob Enquete-Bericht Kultur des Bundes, der zu Beginn der Jahrtausendwende mit einem dicken Kapitel zur Kulturellen Bildung aufwartete oder das Handbuch „Kinder zum Olymp! Wege zu Kultur für Kinder und Jugendliche“ (2004) der Kulturstiftung der Länder sowie deren thematisch sortierte Kongresse auf diesem Feld. Zudem zahlreiche Publikationen der einschlägigen Verbände und Wissenschaften. Der Ruf nach mehr kultureller Bildung in und außerhalb der Schule war in den letzten Jahren, unterstützt von mannigfaltigen Nachweisen ihrer Wirkungskraft, sehr groß und um einiges lauter geworden denn je zuvor.

Bedingt beleuchtet waren die Aktivitäten bis dahin, oftmals auf ihr bilaterales, unbeobachtetes Bemühen zwischen Schule und Kultur begrenzt, aber durchaus funktionstüchtig und lebendig. Pilot-, Leuchtturm- und Vorzeigeprojekte machten dann den Anfang der neuen Sichtbarkeit und fanden wirkungsvoll Nachahmung. Simon Rattles „Rhythm Is It!“ (2003) ist zahlreich wahr geworden, von wesentlich kleineren Formaten bis zu ebenbürtigen. Projektberichte gibt es inzwischen zahlreich. Die Best-Practice Phase hat sich bewährt. Kulturelle Bildung an Schulen ist kein unbeschriebenes, kein verborgenes Blatt mehr, sondern füllt viele dicke Bücher in allen nur erdenklichen Facetten und bekommt heute weit mehr Aufmerksamkeit als noch vor einigen Jahren. Dafür ist sie nun an einem Punkt angekommen, an dem es vor allem um eine Frage geht: ihre Nachhaltigkeit.

Bestnoten für den Kultur.Service Bamberg für Schulen und Kitas

Wenn nun also große Spieler der kulturellen Bildungslandschaft verstärkt über die Prämierung einzelner, vorzeigefähiger Kooperationsprojekte hinausgehen, ist dies ein mehrfach gutes Zeichen. Vom Einzelfall mit Vorbildcharakter zu nachhaltigen, nachahmenswerten Strukturen, so der logische nächste Schritt, der in diesem Jahr auch seitens der Kulturstiftung der Länder und ihres Wettbewerbs Kinder zum Olymp! sowie seitens der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. (BKJ) und des Bundesfamilienministeriums und ihres gemeinsamen MIXED UP-Preises erstmals stärker in den Vordergrund gerückt wird. Jährlich schreibt Kinder zum Olymp! einen Wettbewerb aus, der besonders überzeugende und nachhaltige Beiträge auszeichnet und macht damit bundesweit Initiativen sichtbar, welche die Idee der Kooperation zwischen Kultur und Bildung mittragen und durch eigene Projekte und Aktivitäten umsetzen. Erstmals wurde in diesem Jahr in den Kategorien „Kulturelles Schulprofil“ sowie „Programme Kultureller Bildung“ nominiert und damit die Nachhaltigkeitsfrage in besonderem Maße behandelt. Auch im Bundeswettbewerb MIXED UP des BKJ steht mit „Bildungslandschaften“ ein Bereich des Wettbewerbs ganz im Zeichen verstetigter Strukturen. Die Kategorie zielt auf eine Kooperation, die in einem lokalen oder regionalen Netzwerk aus Jugend-, Kultur- und Bildungsakteuren besteht und die Teilhabe für Kinder und Jugendliche an Kunst und Kultur in die Fläche bringt.

Im Zuge dieser Entwicklung rückt der nun 10 Jahre gereifte Kultur.Service Bamberg für Schulen und Kitas von Stadt und Landkreis als strukturell, pragmatisch gebautes und nachhaltig angelegtes Zentrum und Netzwerk für die schulische kulturelle Bildung der Region in den Fokus bundesweiter Bewertung und erhält von prominentester Seite gleich mehrfach Bestnoten. Als Nominierter für Kinder zum Olymp! war der KS:BAM am 21. September in Berlin zu Gast und wurde als bundesweite Spitze der Programme Kultureller Bildung bestätigt. Neben zwei weiteren Initiativen wurde er von der Fachjury aus knapp 100 Bewerbungen ausgewählt. Die Jury bestätigt: „KS:BAM steht bereits seit 10 Jahren als „Ermöglicherprogramm“ für ein hervorragendes Beispiel kommunaler Verantwortung und das Funktionieren kultureller Bildung mit gleichberechtigten Partnern. Er verhilft zu einer nachhaltig wirksamen und strukturellen Zusammenarbeit zwischen Schulen, Künstlerinnen und Künstlern sowie den Institutionen aller Sparten.“ Gleichermaßen Anerkennung für den KS:BAM kommt aus Remscheid. Die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung kürt ihn als Finalisten in der Kategorie „Bildungslandschaften“. In dieser Preiskategorie werden Bildungspartnerschaften bewertet, die über bilaterale und kurzfristige Einzelkooperationen weit hinausreichen und eine umfassende lokale/kommunale Gesamtstrategie in den Blick nehmen.

Genau dies leistet der Kultur.Service heute im Spannungsfeld zwischen Schulen und externen Partnern der kulturellen Bildung. Dabei war es ein gutes Stück Arbeit, bis die aktuelle Situation eines (Ansprech-)Partners auf Augenhöhe in einem etablierten Netzwerk erreicht werden konnte. Am Anfang stand eine „Black Box Kulturelle Bildung“. Die Kulturverwaltung wusste wenig bis nichts über die kulturellen Aktivitäten zwischen Schulen und Außerschulischen, der Diskurs Kulturelle Bildung war nicht existent. Natürlich gab es bereits zahlreiche Aktivitäten und großes Engagement an und von Schulen mit verschiedenen Akteuren. Gleichermaßen aber gab es Ängste vor Überfrachtung des schulischen Auftrags, vor Überstrapazierung von Lehrkräften und Schülern, vor unqualifizierten Partnern oder der Vernachlässigung der Lehrpläne. Die ersten Podien und Dialoge liefen zäh. Nicht jeder sah die lokale kulturelle Bildungslandschaft gleich gerne im Rampenlicht oder die Rolle der „Beleuchter“ als Angebot, Hilfestellung und Pool von Möglichkeiten, statt als zwingenden Aufruf und (Über-)Forderung. Seitdem ist viel passiert. Seitdem hat sich viel verändert. Zunächst wurden potentielle Akteure gebündelt, ein Austausch in Gang gebracht, erste bilaterale Kooperationen gefördert. Mit dem börsenartigen Kulturpädagogischen Tag (heute als „Plus“ integriert in die Familienmesse) wurden Akteure persönlich versammelt und vorgestellt, ein erstes Netz wurde geknüpft. Kleinere Foren ergänzen die wichtigen Begegnungen. Ein Dialog kam in Gang. Die Schulen setzten alte Kooperationen fort oder begannen neue. Der Zugriff auf das Angebot wurde ihnen erleichtert. Durch Bündelung und Einordnung von Anbietern und Angeboten nach Schularten und Altersklassen. Durch finanzielle Unterstützung für die Kooperationen mit außerschulischen Künstlerinnen und Kulturpädagogen. Die Best-Practice-Landschaft war nun sichtbar. Zunächst mit dem Buchner-Preis, inzwischen zusätzlich mit dem Magellan-Preis werden seither Vorzeigeprojekte ausgezeichnet, bekamen die Akteure ein Forum und gesteigerte Wahrnehmung.

Die Nachhaltigkeitsfrage stellte sich auch hier bald. Das groß angelegte, von der PwC-Stiftung und Robert-Bosch-Stiftung geförderte Projekt Kultur.Klassen war der erste Ansatz in diese Richtung. Eine feste Anzahl von Maßnahmen der kulturellen Bildung sollten eine gewisse Regelmäßigkeit in den Unterricht bringen. Es begannen feste Kooperationen des KS:BAM mit verschiedenen Kindertagesstätten und Schulen. Der KS:BAM bekam eine neue Rolle und war ein Stück näher an Schule und Kultur gerückt. Er ist im Rahmen klarer Kooperationsvereinbarungen nicht mehr nur Förderer und Beobachter aus der Ferne, sondern für einige Schulen Motor und Koordinator regelmäßiger Bildungseinheiten mit Kultur und Kunst geworden. Für eine Schule, die Heidelsteigschule in Bamberg, gilt dies ganz besonders. Gut drei Jahre lang wurden neben Kultur.Klassen-Programmen verschiedene Akteure der kulturellen Bildung fest an die Schule gebunden. Sie wurde als Kultur.Schule erprobt und vor wenigen Monaten als solche zertifiziert. Ein stetes Kultur-Curriculum ist hier entstanden, das der Schule ein ambitioniertes wie anhaltendes Verhältnis zu Kunst und Kultur sichert. Ein Beispiel, das im wahrsten Sinne des Wortes „Schule macht“. Mit ebenso ambitionierten Schritten, in einer nicht ganz so starken Intensität, wurden jüngst die Martin-Wiesend-Schule Bamberg (Grund- und Mittelstufe), die Grundschule Stadelhofen sowie die Luitpold-Grundschule Bamberg zu Schulen mit Kulturprofil zertifiziert. Graduell unterschiedlich, aber in der Zielsetzung verwandt, Kultur zum festen Bestandteil von Schule und Unterricht zu machen. So knüpfen heute zahlreiche Schulen mehr oder weniger enge Partnerschaften mit dem KS:BAM und damit mit den vielen Kulturpädagoginnen und Künstlern des Netzwerk Kulturelle Bildung, wie es in nunmehr zehn Jahren aktivierender und koordinierender Arbeit gewachsen und zu einer sehr lebendigen Landschaft der kulturellen Bildung geworden ist, auf die bundesweite Fachleute mit großer Anerkennung blicken. Denn all diese Aha-Effekte der kulturellen Bildung der letzten Jahre stehen in einzig und alleine einem Dienste: den Kindern und Jugendlichen, den Schülerinnen und Schülern zu ihren Aha-Effekten der kulturellen Bildung zu verhelfen, ihre Augen dabei glänzen zu sehen, ihre Lippen lachen, wenn sie Herz, Hand und Verstand auf der Spielwiese ästhetischer Bildung verbinden und fürs Leben lernen.

Weitereführende Informationen

Kultur.Service für Schulen und Kitas

Die kommunale Koordinationsstelle Bamberg (KS:BAM) bündelt, vermittelt und fördert kulturelle Kooperationsprojekte an Schulen und Kitas in Bamberg. Der KS:BAM wurde 2007 als kommunale Koordinationsstelle für Kulturelle Bildung in Stadt und Landkreis Bamberg in Anlehnung an bereits bestehende KS:Einrichtungen in anderen bayerischen Städten gegründet. KS:BAM bildet eine verlässliche Struktur zur Umsetzung Kultureller Bildung im Kleinen (lokal, einrichtungsspezifisch, organisatorisch) und deren Verstetigung im Großen (regional, bereichsübergreifend, politisch).

Der KS:BAM steht auf sechs Säulen: 1. Kultur.Projekte (Projektdatenbank, Projektförderung, eigene Projekte), 2. Kultur.Vernetzung (Familienmesse PLUS), 3. Kultur.Preis (C.C.Buchner-Preis für Schulen, Magellan-Preis f. Kitas), 4. Kultur.Klassen (2010 konzipiertes Programm zur dauerhaften Verankerung von Kultur im Schul-/Kita-Alltag), 5. Kultur.Profilbildung (Begleitung/Entwicklung Kultur.Kinderhaus, Kultur.Schule, Schule mit Kultur.Profil), 6. Kultur.Diskurs (Fachtagungen, Fortbildungen etc.). KS:BAM greift dabei auf ein multiprofessionelles Netzwerk aus über 150 Kulturpartnern zurück.

Kultur.Service für Schulen und Kitas
von Stadt und Landkreis Bamberg |
Kulturamt der Stadt Bamberg
Hauptwachstr. 16
96047 Bamberg
www.ks-bam.de

Kinder zum Olymp!

ist die Bildungsinitiative der Kulturstiftung der Länder. Aufgabe der Stiftung ist es, Kultur und Kunst zu bewahren, zu erhalten und zu vermitteln. Dabei gilt die Überzeugung, dass Kultur kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist. Und das auch schon für die Kleinsten. Viele Kinder und Jugendliche haben keinen selbstverständlichen Zugang zu Kunst und Kultur in ihrem Alltag. Die Initiative möchte die Freude an der Kunst wecken, junge Menschen für kulturelle Vielfalt begeistern und Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Kultur niederschwellig in ihrem schulischen Alltag ermöglichen. Ihre Fantasie soll angeregt, ihre Kreativität gefördert werden. Das Ziel der Bildungsinitiative ist es, Kunst und Kultur fest im Leben von Kindern und Jugendlichen zu verankern. Kinder zum Olymp! führt stetig aktualisierte Datenbanken mit Praxisbeispielen aus der kulturellen Bildung, die sich bewährt haben. Ob Bildende Kunst, Theater, Musik, Neue Medien oder Tanz – fast 4.000 Beispiele aus ganz Deutschland sind archiviert und stehen Ideensuchenden zur Verfügung. Mit Tagungen und Kongressen führt die Stiftung die Diskussion rund um die aktuellen Themen im Bereich der kulturellen Bildung, trägt das Thema in die Öffentlichkeit und stellt einen Rahmen für das Bilden von Netzwerken zur Verfügung. Jedes Jahr schreibt Kinder zum Olymp! einen Wettbewerb aus, der von der Deutsche Bank Stiftung gefördert ist. Besonders überzeugende und nachhaltige Beiträge werden ausgezeichnet. Mit dem Netzwerk werden bundesweit Initiativen sichtbar, welche die Idee der Kooperation zwischen Kultur und Bildung mittragen und durch eigene Projekte und Aktivitäten umsetzen.

MIXED UP

Bundeswettbewerb für kulturelle Bildungspartnerschaften der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. (BKJ), Dachverband der kulturellen Bildung

Der Wettbewerb wird ausgelobt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. (BKJ).

Ziele des „MIXED UP“-Wettbewerbs

• MIXED UP will die Zusammenarbeit zwischen Jugendarbeit, Kultur und Bildung (Schulen und Kindertageseinrichtungen) fördern und die Potenziale von Kooperationen sichtbar machen,

• die jugendpolitische Bedeutung Kultureller Bildung für Partizipation von und Freiräume für Kinder(n) und Jugendliche(n) hervorheben,

• Kinder und Jugendliche mit Kunst und Kultur in ihren Bildungsprozessen, ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrem Kompetenzerwerb unterstützen,

• Kulturelle Teilhabemöglichkeiten an Musik, Spiel, Theater, Tanz, Rhythmik, bildnerischem Gestalten, Literatur, Medien und Zirkus erweitern.

MIXED UP prämiert modellhafte Kooperationen, die die, den Zielen entsprechende, Kriterien erfüllen.

Fotocredits:

Heidelsteig Mittelschule Bamberg, Pilotschule Kultur, Street-Art im Schulhof, Foto © Michaela Medem

KS:BAM-Jubiläum, KS:BAM-Lied, komponiert und aufgeführt von Kulturpartnern, Foto © Jürgen Schraudner

Grundschule Gaustadt, Christoph Klug - Bildhauern, Foto © KS:BAM

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