Große Oper, Großes Kino, Großes Popcorn
Das Bamberger Cinestar mutiert zum Opernhaus
veröffentlicht am 08.01.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Zu den berühmtesten Opernhäusern überhaupt zählt die New Yorker Metropolitan Opera, kurz und liebevoll Met genannt. Dem im Oktober 1883 eröffneten Haus war sofortiger Erfolg beschieden. Bedeutende Dirigenten, die in den frühen Jahren dort wirkten, waren unter anderen Gustav Mahler, Arturo Toscanini und Bruno Walter. Seit 1976 ist James Levine Generalmusikdirektor der Met. Zu den herausragenden Sängerinnen und Sängern, die in dem wichtigsten Opernhaus der USA zu hören waren, zählen Enrico Caruso, Leo Slezak, Maria Callas und – noch heute – Plácido Domingo, Anna Netrebko und Jonas Kaufmann.
Dem Engagement des CineStar im Bamberger Atrium ist es zu verdanken, dass Musikfreunde seit der Spielzeit 2010/2011 nicht an den Hudson River reisen müssen, um Vorstellungen der Metropolitan Opera beizuwohnen. Es reicht der Gang in die Ludwigstraße. „In den ersten drei Jahren“, erzählt Theaterleiter Stefan Lauterbach, „waren es acht Veranstaltungen, in dieser Saison sind es nun zehn Übertragungen. Nach einem etwas schleppenden Start in der ersten Spielzeit sind wir mit der Resonanz mittlerweile sehr zufrieden. Teilweise hatten wir an die 250 Gäste im Kino.“
Und wie hält es Lauterbach selbst mit der Oper? „Ich bin ehrlich gesagt bisher kein großer Opernfan gewesen“, sagt er. „Allerdings machen die zahlreichen Übertragungen, die wir anbieten, doch Lust, sich mehr mit diesem Thema zu befassen.“ Aktuell bietet das CineStar Bamberg von der Met abgesehen keine weitere Klassikreihe an, da sich die Berliner Philharmoniker und auch das 2012 gezeigte Bolschoi-Theater nicht durchgesetzt haben.
So nah wie im CineStar ist man, bei Popcorn und Cola, den großen Opernstars im Lincoln Center in Manhattan, wo die Metropolitan Opera seit 1966 ihren Sitz hat, nicht. Die Bildregie ist glänzend, die Tontechnik – und das ist ja bei Musikübertragungen entscheidend – nicht minder. Auch von den stimmlichen Leistungen und der schauspielerischen Darstellung waren die Zuschauer, überwiegend ältere Jahrgänge, im November bei Puccinis an Mord und Suizid reicher Tosca sehr angetan. Von der Sopranistin Patricia Racette, die die Titelrolle gab, schwärmte ein Opernfreund so sehr, dass er von der „besten Tosca, die ich je erlebt habe“, sprach; Roberto Alagna als Cavaradossi fand die lyrische Linie, George Gagnidze überzeugte mit sonorem Bariton als Bösewicht Scarpia. Als besonderes Plus gab es in den Pausen einen Blick hinter die Kulissen. Die Bühnenarbeiter hatten viel zu tun. Die Starsopranistin Renée Fleming führte Gespräche mit dem Ensemble, und der von schwerer Krankheit wieder genesene James Levine, ehemals Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, war bei der Probenarbeit zu Falstaff zu beobachten.
In dieser Spielzeit dürfen sich Opern- und Kinofreunde noch auf sechs Liveübertragungen aus der Met freuen. Am 8. Februar ist Renée Fleming in der Titelrolle von Antonín Dvoráks Rusalka (1901) zu erleben. Mit ihrem betörend leuchtenden Sopran wird die Amerikanerin das herrliche Larghetto-Lied „An den Mond“ auszugestalten wissen. Zur Komposition dieses lyrischen Märchens in drei Akten – „rusalka“ ist das tschechische Wort für „Nixe“ – hatte sich der Gastwirtssohn Dvorák Tag für Tag an einen einsam gelegenen Waldsee zurückgezogen. Am Pult wird Yannick Nézet-Séguin stehen. Der junge Kanadier und Tattooträger, derzeit Chefdirigent des Philadelphia Orchestra, wird bereits ernsthaft als Nachfolger von Sir Simon Rattle bei den Berliner Philharmonikern gehandelt.
Auf Alexander Borodins Fürst Igor (1890), der am 1. März übertragen werden wird, folgt am 15. März Jules Massenets Werther (nach Goethes Briefroman; uraufgeführt 1892 an der Wiener Hofoper) in einer absoluten Traumbesetzung. Jonas Kaufmann wird die Titelrolle verkörpern, Elina Garanca die von Werthers innigst geliebter Charlotte. Mit La Bohème steht am 5. April abermals Puccini auf dem Spielplan, am 26. April erstmals Mozart. James Levine wird die komische Oper Così fan tutte (1790) dirigieren, Mozarts in Neapel angesiedelte Liebesschule um Partnertausch und Partnertäuschung. Dem Himmel naher Gesang verspricht zum Saisonschluss La Cenerentola von 1817 – Gioacchino Rossini soll seine „Aschenputtel“ in gerade einmal drei Wochen aufs Notenpapier geworfen haben –, denn unter der Leitung des Chefdirigenten Fabio Luisi werden Joyce DiDonato, die Königin des Belcanto, in der Titelrolle und Juan Diego Flórez, der gefeierte Tenor aus Peru, in der Prinzen-Rolle zu hören sein, ein famoses Paar. Viel besser geht es nicht.
Nicht vergessen werden soll der Hinweis auf die Royal Opera London. Aus dem Traditionshaus in Covent Garden – es ist insofern auch dem Film verbunden, als dort seit 2007 jeden Februar die British Academy Film Awards verliehen werden – überträgt das CineStar am 24. Juni Giacomo Puccinis erste große Oper, Manon Lescaut (1893). Am Pult wird Antonio Pappano stehen, auf der Bühne – unter anderen – der aus München gebürtige, weltweit gefeierte Tenor Jonas Kaufmann in der Rolle des Chevalier des Grieux.
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