Kabarettist - Satiriker - Politiker oder doch lieber Kabarettist?
Sebastian Pufpaff am 9. November zu Gast in Erlangen
veröffentlicht am 06.10.2017 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Bonn. In den 70er-Jahren und darüber hinaus war die einstige Bundeshauptstadt das Zentrum großpolitischer Entscheidungen. Und vieler Diplomaten. Und auch des Kontraprogramms dazu. Einer, der inmitten des weltweiten politischen Machtzentrums das Licht der Welt erblickte, ist heute einer, der als Satiriker und Kabarettist mittendrin ist in der Welt derer, die den inzwischen in Berlin beheimateten Machern der Weltpolitik die Stirn zeigt: Sebastian Pufpaff. Der 41-jährige Kabarettist gibt sich am 9. November im Erlanger E-Werk mit seinem Programm „Am Anfang“ die Ehre.
Er, der sich einst auf Kleinkunstbühnen verdingte, dort – nach eigener Darstellung – eher gestoppt als gefördert wurde, startete 2010 richtig durch. „Ob vor sechs Zuschauern im Konzertsaal oder auch mit Fischvergiftung auf der A9, ich empfehle jedem die Tortur des Armseins und ein Leben als Ensemblemitglied (jedenfalls für absehbare Zeit), denn die Erfahrungen sind unbezahlbar“, sagt er über seine Zeit mit zwei Mitstreitern als Trio „Das Bundeskabinett“. Die unbezahlbaren Erfahrungen sollten sich auszahlen. Der einstige Dauerstudent schaffte den Sprung in die Riege der Großen des Business nahezu in Rekordtempo. Mehrere Kleinkunstpreise und Soloauftritte später startete er vor sechs Jahren raketenartig durch. Pufpaff, dessen Nachname ihm den Weg in das Kabarett-Geschäft ebnete, ging fortan mit seinem ersten eigenen Programm auf Tournee. Im legendären Bonner Improvisationstheater „Springmaus“, um den später in der ARD-Serie Lindenstraße zu großem Ruhm kommenden Bill Mockridge, sammelte er erste Meriten – wie vorher schon Dirk Bach, Bernhard Hoecker, Ralf Schmitz und viele andere Granden. Vor zwei Jahren dann der endgültige Durchbruch. In der ZDF-heute-show brilliert der verheiratete Familienvater häufig in Lobbyistenrollen und als Vertreter von Arbeitgeberinteressen. Das Schöne an Sebastian Pufpaff: Auf der Bühne kann er seine mitunter genialen Fernsehauftritte noch gewaltig steigern.
Den verheirateten Familienvater mit seinem neuen Programm zu erleben, heißt, die andere Seite des Rheinländers kennenzulernen. Er, auf der Bühne stets geschniegelt und gebügelt in trendigen Vans-Sneakern unterwegs, erntet allein schon für sein Äußeres den ein oder anderen Schmunzler. Schließlich wäre er einer, der auch in der großen Politik Karrierechancen genießen würde. Adrett gekleidet wirkt er mit seinem Gardemaß und dem akkurat gegelten Haar fast wie ein FDP-Newcomer an der Seite Christian Lindners – für die Weiblichkeit durchaus attraktiv, für den ein oder anderen männlichen Besucher fast schon zu aalglatt. Kuriosum am Rande: Pufpaffs Mutter war überzeugte Liberale – ob sie heute noch über ihren Filius lachen kann, ist in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Zumindest hat sie ihm den Weg mitgeebnet, um die Krönung als Komiker zu erreichen. Dabei ist er ein tierischer Satiriker. Einer, der aber auch sagt: „Satire darf nicht alles!“ Er lotet Grenzen gerne aus. Aber er kennt sie auch. Empathie ist Pufpaff nicht fremd. „Solange es nicht zur platten Provokation verkommt“, sagt er, „darf sie alles. Aber reine Beschimpfungen haben keinen Mehrwert.“
Zynismus ist ihm dennoch nicht fremd. Im Gegenteil. Mitunter überschreitet der grandiose Typ aus dem Rheinland durchaus Grenzen. Sieht man den schnieken Kerl auf der Bühne nicht live, sondern lauscht ihm nur, brennen sich durchaus heftige Sätze in das hörende Gehirn ein. Bösartigkeit hat einen Namen: Sebastian Pufpaff. Der macht freilich auch vor Parteien, die über Plattitüden Wählerstimmen zu erhaschen versuchen, nicht halt. Ganz im Gegenteil. Die Alternative für Deutschland ist ein gefundenes Fressen für ihn. Dabei glänzt er nicht mit Phrasen, sondern hält dem geneigten Wähler den Spiegel vor. „Wenn jemand die AfD wählt, frage ich nach dem Warum. Ich habe mir das Parteiprogramm angeschaut und nachgesehen, welche Lösungsansätze da drinstehen. Keine. Was sagt die AfD zum Thema Bildung? Sie will Bildung für Deutsche. Das ist alles, sonst steht da nichts“, sagte er den Stuttgarter Nachrichten in einem sehr lesenswerten Interview mit seinem Sandkastenkumpel Tim Höhn auf der journalistischen Seite. Doch nicht nur die streitbare Partei aus dem rechtslastigen Lager ist ein gefundenes Fressen für Pufpaff. Auch die vermeintlich etablierten Parteien bekommen – teils drastisch – ihr Fett ab. Und auch der gemeine deutsche Bürger, der am Sonntag auf der Couch fläzend, Chips schlemmend den Tatort glotzt. „Ein romantischer Abend in Deutschland“ lacht er zynisch. Um über Ratten-Döner zu sinnieren: „Lecker aus lecker machen kann jeder. Eine Kanalratte hinzukriegen, das ist für mich der wahre Sternenkoch“. Ein Grinsen wird man dabei von ihm nicht beobachten können. Mit fast schon erschreckender Ernsthaftigkeit zerpflückt er die Zustände der Republik. Fast schon ein Schaden, dass er Komiker und nicht Jurist geworden ist. Eines erscheint nämlich klar: Gegnerischer Rechtsanwalt des gebürtigen Troisdorfers zu sein, wäre alles andere als ein Zuckerschlecken. Aber sind wir ehrlich: Wer würde einen Juristen namens Pufpaff schon ernst nehmen? Da bietet sich der Job des Kabarettisten doch weit mehr an. Der Moment, in dem Malte Sebastian Pufpaff dann doch lachen muss. Schließlich war sein Opa Jurist. Dr. jur. Pufpaff. Er lacht. Welch Wunder. Mehr Satire geht fast gar nicht. Selbst in Bonn nicht.
Fotocredits:
Sebastian Pufpaff, Foto © Pressefoto