Klassiker

Russen gehen, Spanier kommen

Aktuelles aus dem Künstlerhaus Villa Concordia

veröffentlicht am 08.01.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.

Dass sich im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia ungemein produktiv arbeiten lässt, beweisen Jahr um Jahr dessen Stipendiaten. Noch bis März sind zwölf Künstler aus den Sparten Literatur, Musik und Bildende Kunst im barocken Baudenkmal am Regnitzufer beziehungsweise im am Fuße des Kaulbergs gelegenen Neuen Ebracher Hof zu Gast, darunter Nikita Alexeev. Kaum dass der vor fünf Dutzend Jahren in Moskau, wohin er auch während seines Stipendiums immer wieder pilgert, geborene Alexeev in seine Stipendiatenwohnung eingezogen war, packte ihn an diesem ungestört-stillen Rückzugsort der kreative Furor derart, dass er innerhalb weniger Wochen einige Zeichnungen schuf und diese dann in den Gassen der Domstadt aufhängte. Der Clou: Zusätzlich zu seiner Unterschrift trugen die Originale auch seine Emailanschrift. Das sorgte für Aufsehen, denn immerhin sind Alexeevs Werke in großen Sammlungen vertreten wie beispielsweise jener der Duke University in North Carolina. Andere waren bis vergangenen Dezember Teil der Ausstellung „Dreaming Russia“ in der weltberühmten Albertina. Und wer es nicht bis Wien schaffte, wird auch in Bamberg fündig, im Alten Rathaus, wo der Russe gemeinsam mit seinen Concordia-Mitstipendiaten Manuel Graf aus Düsseldorf und Leonid Tsvetkov aus Nowgorod vom 29. Januar bis zum 2. März ausstellt.

Damit nicht genug: Zwei Dutzend von Alexeevs Zeichnungen, die allesamt in Bamberg entstanden sind, werden zudem vom 3. Februar bis zum 9. März bei freiem Eintritt in der Villa Concordia zu sehen sein. Die Ausstellung trägt den Titel „Das Ufer“. Während seiner Ausbildung am Moskauer Kunstkolleg und am dortigen Institut für Polygraphie war Alexeev stark von der Konzeptkunst geprägt (der man als derzeit vielleicht prominentesten Vertreter auch den Chinesen Ai Weiwei zurechnen kann). Von dieser Richtung hat sich Alexeev aber nach und nach verabschiedet und der häufig kryptisch-unverständlichen Sprache der Konzeptkunst eine Befürwortung des Eingängigen und Einfachen entgegengesetzt.

Bereits vom 7. Januar an stehen innerhalb der Reihe „Oberfranken liest“ Lesungen mit den beiden ehemaligen Künstlerhaus-Stipendiatinnen Franziska Gerstenberg und Petra Morsbach an fränkischen Gymnasien an. Gerstenberg, die aus Dresden gebürtige und seit einer halben Dekade in Berlin lebende Autorin, hat zuletzt in dem feinen Frankfurter Verlagshaus Schöffling &. Co. (zugleich der Verlag der aktuellen Stipendiatin Silke Scheuermann) den Roman Spiel mit ihr (2012) vorgelegt. Der Literaturkritiker Tilman Krause schrieb über das Buch der Absolventin des Leipziger Literaturinstituts, Gerstenberg erzähle „kühl und souverän von der Last mit der Lust“. Seit 2001 kommt es bei der Initiative „Oberfranken liest“ zu einer unmittelbaren Begegnung zwischen Schülern und Autoren. Gerstenbergs Lesung am 9. Januar im Bamberger Eichendorff-Gymnasium ist öffentlich.

Seit einigen Jahren ist es Usus, dass die Bamberger Kurzfilmtage in der Villa Concordia eröffnet werden. Am Montag, den 20. Januar, um 20 Uhr, ist es wieder so weit. Der Autor, Kritiker und bekennende Cineast Rolf-Bernhard Essig wird den Abend moderieren. Als Sohn eines Seemanns ist er für diese Aufgabe geradezu prädestiniert, denn zum Auftakt der Kurzfilmtage dreht sich alles um Wasser. Mit dabei sind am Eröffnungsabend die Stipendiaten Manuel Graf (in Grafs Schaffen spielen Film- und Videoarbeiten eine entscheidende Rolle), der aus Leningrad gebürtige Autor Oleg Jurjew sowie der St. Petersburger Komponist Sergey Khismatov, der die Interaktion von Musik und Performance zu schätzen weiß.

Zu einem Abschlusskonzert mit Werken von Charlotte Seither, von Benjamin Schweitzer, Vadim Karasikov und eben von Khismatov kommt es am 12. März. Wem nach Musik ist und so lange nicht warten möchte, kann sich mit der bei Wergo erschienenen CD „terrains vagues“ mit Kompositionen des früheren Stipendiaten Luís Antunes Pena trösten. Neben einem Perkussionsensemble ist darauf auch Edicson Ruiz zu hören, einer der Kontrabassisten des Berliner Philharmonischen Orchesters.

Der Frühlingsmonat klingt aus mit einer Lesung des ehemaligen Stipendiaten Jochen Schimmang in der Buchhandlung Collibri in der Bamberger Austraße. Der Autor und FAZ-Kritiker stellt seine 2013 bei Residenz herausgekommene Biographie Christian Morgensterns vor. Die Gedichte des virtuosen Sprachmanipulators und Anthroposophen wird der Bamberger Schauspieler und Rezitator Andreas Ulich sprechen. Zuletzt noch der Hinweis auf die Neuen: Die Namen der Stipendiaten 2014/2015 sind noch nicht bekannt, fest steht aber bereits, dass sie aus Spanien – und, naturgemäß, aus Deutschland – stammen werden. Von Mitte April an wird einem das Künstlerhaus mithin sechsfach Spanisch vorkommen.

Copyright Foto: Tobias Böhm

Ähnliche Artikel: