Die Schweden auf dem Vormarsch
Der Dreißigjährige Krieg in Nordsachsen und Böhmen
veröffentlicht am 04.04.2018 | Lesezeit: ca. 6 Min.
Nicht nur in Franken gedenkt man der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges, auch im Landkreis Nordsachsen bei Leipzig hat man im Schwerpunktjahr 2018 ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt. Dazu zählen das Landschaftsmuseum Bad Düben, Museum Barockschloss Delitzsch, Stadtmuseum Eilenburg, Städtisches Museum Taucha und Stadt- und kulturgeschichtliches Museum Torgau. Sie sind Partnermuseen des Fränkische-Schweiz-Museums in Tüchersfeld. In den fünf Museumshäusern finden spezifische Ausstellungen statt, die sich vor allem mit der Kriegspartei der Schweden beschäftigen. Die dortigen Ausstellungen laufen unter dem gemeinsamen Titel: „Je weniger Klingen, je größere Herzen“ und sind ein Gemeinschaftsprojekt der Museen in Vernetzung mit der Krostitzer Brauerei sowie Ausstellungen in Franken und Böhmen.
Die fünf nordsächsischen Museen beschäftigen sich insbesondere mit dem Schwedischen Krieg von 1630 bis 1635, da vor allem dieser für die Region verheerende Auswirkungen hatte. Als prägendstes Ereignis ist dabei die Schlacht bei Breitenfeld 1631 in die Geschichtsbücher eingegangen, in der die kaiserlichen Truppen unter General von Tilly durch die Schweden unter König Gustav II. Adolf vernichtend geschlagen wurden. Bis 1645 blieb Nordsachsen Schauplatz des Krieges. Erst der verhandelte Frieden zu Eilenburg zwischen Schweden und Sachsen bringt 1646 für Sachsen eine Beendigung des Krieges.
Die Ausstellung „Kampf und Leid“ im Barockschloss Delitzsch gibt vom 19. Mai bis 28. Oktober einen Einblick in die wachsende Verschlechterung der Lebensumstände der zivilen Bevölkerung und der militärischen Heere zu Kriegszeiten. Der Wunsch nach Frieden ging einher mit der Verrohung zwischenmenschlicher Umgangsformen. Eine authentisch nachgestellte Feldlagerszene mit Kanonen und originalen Schuss- und Stangenwaffen des Dreißigjährigen Krieges, Schlachtenkarten und Dioramen veranschaulicht die Dramatik dieser Zeit.
Die „Friedenssehnsucht“ im Speziellen ist Thema der Eilenburger Sonderausstellung im dortigen Stadtmuseum (13.5.-31.10.). In vier Themenkomplexen wird anhand aussagekräftiger authentischer Objekte die Friedenssehnsucht der Menschen in diesem Krieg, besonders am Beispiel der Stadt Eilenburg untersucht. Als die Eilenburger im September das Fest des vermeintlichen Friedens feierten, lagen zugleich auf den Straßen und Plätzen der Stadt hunderte Verwundete der blutreichen Schlacht von Breitenfeld. Neben der Regionalgeschichte veranschaulichen medizinische Geräte die damals sehr beschränkten Möglichkeiten, den Verwundeten tatsächlich zu helfen.
Die Ausstellung „Des Krieges Buchstaben“ im Städtischen Museum Taucha bei Leipzig befasst sich mit der Rezeption des Dreißigjährigen Krieges in der Literatur (25.5.-28.10.). Dabei werden Schöpfungen der Dramatik, Lyrik und Epik aus verschiedenen Jahrhunderten, die den großen Krieg thematisieren, betrachtet. Berühmte Werke der Literaturgeschichte wie Grimmelshausens Simplicissimus, Schillers Wallenstein oder Brechts Mutter Courage und ihre Kinder haben an Aktualität nicht verloren. Daneben stehen Historienromane aus der Gegenwart. Es werden Einblicke in originale Druckerzeugnisse der Barockliteratur ermöglicht und Objekte rund um das Thema „Geschichte über den Dreißigjährigen Krieg“ präsentiert.
Das Stadt- und kulturgeschichtliche Museum Torgau beschäftigt sich in der Sonderausstellung „Die Schweden kommen“ mit der sechsmonatigen Belagerung der Stadt durch die Schweden und den unermesslichen Kontributionen. Obwohl sich Torgau besser als die umliegenden Dörfer zu schützen wusste, wurde aus der blühenden Renaissancestadt im Laufe des Jahres 1637 eine verarmte Stadt. Welche Mühe es die Torgauer während dieser Zeit kostete, sich über Wasser zu halten, davon berichtet die neue Ausstellung von 26. Mai bis 28. Oktober.
Das Landschaftsmuseum der Dübener Heide Burg Düben nähert sich dem Thema auf philosophische Weise: Vom 27. Mai bis 31. Oktober werden hier die Ursachen und Folgen von Krieg und Gewalt ins Blickfeld gerückt. Unter der großen Überschrift „Wissen für die Zukunft?“ wird die Frage aufgeworfen, ob und welches Wissen über Kriege der Menschheit zum Fortschritt verhilft. Ist dies überhaupt möglich angesichts der weltweiten Konflikte, von Gewalt und Verfolgung? Oder folgt Krieg einer Art natürlicher Gesetzmäßigkeit im Sinne der Verteidigung und Eroberung von Ressourcen? In einem Exkurs wird der Versuch gewagt, aufzuzeigen, inwieweit totbringende Gewalt und prosoziales Verhalten durch Evolution tief in der Menschheit verwurzelt sind.
Weitere Ausstellungen in Leipzig („Der Dreißigjährige Krieg und seine Drucksachen“, Universitätsbibliothek Leipzig, 25.5.-2.9.), Dölitz/Leipzig („Streit um Glauben und Macht“ – Das Heerwesen im Dreißigjährigen Krieg, Torhaus Dölitz/Zinnfigurenmuseum, 2.6.-19.12.), Böhmen („Krieg in der Landschaft“, Böhmerwaldmuseum in Tachov, 1.7.-31.8.) und Franken („Söldner, Schrecken, Seuchen“, Fränkische Schweiz Museum Tüchersfeld, 24.3.-23.9., siehe S. 25) sowie eine Vortragsreihe zum Thema, Stadtführungen und ein historisches Biwak in Bad Düben (24.8.-26.8.) runden das Programm zum Sonderthema Dreißigjähriger Krieg ab. Den Beginn macht das Eröffnungskonzert der Dübener Kurrende und Martin-Rinckart-Kantorei in der Eilenburger St. Nikolai-Kirche am 5. Mai, 19 Uhr.
Weiterführende Informationen finden Sie unter dem projektbezogenen Internetportal www.auf-den-spuren-der-musketiere.de. Dort werden alle Informationen rund um die Aktivitäten der Anbieter in der Fränkischen Schweiz, dem benachbarten Böhmen und der Partnerregion Nordsachsen zusammengefasst und ständig aktualisiert.
Fotocredits:
Kurrende, Foto © Hans-Joachim Stelter
Leuchtballen, Foto © Sammlung - “Je weniger Klingen, je größer die Herzen“