Lese- & Hörstoff

Meisterin der Empathie

Keine Form in die ich passe

veröffentlicht am 04.04.2018 | Lesezeit: ca. 2 Min.

Bereits vor drei Jahren machte ein Roman von sich reden, der mit Fug und Recht als Perle der Jugendliteratur bezeichnet werden darf: Mit „Das hier ist kein Tagebuch“, das sich dem schwierigen Thema Depression widmet, schrammte die niederländische Autorin Erna Sassen 2016 nur scharf am Deutschen Jugendbuchpreis vorbei.

Zwei Jahre später legt die Autoren nun einen neuen Jugendroman vor. Auch wenn „Keine Form in die ich passe“ im Gegensatz zu ihrem Jugendbuchdebüt „nur“ dem Coming-of-Age-Moment nachspürt, ist das Buch in seiner schlichten Wortgewalt dem Vorgänger ebenbürtig. Erzählt wird die Geschichte der Oberstufenschülerin Tess, die unsterblich in „P“, ihren Lehrer, verliebt ist. Eine Liebe, die nur zum Scheitern verurteilt sein kann, da macht sich die kluge und viel zu nachdenkliche „Tessel“, wie sie von ihren Freunden genannt wird, gar nichts vor. Aber auch wenn die Dinge scheinbar klar liegen, sind sich Herz und Vernunft nicht immer einig. Auch andere Dinge sorgen für Chaos im Leben der Schülerin: Sie lernt Evelien kennen, deren Tochter Sanne an Leukämie verstorben ist. Der Umgang mit dieser Situation stellt sie vor ungeahnte Herausforderungen.

Glasklar und sensibel erzählt Erna Sassen von den wirren Gefühlen ihrer jungen Protagonistin. Dabei taucht sie vollends in ihre Gedankenwelt ab, die vor allem davon bestimmt ist, den eigenen und fremden Anforderungen gerecht zu werden; nicht zu versagen; die eigene Unsicherheit endlich zu überwinden und – unweigerlich damit verbunden – nicht jedes scheinbare Problem endlos zu zerdenken.

„Keine Form in die ich passe“ ist Roman und Psychogramm zugleich und zeugt, wie schon Erna Sassens letzter Treffer, von außerordentlicher Erzählkunst und überdurchschnittlichem Einfühlungsvermögen. Warum sich die Welt eines Teenagers (und in diesem speziellen Fall die eines Mädchens) einzig um sich selbst zu drehen scheint, macht Sassen verständlich, ohne ins Banale abzudriften. Und wer das Erwachsenwerden längst hinter sich hat, fühlt sich beim Lesen der Lektüre schlagartig in die Vergangenheit zurück-gebeamt. So, als wäre es gestern gewesen.

Erna Sassen: Keine Form in die ich passe, Freies Geistesleben, Deutsch, 124 Seiten, 18,00 €, ISBN: 978-3-7725-2863-7, ab 14 Jahren

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