Wer ist ein Künstler? Nur der Maler, der zu Leinwand und Pinsel greift? Oder auch der Fotograf, der mit wesentlich geringerem (Zeit-)Aufwand einfach per Knopfdruck ein Motiv realitätsnah abzubilden vermag? Dem spannenden und wechselvollen Verhältnis zwischen Malerei und Fotografie im 19. Jahrhundert geht die große Sonderausstellung „Licht und Leinwand“ ab Donnerstag, 10. Mai 2018, im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg nach. Denn mit der „Erfindung“ der Fotografie 1839 kam schnell die Frage auf, ob das neue Medium eher eine Hilfestellung oder Konkurrenz für die traditionelle und angesehene Kunstform der Malerei ist.
Noch unerfahren im Umgang mit dem neuen Medium präsentierten sich Damen und Herren im 19. Jahrhundert vor der Kamera gerne in Posen, die ihnen aus der Malerei vertraut waren – sie stellten ein historisches Gemäldemotiv nach. Doch auch umgekehrt lassen sich Einflüsse festmachen: Der Künstler Lovis Corinth beispielsweise hielt seine Frau Charlotte Berend-Corinth im Jahr 1912 fest. Das Bild wirkt wie eine Momentaufnahme, wie ein Schnappschuss. Die Oberflächentextur verrät jedoch zweifelsfrei, dass es sich nicht um ein Foto, sondern ein Gemälde handelt.
Neben Porträts zeigt die Ausstellung auch imposante Landschaften. Als Reiseandenken waren frühe Fotografien schnell beliebt, sie waren kostengünstig und handlich, mussten nicht trocknen und bildeten en detail das auf einer Tour Gesehene ab. Die Beispiele belegen, dass sich die Fotografie schnell zu weit mehr als einem untergeordneten Hilfsmittel entwickelte. In der Ausstellung machen dies rund 240 Exponate – Gemälde sowie frühe Fotografien und Daguerreotypien in der Gegenüberstellung – deutlich. Zudem stellt die Ausstellung Fragen nach Anlässen und Auswirkungen, nach den Vor- und Nachteilen des jeweiligen Mediums, nach der Authentizität der Wiedergabe und danach, wie sich das Bild eines Künstlers wandelte.
Fotocredits:
Henry Peach Robinson: Tunbridge Wells, um 1865 Wien, Albertina