ERST FETZIGE E-GITARRE, DANN BEETHOVENS „PATHÉTIQUE“
DIE JUGEND MUSIZIERTE IM BAMBERGER THEATER
veröffentlicht am 26.02.2014 | Lesezeit: ca. 6 Min.
Beim 51. Regionalwettbewerb Bamberg-Forchheim von „Jugend musiziert“ wurden ausschließlich – und das spricht, bei einer ganz leicht zurückgegangenen Teilnehmerzahl, für das hohe Niveau, für das technische und musikantische Können der Wettstreiter – erste und zweite Preise vergeben. Hundertzehn Musikerinnen und Musiker im Alter von acht bis neunzehn Jahren hatten sich dam vergangenen Wochenende der Jury in den Solowertungen Klavier, Gesang, Drum-Set (Pop) und Gesang (Pop) sowie in den Kategorien Streicher- und Bläserensemble gestellt.
Neu war der Austragungsort des Preisträgerkonzertes am späten Sonntagnachmittag: Statt im Audimax der Otto-Friedrich-Universität durften sich die Ausgezeichneten im Großen Haus des E.T.A.-Hoffmann-Theaters präsentieren. Bisweilen glaubte man den Geist Hoffmanns, dessen Bamberger Wohnhaus ja nur wenige Schritte von dem nach ihm benannten Schauspielhaus entfernt liegt, im Saale zu spüren, und es war ja Hoffmann, der in seiner wegweisenden Besprechung der Partitur von Beethovens Fünfter einst bemerkt hatte, wo die Sprache aufhöre, fange die Musik an.
Die begann am Sonntag mit dem Rondo aus der G-Dur-Sonatine des Hoffmann-Zeitgenossen und Mozart-Schülers Thomas Attwood, ohne Scheu am Flügel dargeboten von einer der jüngsten Teilnehmerinnen, Sophia Strauss (Jahrgang 2006) aus Bischberg, die bereits über die Eltern, wie das auch bei etlichen anderen Preisträgern der Fall war, eine ordentliche Portion Musik ins Blut mitbekommen hat. Sophias Mutter ist Klavierlehrerin, der Vater zweiter Konzertmeister der Bamberger Symphoniker, ein Onkel Gründungsmitglied der Berliner Barock Solisten, zweiter Geiger der Berliner Philharmoniker, begeisterter Winzer und Golfer.
Strauss darf, genauso wenig wie die Jahrgänge 2004 und 2005, ungeachtet ihres Könnens nicht zum Landeswettbewerb fahren, der heuer vom 11. bis zum 15. April im schwäbischen Gersthofen nahe Augsburg stattfinden wird. Diesem doch enormen Stress möchte man die ganz Kleinen noch nicht aussetzen. Für die 2002 und 2003 Geborenen ist in Gersthofen Endstation. Die Besten der älteren Jahrgänge hingegen haben die Möglichkeit, über eine entsprechend ansprechende Leistung in Gersthofen sich für das Bundesfinale an den Pfingsttagen in Braunschweig und Wolfenbüttel zu qualifizieren.
Das von Jonathan Hengstermann, José Rosina Kallmann, Felix und Nele Meissner gebildete Blockflötentrio aus Bamberg gefiel mit einem populären französischen Tanz des aus Parma gebürtigen Renaissancekomponisten Giorgio Mainerio. Die Reihe der Blockflötenensembles komplettierten am Sonntag Beate Geyb, Janina Hümmer und Lea Sebald (allesamt aus Bamberg), denen es über ein arg waches Augenspiel gelang, das Andante aus dem „Wasserträger“ von Philipp Tenta punktgenau zu interpretieren.
Gabriel Fitros (Jahrgang 2005, Burgebrach) glänzte auf dem Drumset. Er hatte sich das Stück „Heavy Guitar“ des Franzosen Jacky Bourbasquet ausgesucht. Die E-Gitarre zu den flotten Schlagzeugrhythmen wurde vom Band eingespielt. Die Pianistinnen Leonie Tianwen Ge (2003, Forchheim) und die ein Jahr ältere Litzendorferin Bente Fünfgelder dürfen sich über die Weiterleitung zum Landeswettbewerb freuen; Leonie gab Joseph Haydn, Bente eines der Lyrischen Stücke von Edvard Grieg. Für einen Tango des Würzburger Komponisten Bertold Hummel kassierte ein Bamberger Streichquartett, bestehend aus Rosalie Jahnel, Benedikt Schuster, Helena Baumann und Johannes Schuster viel Beifall.
Am Flügel überzeugten der Bamberger Fabio Strobler, 2002 geboren, in der Sonatine von Tadeusz Szeligowski mit kräftigem Anschlag, die gleichaltrige Anna Schmulewitsch, ebenfalls aus Bamberg, hatte sich „Lavendelfeld“ der Japanerin Karen Tanaka ausgesucht, einer Schüler von Luciano Berio. Annika Baum aus Lauter, Jonas Beckmann und Sonja Lindner, beide aus Litzendorf, setzen das Fagott groß in Szene und dürfen im April nach Gersthofen fahren, wo sie auf die gesamtbayerische Konkurrenz treffen werden. Für einen ersten Höhepunkt im Großen Haus sorgte Alexandra Forstner aus Baunach (Jahrgang 2001). Mit einem Auszug aus dem ersten Buch der Préludes von Claude Debussy führte sie aufs Schönste vor, wie gut sie sich auf den Umgang mit den achtundachtzig weißen und schwarzen Tasten versteht. Dass sie auch glänzend Querflöte spielt, war in den Vorjahren immer einmal wieder zu hören.
Überhaupt waren die Pianisten in Sachen Anzahl und Können sehr, sehr stark vertreten. Die Bambergerin Freya Will sorgte mit Alberto Ginastera für lateinamerikanisches Temperament, Seraphina Schrödel aus Ebermannstadt in „Asturias“ von Isaac Albéniz für spanisches, Leon Paletta (Bamberg), der auch ein großartiger Schlagzeuger ist, deutete feinfühlig ein Nocturne von Chopin aus, Christina Campbell aus Ebermannstadt trumpfte mit dem hochvirtuosen Rachmaninow auf, Lena Gerhardt aus Wiesenttal interpretierte die nicht minder virtuosen Sarkasmen von Sergej Prokofjew, Constantin Knorr aus Bamberg den Eröffnungssatz der Pathétique (der eine fetzige Eigenkomposition des Reckendorfers Thomas Schmitt an der E-Gitarre vorausgegangen war, welche eine begeisterte Zuhörerin an Mike Oldfield erinnerte; wenn das mal kein Lob ist!) und der Stegauracher Seraphin Maurice Lutz Chopins Etüde op. 25 Nr. 1. Bravo und Chapeau!
Im Anschluss an das Preisträgerkonzert überreichte Bürgermeister Werner Hipelius, der im April in den Ruhestand gehen wird, die Urkunden. Der Regionalausschuss unter dem Vorsitz von Martin Erzfeld hatte einmal mehr glänzende Arbeit geleistet. Was sich naturgemäß auch von den vielen Lehrkräften, den Eltern und, sowieso, den jungen Teilnehmern sagen lässt.
Fotocopyright: Andrea Paletta