Mixtur

Glaskunst in vielen Facetten

verleihung des coburger glaspreises

veröffentlicht am 08.04.2014 | Lesezeit: ca. 7 Min.

Zum vierten Mal erst seit der Erstauflage von 1977 wird in diesem April der Coburger Glaspreis vergeben. Der Preisverleihung am 12. April schließt sich im zu den Kunstsammlungen der Veste Coburg gehörenden Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental eine begleitende Ausstellung bis Mitte September an. Die begleitende Ausstellung des seit 1977 nun zum vierten Mal ausgerichteten Coburger Glaspreises präsentiert in einer Gesamtschau aktuelle Tendenzen und Strömungen der modernen, sich mit dem Material Glas beschäftigenden Kunst. Zu sehen sind in den Räumen der Veste Coburg sowie in der gegenüber der Orangerie von Schloss Rosenau gelegenen Veste-Dependance Werke von europäischen oder in Europa geborenen Künstlern, die professionell mit dem Material Glas arbeiten.

An diese an Zahl immer größer werdenden Kunstschaffenden richtet sich der Coburger Glaspreis, für den sie sich mit Gefäßen, Skulpturen, Objekten, Installationen und Glasmalereien, die entweder 2012 oder 2013 gefertigt worden sind und bei denen es sich um Unikate handelt, hatten bewerben können. Nicht zugelassen sind Gebrauchsglas und Entwürfe für die Industrie. Die Arbeiten müssen zu kaufen sein und dürfen noch nicht bei anderen Wettbewerben gezeigt worden sein.

Insgesamt hatten um die zweihundert Künstlerinnen und Künstler rund zweihundertfünfzig Werke eingereicht (von Karen Akester aus dem schottischen Edinburgh, deren Skulpturen häufig Kindheitserinnerungen widerspiegeln bis hin zu dem Amerikaner Jeff Zimmer, der ebenfalls gerade in Edinburgh lebt und dem es in seinen enigmatischen Werken, mit denen er den Betrachter dazu verführen möchte, sich wohlmeinend auf Mehrdeutigkeit einzulassen, um die sinnliche Darstellung von Licht geht). Jeff Zimmer, gebürtig aus dem an Kanada grenzenden North Dakota, ist ein Beispiel dafür, dass eine gerade in den Künsten selbstverständliche Mobilität nationale Grenzen und Besonderheiten zu überwinden vermag. Europa ist für zahlreiche Kreative aus Amerika und Asien zur neuen Heimat geworden. So hat Zimmer in der jüngeren Vergangenheit in Belgien und Dänemark, in London und im niederbayerischen Frauenau ausgestellt. Vor drei Jahren war Zimmer auch schon einmal mit ausgesuchten Arbeiten im Europäischen Museum für Modernes Glas Rosenau präsent.

In den zurückliegenden Jahren ist die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Glas um viele Facetten bereichert worden. Mehr und mehr Maler, Bildhauer und Konzeptkünstler haben den Werkstoff Glas für ihr eigenes Schaffen entdeckt. Neue Herstellungs- und Bearbeitungstechniken, der universelle Einsatz von Klebstoffen, die Verwendung von Leuchtgasen und die LED-Technik machen ganz neue Lösungen zur Umsetzung künstlerischer Ideen möglich. Transparenz und Licht beispielsweise sind zwei brandaktuelle Themen, für deren Gestaltung sich Glas vorzüglich eignet.

Der Gewinner oder die Gewinnerin des ersten Hauptpreises darf sich über 15 000 Euro freuen, die der Brose-Unternehmer Michael Stoschek stiftet, der damit seiner Heimatstadt zu einem wichtigen und weit über Franken hinausstrahlenden kulturellen Impuls verhilft. Der zweite Preis ist mit 10 000 Euro, der dritte Preis noch mit 5000 Euro dotiert. Hinzu kommen noch sechs Sonderpreise, etwa der Publikumspreis der Kunstsammlungen der Veste Coburg, der Otto-Waldrich-Preis für junge Künstler (bis zu einer Altersgrenze von fünfunddreißig Jahren) oder der von der mitveranstaltenden Tutsek-Stiftung ausgelobte Alexander Tutsek-Preis für Senior Artists.

Die Jury des unter der Schirmherrschaft von Androulla Vassiliou stehenden Wettbewerbs – die Zypriotin ist als Kommissarin für Bildung und Kultur Mitglied der Europäischen Kommission – ist international besetzt. Milan Hlaveš, vom Museum für Dekorativen Kunst in Prag gehört ihr ebenso an wie Jutta-Annette Page vom Toledo Museum of Art in Ohio und die dänische Glaskünstlerin und Dozentin Susanne Jøker-Johnsen aus Kopenhagen. Anhand von Photos, oder, in Ausnahmefällen, Kurzvideos, hatten die Juroren im vergangenen September eine Vorauswahl getroffen. Die Ausstellung, zu welcher auch ein Katalog erscheint, wird rund hundertsiebzig filigran-zerbrechliche Arbeiten von hundertfünfzig Künstlern zeigen. Der Coburger Glaspreis wird heuer erst zum vierten Male vergeben.

1977 hatten die Kunstsammlungen der Veste mit dem ersten offenen Wettbewerb für Modernes Glas Neuland betreten. Die überwältigende Resonanz auf den europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb und die stark publikumsfrequentierte Ausstellung machten Coburg schlagartig zu einem Zentrum für moderne Kunst aus Glas. Großer Erfolg beschieden war auch der zweiten Auflage des Wettbewerbs 1985. Vier Jahre hernach konnte

im Schlosspark Rosenau das Museum für Modernes Glas eingerichtet werden – seinerzeit das erste Museum in Mitteleuropa, das ausschließlich dem modernen Glas gewidmet war. Von ganz herausragender Bedeutung waren die beiden Coburger Glaspreise für die osteuropäische Glaskunst, der in Coburg ein bis dahin nicht gekanntes Forum geboten wurde. Insbesondere viele ostdeutsche Künstler konnten erstmals im Westen ausstellen und kamen in Kontakt mit anderen europäischen Künstlern und deren Werken.

Anno 2006 blickte die europäische Glasszene abermals nach Coburg. Seit dem letzten Wettbewerb waren mehr als zwei Jahrzehnte vergangen, eine Zeit, in der sich die künstlerische Gestaltung im Medium Glas entscheidend gewandelt hatte. Der dritte Wettbewerb und die damit einhergehende Ausstellung setzten ein weiteres Mal international wichtige Zeichen. In der Folge errichtete eine von dem Unternehmer und Mäzen Otto Waldrich gegründete und von ihm finanziell wesentlich ausgestattete Stiftung im Schlosspark Rosenau einen Neubau für die zwischenzeitlich stark angewachsene Glassammlung, der 2008 eröffnet werden konnte.

In dem lang gestreckten Bau stehen weit über tausend Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung. Neben künstlerisch gestaltetem Gebrauchsglas und Objekten sind Skulpturen und Installationen aus Glas zu sehen. Das Herzstück der Sammlung bilden Werke, die auf den drei Coburger Glaspreisen zu sehen waren.

Über eine Glastreppe gelangen die Besucher ins Obergeschoss zum Sonderausstellungsraum und zum Lampenglasstudio. Hinzu kommt seit genau zwei Jahren im Untergeschoss des Museums eine Studiensammlung, die sich der Keramik widmet. Mehr als ein halbes Tausend Exponate von über zweihundertfünfzig internationalen Keramikkünstlern bilden die größte Präsentation an moderner Keramik im süddeutschen Raum. Was das Porzellan für Selb ist, ist der Werkstoff Glas und die daraus gestaltete Kunst für Coburg und für Rödental. Bis zum 14. September können sich Interessierte von der Glaskunst in ihren schillernden Facetten einen Eindruck verschaffen.

Copyright Foto: © Kunstsammlungen der Veste Coburg

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