Lese- & Hörstoff

Gibt es wirklich noch Raucherhotels?

Serotonin

veröffentlicht am 08.04.2019 | Lesezeit: ca. 2 Min.

Buchcover

Buchcover, Foto © Michel Houellebecq Serotonin, DuMont Buchverlag, ISBN 978-3832183882

Ziemlich am Anfang des ­Romans, das heisst bei Houellebecq in diesem Fall so ab Seite 90 und nachdem er sich bereits über Gang-Bang und Sodomie ausgelassen hat, versucht sich der 46-jährige Protagonist (Florent-Claude) durch einen wohl geplanten Eskapismus seiner Zweierbeziehung mit einer wesentlich jüngeren Japanerin zu entziehen. Die gezogene Bilanz seines bisherigen Lebens (Vater und Mutter tot, keine Frau hält es auf Dauer mit ihm aus etc. pp) lassen ihn zu dem Schluss kommen, sein bisheriges Leben kategorisch zu verändern. Aus diesem Grund löst er alles auf: Wohnung, Arbeitsverhältnis, Beziehung. Selbst das vom Arzt leichtfertig verschriebene, neue Antidepressivum Captorix, kann daran nichts ändern. Und so treibt Florent-Claude durch das Buch, begleitet von Lebenslügen und Selbstverrat.

Mitunter gerät Houellebecq zu lesen wirklich zu einem harten Stück Arbeit. Was bei seinen letzten Büchern etwas leichter zu werden schien, bei Serotonin wird dieser Aspekt seiner literarischen Ergüsse erneut mehr als überdeutlich. Aber selbst in diesen schwierigen Lesemomenten gelingt es ihm irgendwie, den Leser im Thema zu halten, auch wenn dieser schon erahnen kann, dass die nächste Zumutung buchstäblich auf den folgenden Seiten auf ihn wartet. Eigentlich ein ziemlich typischer Roman von Michel Houellebecq und doch irgendwie anders. Dunkler, aussichtsloser und weit weniger spöttisch als man es sonst von dem Goncourt-Preisträger gewohnt ist, gleichzeitig aber auch ernsthaft und emotional, insbesondere wenn es um die Liebe geht. Manchmal kaum zumutbar, aber in Summe keinesfalls eine Zumutung.

Michel Houellebecq: Serotonin, DuMont Buchverlag, Deutsch, 24 €, 330 Seiten, ISBN 978-3832183882

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