Klassiker

Mythisches und Heutiges

Das Coburger Landestheater wuchtet Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ auf die kleine Bühne – und fängt mit einem originellen „Rheingold“ an

veröffentlicht am 01.10.2019 | Lesezeit: ca. 2 Min. | von Martin Köhl

Szene aus "Rheingold"

Szene aus "Rheingold", Foto © Pressefoto

Na also, es geht doch! So könnte man bilanzieren, was bei der Premiere der Wagnerschen Tetralogie am letzten Septembersonntag in Coburg zu sehen war, oder besser: zu bestaunen. Natürlich weiß man erst bei der „Götterdämmerung“, wo die Repertoire-Grenzen eines Theaters mit relativ beengten Raumverhältnissen liegen, aber nach diesem „Rheingold“-Auftakt lässt sich hoffen, dass das ehrgeizige Projekt von Intendant Bernhard F. Loges von Erfolg gekrönt sein wird.

Regisseur Alexander Müller-Elmau hat sich ein Bühnenvolk ausgedacht, das neben den mythischen Figuren auch die Menschen aus dem Hier und Heute berücksichtigt. Letztere spazieren – grad so wie Museumsbesucher – über die Bühne und geben sich interessiert. Dadurch treten zwei zeitliche Ebenen in Kontakt miteinander, die mythische und die heutige. Das wird natürlich durch die Kostümierung augenfällig. Die Kostümbildnerin Julia Kaschlinski steckt den Alberich in ein aquatisch-gummiartiges Outfit, die Riesen kommen als nordische Trapper daher, und die Göttersippschaft kleidet sich in Pelziges (Wotan, stimmlich profund und sehr markant: Michael Lion) oder deutet Homoerotik an (Donner).

Irgendwie kommt einem dieser Verein wie eine Möchtegern-feine-Gesellschaft vor, jedenfalls ziemlich dekadent. Den Vogel schießt wie immer Loge ab, der ebenso windige wie wendige Halbgott, ohne dessen schlauen Rat Wotan auf verlorenem Posten stünde. Simeon Esper, in buntem Rock knallig gekleidet, brilliert in dieser Rolle. Recht heutig wirkt auch Erda (sehr überzeugend: Evelyn Krahe), die ja im „Rheingold“ sowieso als überraschende Besucherin auftritt und noch nicht von den Nornen begleitet wird. Fehlen noch Fricka (Gebieterisch: Kora Pavelic) und Freia, der ja die Pflege der Äpfel obliegt (stimmlich etwas schrill: Olga Shurshina).

GMD Roland Kluttig befeuert diese ambitionierte Aufführung mit einem Orchester, das in der Besetzung für die „erweiterte Coburger Fassung“ auftritt und einmal mehr seine Befähigung auch für die Interpretation der großformatigen Opern à la Strauss oder Wagner unter Beweis stellt. Fazit: der Auftakt ist gelungen, die Fahrt nach Coburg lohnt wie immer, die Neugier für den Fortgang dieses „Rings“ ist geweckt.

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