Digitalismus
Die Utopie einer neuen Gesellschaftsform
veröffentlicht am 30.03.2020 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Ludwig Märthesheimer
Mit einem Zitat des Adorno-Schülers Oskar Negt beginnt Daniel Rebhorn sein Buch „Digitalismus“, in dem er anschließend auf 360 Seiten (inklusive Vor- und Nachwort) versucht, die Utopie einer neuen Gesellschaftsform zu zeichnen. Dabei postuliert er die kühne These, dass soziale Marktwirtschaft und Kapitalismus abgewirtschaftet hätten, weil beide Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen nicht in der Lage seien die enormen Potentiale, die künstliche Intelligenz uns allen bietet, auszuschöpfen. Deshalb brauche es eine neue Gesellschaftsform, deren Ausgestaltung maßgeblich von den Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz abhängen wird. Er skizziert die „Super-KI“, die Entscheidungen vorbereitet, deren Auswirkungen „theoretisch“ analysiert und, sofern diese Auswirkungen das Wohl aller begünstigen, diese Entscheidungen auch trifft. Das Humanpotential kann sich zurücklehnen und die Aussicht genießen, im Digitalismus geht es allen besser. Sofern die KI nicht korrumpiert wird.
Ein mutiges Buch, befeuert es doch einerseits die allgegenwärtige Debatte um Datenschutz und die grundlegende Frage, wie viel künstliche Intelligenz man in sein Leben lässt ohne dem Gefühl des Kontrollverlustes ausgesetzt zu sein, andererseits versucht es gleichzeitig die negative Grundhaltung gegenüber diesen Themen zu nehmen, um damit einen Nährboden für einen offenen Austausch zu schaffen. Und diesen Austausch brauchen wir mehr denn je, besser heute als morgen. Unsere rückständige digitale Infrastruktur, die bereits jetzt mit negativem Unterton geführte Diskussion hinsichtlich der Auswirkungen von KI auf den zukünftigen Arbeitsmarkt und ein sogenannter DigitalPakt Schule, der sich letztlich als mehr oder weniger beliebige Geldverteilungsaktion herausstellen, aber keine nachhaltige Entwicklung in Gang setzen wird, das sind einige dieser Themenkomplexe die den Autor sicherlich umtreiben und vielleicht auch zum Schreiben dieses Buches angeregt haben. Dabei gibt er tatsächlich einen sehr guten Überblick über die Zusammenhänge der Herausforderungen, der sich unsere Gesellschaft in naher Zukunft gegenübergestellt sieht.
Der Autor, der in seiner Laufbahn als selbstständiger Software-Entwickler und IT-Berater für verschiedene Unternehmen tätig war, ist Gründer und seit 1995 Managing Partner der diconium Gruppe, die sowohl Strategie- und Prozessbegleitung als auch Digital Analytics, Digital Commerce und Content-Aggregation anbietet. Vor diesem Hintergrund befasst sich der Autor intensiv mit dem Thema der Digitalisierung.
Daniel Rebhorn: Digitalismus, Springer Fachmedien, Wiesbaden 2019, 360 Seiten, 24,99 Euro, ISBN 978-3658261306