Sind es Gedanken oder ist es Realität?
Tiefsinniges, humorvoll verpackt im Fifty-Fifty
veröffentlicht am 28.09.2020 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Andreas Bär
Je kleiner ein Theater derzeit, desto größer die Probleme mit den geltenden Regularien. Bangemachen gilt dennoch nicht. Auch nicht im Erlanger Kleinkunsttheater Fifty-Fifty. Dort tüfteln die Verantwortlichen quasi täglich darüber, wie das geplante Programm coronakonform über die Bühne gehen kann. Und die Zuversicht steigt, dass das im Rahmen der Möglichkeiten sehr spannende Züge annimmt. Zumindest verspricht der Spätherbst einige Zuckerl für das kabarettaffine Publikum.
Irgendwie entspricht die momentane Phase dem Programmtitel von Matthias Egersdörfer (8. Oktober). „Ein Ding der Unmöglichkeit“ hat der fränkische Dauerbrenner seine Bühnenshow getauft. Ob Sturheit und Gebrüll, so die Egersdörferschen Hilfen in seiner Kindheit, für die Veranstaltungsbranche aktuell die nötige Hilfe sind: Wer weiß das schon. Egersdörfer hat aus der Not eine Tugend gemacht. Und eine gewohnt heitere Satire aus der Taufe gehoben.
Brandneu hat sich auch Christine Eixenberger mit ihrem neuen Solo-Programm „Einbildungsfreiheit“ neu entdeckt. Sie fegt gewohnt rasant von einer Bühne Bayerns zur nächsten, am 18. Oktober gastiert sie in Erlangen. Irgendwie kann sie gar nicht anders, denn sie hat sich frei gemacht. Von ihren eigenen vier Wänden nämlich, aber nicht, weil sie muss, denn „sie muas gar nix, außer sterbn“ (Opa Eixenberger). Sondern vielmehr, weil sie’s kann, ganz im Sinne Voltaires: „Wille ist Wollen und Freiheit ist Können“. Das setzt Gedanken frei...aber welche? Irgendwie lässt sich auch das punktgenau auf die momentane Lage in der Kunstszene transferieren.
Anders ist eine der jüngsten und spannendsten Neuentdeckungen der weiblichen Stand Up Comedy Szene. Maria Clara Groppler (1. November) sieht dabei so unschuldig und süß aus, wenn sie derb, aber smart, ein bisschen vulgär, mit ein wenig Erotik, die Grenzen des Sagbaren auslotet. Egal ob sie versucht ihrer Mutter den neuen Freund auszuspannen, vermehrt den Frauenarzt aufsucht, um endlich mal wieder angefasst zu werden, oder die Männerwelt mit ihrem Konzept „Freundschaft Minus“ bei Laune hält.
Und dann ist da noch René Sydow (8. November). Ein Feuerwerk der Boshaftigkeit gegen Politiker, Prominenz und Political Correctness. Doch leider steht auch noch die „Heim-Suchung“ für den eigenen Opa an und angesichts des aktuellen Pflegenotstands gibt es aus privater Sicht keinen Anlass zur Heiterkeit. Nachdenkliches, lustig verpackt. Das ist das Konzept des bislang heitersten Bühnenprogramms Sydows. Und auch das zeigt es nur allzu deutlich: Die momentanen Probleme der Bevölkerung sind nur scheinbar privat. Irgendwie sind sie auch politisch tief verankert in der Gesellschaft.