Kino drinnen und draußen
Neustarts im Lichtspiel
veröffentlicht am 13.06.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Eine wichtige Meldung gleich zu Beginn: Das Odeon-Kino in der Bamberger Luitpoldstraße bleibt den kompletten Juli über geschlossen. Eine Renovierung steht an. Gut, dass es noch das Lichtspiel gibt und – es ist ja Sommer – Cineastisches im Freien.
Vom 10. Juli an läuft im Lichtspiel (Untere Königstraße 34) „Die Karte meiner Träume“, in die laufenden Bilder gesetzt von Jean-Pierre Jeunet, den man vor allem von seinen Regiearbeiten „Die fabelhafte Welt der Amélie“ (2001) und von seinem kannibalistischen Spielfilmdebut „Delicatessen“, eine Dekade vor „Amélie“ entstanden, kennt. Sein jüngstes Opus basiert auf „The Selected Works of T. S. Spivet“, dem Erstlingsroman des aus Cambridge, Massachusetts, gebürtigen Reif Larsen aus dem Jahre 2009, bei uns erschienen in der bewährten Übersetzung von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié, eben unter dem Titel „Die Karte meiner Träume“.
Jeunet entführt die Kinogänger in die fabelhafte, und fabelhaft exzentrische, Welt des zehnjährigen T. S. Spivet (gespielt von Kyle Catlett), der auf einer Ranch in Montana aufwächst. Seine Mutter (großartig, wie fast immer: Helena Bonham Carter) ist besessen von ihrer Käfersammlung, ganz wie es auch der Wilflinger Autor Ernst Jünger war. Der Vater ist ein zu spät gekommener Cowboy, die vier Jahre ältere Schwester träumt ihren kleinen großen Traum: Sie will Miss America werden. Little T. S. ist ein fanatischer Kartograph und Wissenschaftler. Das hat zur Folge, dass er vom arg renommierten Smithonian Institute eingeladen wird. Also macht er sich als blinder Passagier eines Güterzuges auf nach Washington D. C., wo niemand ahnt, dass es sich bei dem Eingeladenen um ein Kind handelt. An der frankokanadischen Produktion ist abermals Guillaume Laurant beteiligt, der mit Jeunet zusammen bereits das Skript zu „Amélie“ geschrieben hatte.
Gleichfalls vom 10. Juli an ist im Lichtspiel „Mistaken for Strangers“ zu sehen. Im Mittelpunkt dieser Dokumentation steht die 1999 in Brooklyn gegründete Indie-Rock-Band The National. Michael Moore („Stupid White Men“, 2001) ist sich sicher: „Das ist eine der besten Dokus über eine Band, die ich je gesehen habe.“ Der Film ist zugleich auch eine Dokumentation über Geschwister. Zur Gruppe gehören die Brüder Aaron (Gitarre, Bass, Keyboards) und Bryce (Gitarre, Keyboards) Dessner sowie Scott (Bass, Gitarre) und Bryan (Schlagzeug) Devendorf. Und auch der Sänger Matt Berninger hat einen Bruder: Tom. Dieser begleitet die Band auf Europatournee, wo The National ihr Album High Violet vorstellen. Tom ist der Mann für alles, darf Handtücher und Wasserflaschen herbeischleppen, ist aber auch als Kameramann und Regisseur verantwortlich für die Dokumentation. Freilich möchte Tom eigentlich selbst ein Rockstar sein. Das führt zu Turbulenzen. Ein sehr amüsantes, an Komik reiches Portrait.
Auch für junge Cineasten wird etwas geboten. „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ startet am 10. Juli. Der zehnjährige Rico (Anton Petzold) aus Berlin, kaum begabt und bei seiner alleinerziehenden Mutter lebend, schließt Freundschaft mit dem zwei Jahre jüngeren, hochbegabten Oskar (Juri Winkler). Gemeinsam ziehen sie auf Verbrecherjagd nach dem berüchtigten Entführer Mister 2000. Eines Tages ist Oskar verschwunden. Ob Mister 2000 dahinter steckt? Der Film in der Regie von Nele Leana Vollmar basiert auf den „Rico“-Büchern von Andreas Steinhöfel. 2009 wurde die Vorlage zum Film mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.
„Wir sind die Neuen“ (Buch und Regie: Ralf Westhoff) läuft vom 17. Juli an. Studenten von heute treffen auf Studenten von gestern, einstige Lebensträume auf Lebensentwürfe von jetzt. Westhoff legt nach „Shoppen“, nach „Der letzte schöne Herbstag“ eine generationenbergreifende Geschichte vor, eine vor Witz sprühende WG-Komödie. Zu den Darstellern zählen Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach, Michael Wittenborn und Claudia Eisinger.
Vom 24. Juli an heißt es im Lichtspiel „Monsieur Claude und seine Töchter“. Regie führte Philippe de Chauveron. Die Multikulti-Komödie gehört mit neun Millionen Kinobesuchern zu den erfolgreichsten Filmen Frankreichs überhaupt. Erzählt wird die Geschichte um das konservative Ehepaar Claude (Christian Clavier) und Marie Verneuil (Chantal Lauby), das in der französischen Provinz ein beschauliches Leben führt. Ihr ganzer Stolz sind die vier noch unverheirateten Töchter. Drei von ihnen wollen sich dann doch für die Ehe entscheiden, bringen aber mit ihrer Partnerwahl die Eltern aus der Fassung. Auserkoren hat sich die eine einen Muslim, die andere einen Juden, die dritte einen Chinesen. Die Hoffnungen der Eltern ruhen nun auf der jüngsten Tochter Laure (Elodie Fontan), denn die hat gerade einen Katholiken kennengelernt. Allerdings einen Schwarzen.
Abschließend noch zwei sommerliche Hinweise. Am 26. Juli wird von 21.30 Uhr an beim Freilichtkino im Innenhof der Philippuskirche Bamberg „Nebraska“ gezeigt, Alexander Paynes Filmdrama aus dem Jahre 2013. Sollte das Wetter schlecht sein, läuft der Streifen in der Kirche. Und im Schloß Geyerswörth laden Lichtspiel und Odeon vom 30. August bis zum 10. September wieder zu ihrem Sommerkino. Nähere Informationen folgen Mitte Juli.
Foto Copyright: Gaumont