Lese- & Hörstoff

Machd ned so a Gschiss!

Monika Gruber und Andreas Hock durchforsten die urbanen Menschenbiotope und wundern sich über deren Dummheitspotenzial

veröffentlicht am 04.03.2021 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Martin Köhl

Buchtitel Monika Gruber/Andreas Hock

Buchtitel Monika Gruber/Andreas Hock, Foto © Piper Verlag

Eines gleich vorweg: Von der Lektüre des aktuellen Buches von Monika Gruber ist allen Fans von „cancel culture“, Community-Denken, den Gegnern des generischen Maskulinums sowie jenen raren Zeitgenossen abzuraten, die sich queer, trans oder sonst was wähnen. Der große Rest darf sich umso mehr freuen, sollte aber a bisserl was über die Herkunft der Autorin wissen. Nur so, nämlich in Kenntnis ihrer sehr bodenständigen Sozialisation, lassen sich manche ihrer Standpunkte oder Polemiken verstehen. Auf einem Bauernhof geht es nun mal etwas derber zu als im urbanen Milieu. Da gibt es keinen Raum für diverse luxuriöse Verwöhnprogramme, hypersensibles Herumgetue oder übertriebene Rücksichtnahme auf allerlei Empfindlichkeiten.
Schon der Titel ihres neuen, bei Piper erschienenen Essaybandes ist heftig: „Und erlöse uns von den Blöden“ wird da gebarmt, und der Untertitel „Vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten“ deutet schon an, dass es – ganz aktuell – vor allem auch um Corona gehen wird. Sieben Beiträge aus eigener Feder, sechs von Andreas Hock sowie drei gemeinsame durchstreifen die derzeitigen Befindlichkeiten urbaner Menschenbiotope und kommen zu teils recht heftigen Schlussfolgerungen.
Dabei schreibt Monika Gruber meist so, wie man sie auch von ihren Bühnenauftritten her kennt: direkt, metapherngesättigt und scharfzüngig gegenüber den Personifikationen von modischen Attitüden jeglicher Art. Wenn sie aber als altbacken verschriene Tugenden preist, so kommt sie einem fast vor wie eine Konservative. Man lese nur das Kapitel „Aber bitte mit Charme!“, in dem sie ganz unverblümt eine Ode auf Charmeure wie Frank Elstner, Harry Valerien und sogar Florian Silbereisen singt.
Aber wer sind eigentlich die „Blöden“? Es sind, wie schon im Untertitel angedeutet, die Verursacher der „hysterischen Zeiten“, die kleine oder eingebildete Problemchen zu wahren Tragödien auftürmen oder ihre jeweilige Mini-Community für den Nabel der Welt halten. Dazu gehört für Monika Gruber nicht zuletzt die Sprachgenderei, für die „jede noch so abstruse Unterform einer sexuellen Guerillatruppe“ existenzberechtigt und daher auflistungspflichtig ist, selbst wenn sie im Promillebereich liegt.
Auch auf anderen heiklen Gebieten erweist sie sich als shitstormresistent, z.B. wenn es um Migrationsfolgen geht, um Kopftuch und Verschleierung oder andere Segnungen des Islam. In dieser Hinsicht ist sie quasi die Alice Schwarzer für’s Grobe, denn sie muss sich nicht den Fährnissen pseudointellektueller Diskurse aussetzen. „Machd ned so a Gschiss“ könnte folglich ihre robuste Devise lauten, was ja für eine Tittenkofener Bauerstochter auch „die Kirche im Dorf lassen“ heißt.

Man darf dieses Büchlein allen kritik- und ironiefähigen Menschen empfehlen, nicht zuletzt auch wegen der deutlichen Worte, die Andreas Hock in seinen Beiträgen zu Corona, zur Influencerei oder zu anderen zeitgeistigen Phänomenen beisteuert.

Monika Gruber / Andreas Hock: „Und erlöse uns von den Blöden“ – Vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten – Piper-Verlag München, 240 Seiten, 20 Euro, 2020

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