Portrait

Interview Jens Neundorff von Enzberg, neuer Intendant Staatstheater Meiningen

veröffentlicht am 29.11.2021 | Lesezeit: ca. 4 Min. | von Martin Köhl

Bühne mit Blick aus der Fremdenloge

Bühne mit Blick aus der Fremdenloge, Foto © Erhard Driesel

Das Staatstheater Meiningen hat seit Beginn der neuen Spielzeit einen neuen Intendanten. Jens Neundorff von Enzberg folgt auf Ansgar Haag, der nach 16-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand ging. Der „Neue“ schnuppert insofern Heimatluft in Meiningen, als er selbst geborener Thüringer ist und bereits in den neunziger Jahren in Meiningen als Dramaturg tätig war. Sein Berufsweg im dramaturgischen Fach führte ihn u.a. nach Bonn und Dresden, zuletzt aber nach Regensburg, wo er sogar den Intendantenposten innehatte. Art5III befragte Jens Neundorff von Enzberg zu seinem Amtsantritt.

Herr Neundorff von Enzberg, wenn Sie als geborener Ilmenauer nach einigen Stationen an großen Häusern nach Thüringen zurückkehren, ist das in gewisser Weise auch eine Hinwendung zur Heimat?

Jens Neundorff von Enzberg
Da muss ich Sie enttäuschen. Ich bin einfach hierher nach Meiningen gekommen, weil es ein tolles Haus ist und weil es hier viele Möglichkeiten gibt. Es war keine bewusste Rückkehr in die Heimat. Im Gegenteil: Mit diesem Umstand, an einen Ort zurückzukehren, an dem ich bereits gearbeitet habe, setze ich mich derzeit am meisten auseinander. Es hat nichts Sentimentales.

Meiningen hat zwar ein recht großes Theater mit einer langen Tradition, liegt aber abseits der urbanen Zentren. Was können die Motive dafür sein, aus Regensburg hierher zu kommen?

Jens Neundorff von Enzberg
Ich kann mich noch daran erinnern, wie nach der Wiedervereinigung für Thüringen als Grünes Herz Deutschlands geworben wurde. Und Meiningen, genau zwischen Rhön und Rennsteig gelegen, ist mitten in Deutschland. Sogar genau in der Mitte! Als Stadt kann man Meiningen natürlich nicht mit Regensburg vergleichen. Aber Meiningen hat seinen eigenen Charme und das Theater hier ist unvergleichlich.

Steht das Staatstheater Meiningen aufgrund seiner isolierten Lage unter besonderem Druck, sich originell profilieren zu müssen?

Jens Neundorff von Enzberg
Ich denke, dass jedes Theater permanent unter Profilierungsdruck steht. Insofern spielt Meiningen hier keine Sonderrolle. Und nach der Pandemie werden diese Fragen noch viel konkreter in den Vordergrund treten.

Das hiesige Theater hat zum Glück ein – auf das Publikum bezogen – weites Einzugsgebiet. Muss man da auf Populäres setzen oder sehen Sie die Chance, durch neue Formate und Inhalte auch zum Magneten für die innovativ orientierte Zuschauerschaft zu werden?

Jens Neundorff von Enzberg
Ich habe die Erfahrung bereits in meiner Zeit als Dramaturg am Haus in den Neunzigerjahren gemacht, dass Meiningen gerade deshalb überregional bekannt ist, weil es nicht nur auf den Mainstream setzt. Wenn man die Theatergeschichte Meiningens befragt, sieht man ganz schnell, dass es gerade das Ungewöhnliche und Neue war, mit dem sich Meiningen überregional, geradezu europaweit einen Namen gemacht hast. Und so wie ich es momentan erlebe, ist von dieser Neugier beim Publikum noch immer viel zu spüren.

Das künstlerische „Fremdgehen“ hat mittlerweile auch im Regiefach Konjunktur. Sie wagen es jetzt mit der originellen Idee, einen weltberühmten Künstler inszenieren zu lassen. Markus Lüpertz kann man sich natürlich gut als Bühnenbildner und Kostümgestalter vorstellen, aber als Regisseur?

Jens Neundorff von Enzberg
Markus Lüpertz ist ja nicht nur ein Künstler auf einem Gebiet. Er ist nicht nur Maler, er ist auch Bildhauer, er musiziert und schreibt Texte – ein sehr vielschichtiger Künstler. Die Idee, Regie zu führen, hat er sich sicher gut überlegt und ich bin mir sicher, dass es interessant werden wird.

Wo wollen Sie in – sagen wir – fünf Jahren stehen? Oder, medientechnisch ausgedrückt: Was wird dann der Markenkern des Meininger Theaters sein?

Jens Neundorff von Enzberg
Fünf Jahre sind im Normalfall kein langer Zeitraum, um ein Theater als Marke zu positionieren. Aber vielleicht muss man das Theater auch gar nicht als neue Marke erfinden. Daher liegt mir ein anderer Gedanke näher: Ich finde es enorm wichtig, dass das Staatstheater Meiningen in zehn Jahren noch genauso gut dasteht wie jetzt und dass es nichts an seiner Attraktivität eingebüßt hat.

Schlagworte:

Ähnliche Artikel: