Lese- & Hörstoff

Benfatto - Andreas Ulich

Edition Bamberger Wortkunstverlag

veröffentlicht am 29.11.2021 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Oliver Will

Buchcover „Ben fatto“

Buchcover „Ben fatto“, Foto © Edition Bamberger Wortkunstverlag

Es ist ein wenig wie die 80er Jahre ZDF-Weihnachtsserie Silas, nur ohne Patrik Bach und ohne Pferd. Dafür mit E.T.A. Hoffmann, Hund, Huhn und Fisch. Innerhalb dessen Kulisse, Gesellschaft, Zeit, Charaktere und Eigenarten. In Hoffmanns Bamberg.
Der jugendliche Protagonist Chrys im Abenteuerland Bamberg. Oft ungemütlich bedroht, oft warmherzig umsorgt, lebt der Waise als Ich-Erzähler den Mittelpunkt des Romans, um den sich alles dreht. Mal inmitten spiessiger Bürgerlichkeit, mal in Hoffmanns Humor- und Phantasiewelten. Irgendwo zwischen Flucht, Überleben und ein wenig Neugier, was das Leben so zu bieten hätte, gewinnt er den Kapellmeister als Mentor.
Ulich setzt Chrys als Hoffmanns alter Ego, gibt ihm die Rolle von dem Hoffmann, der es im bürgerlichsten Bamberg nicht leicht hat und befreit die Figur Hoffmann damit aus seiner eigentlichen Bamberger Opferrolle. Zumindest ein wenig. Hoffmann könnte das versöhnlich stimmen.

Der Autor hat Hoffmann studiert, seine Eigenarten auf Karteikarten gesammelt und viele dieser Stichpunkte neu gemischt und zur verschachtelten, neuen, fiktiven Geschichte in Bamberg Anfang des 19. Jahrhunderts zusammengesetzt. Mit offenen und unterschwelligen Anspielungen, die jedem Hoffmann-Kenner das Schmunzeln ins Gesicht legen. Der Urheber schafft eine historisch kompetente Kulisse für Hoffmanns verschiedene Ichs und positioniert die Jugend im Roman. So macht er Hoffmanns Bamberg für eine junge Leserschaft interessant, der er aber die bitteren Realitäten dieser Zeit keineswegs erspart. Auch und gerade im bürgerlichen, katholischen Bamberg, dessen Größe das kleinstädtische scheint. Sprachlich changierend zwischen Detailverliebtheit und langem Atem, strotzt der Ductus vor einer anregenden bildhaften Sprache, die - wie passend - vor allem eines anspricht: unsere Phantasie. Und die uns gleichzeitig das genaue, sensible hinsehen lehrt. Bild für Bild, mit viel Leidenschaft konstruiert Ulich die Geschichte eines aufgeweckten Jungen, der sich authentisch durch das historische Bamberg bewegt und Hoffmanns Leben in Bamberg auf charmante und prägnante Art und Weise aus der dritten Perspektive erschließt. Einschließlich mindestens einer Liebesgeschichte, auch unter Bambergs wunderbarstem Magnolienbaum, die sich aber, aus guten Gründen, nicht sogleich erschließt. Eine wunderbare Hommage, pünktlich zu Hoffmanns jubilierenden Todestag, der im kommenden Jahr in einem bundesweiten und internationalen Jubiläum gefeiert wird. Ben fatto!
Andreas Ulich: Benfatto, Edition Bamberger Wortkunstverlag, 352 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-7557-0049-4

Schlagworte:

Ähnliche Artikel: