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Reithalle oder Posthalle - Das ist hier die Frage

Bamberger Kultur- und Konversionssenat beraten zum Thema Kulturquartier auf der Lagarde Kaserne

veröffentlicht am 20.10.2021 | Lesezeit: ca. 5 Min. | von Ludwig Märthesheimer

Gemeinsame Sitzung des Kultur- und des Konversionssenats der Stadt Bamberg

Gemeinsame Sitzung des Kultur- und des Konversionssenats der Stadt Bamberg, Foto © Ludwig Märthesheimer

Auf dem Gebiet der ehemaligen US-Kaserne „Lagarde“ gibt es zwei Gebäude, die schon seit längerer Zeit Begehrlichkeiten bei denjenigen wecken, die auf der Konversionsfläche im Bamberger Osten ein Kulturquartier etablieren möchten, eine ehemalige Reit- und eine Posthalle. Bereits im April dieses Jahres beschloss der Bamberger Stadtrat einstimmig (!!), dass „die ehemalige Posthalle auf dem Lagarde-Gelände nachhaltig saniert und für eine kulturelle Nutzung gesichert werden soll." Darüber hinaus wurde die Stadtbau Bamberg GmbH damit beauftragt, dies in Zusammenarbeit mit dem städtischen Kulturamt umzusetzen. Über eine bis dahin angedachte, „lediglich rudimentäre Sanierung zur Ermöglichung einer kurzfristigen Nutzung“, ging dieser Beschluss weit hinaus.

Aus der für die heutige Sitzung erstellte Sitzungsvorlage geht hervor, dass nach einer ersten Baukostenschätzung, basierend auf der Kostenannahme der beauftragten Stadtbau GmbH, sich zur Sanierung der Posthalle Kosten in Höhe von über elf Millionen Euro ergaben. Rechnet man die zu erwartenden Zuschüsse aus diversen Quellen (Städtebauförderung u. a.) dagegen, bleibt immer noch ein rein städtischer Finanzierungsbedarf von über sieben Millionen Euro. Darüber hinaus sei mit einem jährlichen Defizit von circa 164.000 Euro zu rechnen, addiert man den Finanzierungsanteil hinzu, läge das Defizit bei knapp 665.000 Euro.

Da dies innerhalb der Verwaltung aufgrund der horrenden Zahlen als nicht umsetzbar angesehen wurde, stellte die Kulturreferentin der Stadt Bamberg, Ulrike Siebenhaar, heute den Mitgliedern des Kultur- und des Konversionssenats sozusagen den Plan B, also die Ertüchtigung der „Reithalle“ vor. Die Nutzfläche der Reithalle sei mit 1.300 m² zwar geringer als die der Posthalle (1.700 m²), aber sowohl der aktuelle Zustand der Halle und die Tatsache, dass es sich bei der Reithalle um ein sogenanntes „eingetragenes Einzeldenkmal entsprechend der Denkmalliste des Freistaates Bayern“ handele, lassen eine Entwicklung der Reithalle als Kulturraum wesentlich attraktiver erscheinen. Sowohl die geringeren Sanierungskosten als auch die wesentlich bessere Förderkulisse für dieses Einzeldenkmal „Reithalle“ würden für eine erheblich niedrigere finanzielle Belastung der Stadt Bamberg sorgen.

Vor diesem Hintergrund warb die Kulturreferentin gemeinsam mit Oberbürgermeister Starke zur Zustimmung für den Beschluss, „die Verwaltung damit zu beauftragen, für Planungsleistungen und erste Vorbereitungsmaßnahmen 1,0 Millionen Euro in den Haushalt einzustellen.

Die Zustimmung zu der Umstellung der bisherigen Planungen „Posthalle“ auf „Reithalle“, die die Verwaltung schon einmal vorweggenommen hatte, wurde von allen Fraktionen einmütig gelobt, ebenso wie das Engagement der Beteiligten und der bis dahin ehrenamtlich tätigen Gruppen, die sich für die Entwicklung der Lagarde-Kaserne als Kulturort einsetz(t)en. der verschiedenen Fraktion. Während die Fraktion „Grünes Bamberg“ ihrem Wunsch nach einem soziokulturellen Zentrum Nachdruck verlieh („egal ob Post- oder Reithalle“) war es für den Vertreter der Fraktion „Christlich Soziale Union - Bamberger Allianz) heute „ein guter Tag“.
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Stadtmarketing Geschäftsführer Klaus Stieringer, ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass sicher alle ein Kulturquartier gut finden würden. „In einem Gebiet für Menschen braucht es auch Kultur“ so Stieringer, „aber nicht zu jedem Preis!“. Er gab zu bedenken, dass „bestehende Kulturförderungen nicht darunter leiden dürften, wenn die Entwicklung und der Betreib der Reithalle ein momentan noch nicht abzuschätzendes Defizit verursachen würde, dass dann letztlich ausgeglichen werden müsste.“ Er stellte dann auch einen Ergänzungsantrag zum vorgeschlagenen Beschluss, dass neben den Planungsleistungen und Voruntersuchungen auch ein Betriebskonzept zu erstellen sei.
Norbert Tscherner, der Fraktionsvorsitzende des Bamberger Bürger Blocks gab zu bedenken, dass Bildung noch wichtiger als Kultur sei und man sich doch erst einmal intensiv um dieses Thema kümmern solle.
Ursula Sowa (Grünes Bamberg), die als Mitglied im Konversionssenat an dieser Sitzung teilnahm, stellte klar, dass aus Sicht des Bausenats die Reithalle eindeutig die bessere Lösung sei und bedankte sich bei der Verwaltung für den vorgenommenen Wechsel in den Planungen.
SPD-Fraktionsmitglied Heinz Kuntke wollte dem Projekt auf keinen Fall einen Blankoscheck ausstellen. Erst brauche es eine Planung, dann ein Konzept und dann können man auf Basis der Zahlen entscheiden. Dies rief Norbert Tscherner nochmals auf den Plan, der den Antrag stellte, die Entscheidung zu dem Beschlussvorschlag um ein Jahr zu verschieben.

Nachdem Oberbürgermeister Starke noch die ein oder andere Frage beantwortet hatte, ließ er dann abstimmen. Der Antrag Norbert Tscherners auf Verschiebung wurde abgelehnt. Der Kultursenat entschied sich dann für den abgeänderten Antrag zur Projektentwicklung (eine Gegenstimme), das gleiche Ergebnis ergab sich dann bei der Abstimmung im Konversionssenat. Damit kann nun darüber im Finanzsenat weiter beraten werden.

Selten waren sich die verschiedenen Fraktionen im Bamberger Stadtrat so einig wie heute und man kann nur hoffen, dass sich im Bamberger Osten was Neues entwickelt. Endlich!

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