Antonia Hausmann – Teleidoscope (nwog)
veröffentlicht am 30.05.2022 | Lesezeit: ca. 2 Min. | von Oliver Will
Teleidoscop – der Name ist Programm. Die Leipziger Posaunistin hört auf ihrem neuen Album genauer hin und dreht die Töne zu immer neuen Bildern. Experimentell die Kompositionen, suchend der Ductus, landschaftlich die Harmonielehre dieses Langspielers, der alles, nur nicht langweilig ist. Hausmann hält dem Hörer eine Linse der Entschleunigung vor, eine Zeit-Lupe, lädt ein in den synästhetischen Kosmos ihrer Klangwelten, die, achtsam gelauscht, Musik sind, schöne Musik und immer mal mehr. Reduziert oft, bei angenehmer Fülle: Das Glas ist immer halb voll, flüstert ihre Musik, verspricht ihr runder Ton. Zufällig, wiederholt, gedoppelt, wechselhaft die Themen. Sanft und frei die Melodien. Die der Posaune und die der Stimme. Bisweilen sehr bildlich, filmmusikalisch, manchmal chillige Lounge und doch stets herausfordernd und sensitiv impulsiv. Die Titel unterstreichen das. „All you can eat“: Track 2 mit 7:02 Minuten Länge. „Beijing“. „Niemandsland“. „Let`s talk“ mit 1:07. Essen wir lieber als wir reden?
Unkonventionell also. Die Posaunistin macht Musik, wie es ihr gefällt. Und scheint bei jedem Ton laut zu schmunzeln. Hier und da erinnert das ein wenig an Michael Wollny. Die frische, unverbrauchte Neoromantik steckt darin. Die Postromantik klingt durch. Die Musik steckt voller Poesie. Sie „denkt“. Selbst- und eigenständig. Nichts tut weh. Sie kommt von innen heraus. Das hat mit der Natur zu tun. Mit der Natur der Künstlerin, bei ihrem eigenen genussvollen Tanz mit ihrem Genie. Teleidoscope. Das ist solides Handwerk, das nicht hörbar ist. Und das ist ausnahmslos als Kompliment gemeint. Surfritt in Zeitlupe, Pause auf der Alm, Kniend im Gottesdienst, Picknick mit Schuss. Hausmanns Kompositionen bieten Bilder an. In verschiedenster Perspektive und für jedermann. Sie überschreiten die Grenzen des tonalen. Inspirieren. Erregen die Phantasie. Zur Deutung und Umdeutung von Ton in Bild und umgekehrt. Und ohne erkennbaren Missionsauftrag. Scheinbar aus dem Bauch heraus. Und last but not least: entschleunigend!