Szene

Die spielerische Leichtigkeit des Seins

AnnenMayKantereit mit neuem Album im Gepäck

veröffentlicht am 30.01.2023 | Lesezeit: ca. 5 Min.

AnnenMayKantereit

AnnenMayKantereit, Foto © MartinLamberty

AnnenMayKantereit. Ein Bandname, wie ihn die nicht immer wohlklingende deutsche Sprache nicht sperriger formulieren könnte. Doch all das hat seinen Sinn. Einen ganz einfachen sogar: Die Kölner Musikgruppe mit dem herrlich studentischen Touch ist schlichtweg mit den Nachnamen der drei Hauptprotagonisten benannt. Am 30. März gibt sich das Quartett mit der so außergewöhnlichen Bandhistorie in der Nürnberger Arena ein Stelldichein.

In Studentenkreisen, und längst nicht mehr nur in dieser durchaus konsum- und konzertaffinen Bevölkerungsgruppe, haben sich Frontmann Henning May, Christopher Annen (Gitarre, Mundharmonika) und Severin Kantereit (Schlagzeug) einen formidablen Namen geschaffen. Wo AnnenMayKantereit drauf steht, ist Hitpotenzial drin. Und das nicht einmal versteckt. Mal einfach, mal tiefgängig, mal lustig, oft nachdenklich, meist aus dem Leben gegriffen und für jedermann auch in sein Dasein zu transportieren – so das ziemlich einfach gehaltene textliche Grundrezept der Rheinländer. Gespickt mit allerlei Metaphern, akzentuierten, gleichwohl blumigen wie auch zum Schmunzeln anregenden, Vergleichen treffen die bekennenden Anhänger des 1. FC Köln den Nerv des Publikums seit vielen Jahren bereits. Das sprachliche garniert mit eingängigen Melodien, der wunderbar rauhen und markanten Stimme des Sängers, der sich – quasi als i-Tüpfelchen – wie seine beiden Mitstreiter auch als junggebliebener, symphatischer Typ auf der Bühne präsentiert: Auf den ersten Blick bedarf es heutzutage nicht mehr viel mehr, um in höhere Sphären deutscher Pop- und Rockmusik vorzudringen. Auf den zweiten Blick kristallisiert sich heraus, dass es wohl einiges mehr benötigt, als nur gut auszusehen und Talent. Es braucht vor allem enormen Fleiß und vermutlich noch mehr Glück. Und von beidem hatten AnnenMayKantereit mehr als nur eine Brise – Gemeinsamkeiten mit den Sportfreunden Stiller sind nicht nur rein zufällig auszumachen.

Wie die Germeringer Sportfreunde auch begannen die Kölner ebenfalls als Schulband. Nur zwei Jahre und unzähligen (durchaus grandiosen!) Auftritten als Straßenmusiker später veröffentlichten Henning May und seine Mitstreiter ihre erste selbst veröffentlichte Scheibe. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. AnnenMayKantereit zündeten schneller als so manche Silvesterrakete dies tut. Schon 2014, nur ein Jahr später, spielten sie auf den ersten großen Festivals und erspielten sich als Opener für die Beatsteaks und Clueso schnell eine formidable Fanbase. Der erste Major-Plattendeal ließ nicht lange auf sich warten und mit dem grandiosen, wie auch Vorgänger „Oft gefragt“ dreifach goldenen, Machwerk „Pocahontas“ war es endgültig vorbei mit dem Nischendasein für die Kombo, die mit „Barfuß am Klavier“ gleich noch eine platin-gekürte Single nachschoben – schon wieder fühlt man sich unvermittelt erinnert an die Sportfreunde Stiller. Was sich für die Kölner Band, die sich bis heute ihren Status als völlig normale, bodenständige Kumpelband erhalten hat, geändert hat? Nichts. Also eigentlich. Lediglich die Größe der Bühnen hat sich proportional nach oben verschoben. Auch da lassen die einige Jahre länger im Popzirkus turnenden Sportfreunde vehement grüßen. Im Jahr 2014 schon, ganz zu Beginn einer Erfolgsgeschichten, gab sich AnnenMayKantereit die Ehre im Nürnberger Club Stereo und im Bamberger Morph Club: Kleinste, aber feinste Locations für später durchstartende Musiker. Nur zwei Jahre später schon war es der Löwensaal, den die virtuosen Kollegen füllten. 2018, weitere zwei Jahren später, war die Erlanger Heinrich-Lades-Halle gerade noch ausreichend für die Besucherströme. Jetzt also die Brose Arena (2019) und nach 2020 zum zweiten Mal die Nürnberger Arena: May und seine Mitstreiter, die seit dem gerade abgelaufenen Jahr von Sophie Chassée als neuer Bassgitarristin begleitet werden, sind angekommen im großen Popzirkus. Und noch immer so, wie sie immer waren. Zuletzt füllten sie fast schon locker zum Jahresabschluss kurz vor Weihnachten die heimische Lanxess-Arena in Köln an gleich zwei Abenden – und auch bei der bevorstehenden Tournee sind bereits mehrere Konzerte restlos ausverkauft.

Im Gepäck haben AnnenMayKantereit am 30. März in der Arena das drei Wochen vor dem Nürnberg-Gig veröffentlichte neue Machwerk „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“. „Es ist Abend und wir sitzen bei mir. Wir spielen Karten und ich bin am verlieren. Kommst du vorbei?“ – bedarf es mehr Worte, um Bodenständigkeit zu beschreiben? Wohl kaum. Und genau deswegen kann man sich auf AnnenMayKantereit so freuen. Und natürlich wegen Mays begnadeter sonorer Stimme, ein wohl einzigartiges Geschenk für Musikfreunde. Aber auch aufgrund der Geschichten von und mit der Band in den Songs und auch zwischen den Liedern. Es kehrt nach zwei verrückten Jahren Normalität ein im Leben. Gefühl mit enormer Leichtigkeit. Es bleibt dabei: Das einzig sperrige ist die Aneinanderreihung dreier Nachnamen für einen Bandnamen. Es sei den Kreativköpfen verziehen. Sie überzeugen dafür sonst in allen Belangen nahezu spielerisch.

Weitere Informationen unter https://www.concertbuero-franken.de/

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