Unterwegs

JR:Chronicles

Der Change-Manager der Kunstwelt in der Kunsthalle München

veröffentlicht am 19.12.2022 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Oliver Will

JR (geb. in Frankreich, 1983) The Chronicles of New York City, 2018–19 Tintenstrahldruck auf Vinyl

JR (geb. in Frankreich, 1983) The Chronicles of New York City, 2018–19 Tintenstrahldruck auf Vinyl, Foto © JR-ART.NET

Die aktuelle Retrospektive JR:Chronicles in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München reflektiert mit dem berührenden wie faszinierenden Werk von JR Kunst am Puls der Zeit, die sich als große transformative Kraft beweist, als Motor veränderter Perspektiven. Es sind die Grenzgänge eines Grenzgängers, die die Narrative an ausgewählten Orten auf den Kopf stellen. Wenigstens auf Zeit. Es sind bittere Realitäten, die fokussiert werden. Es ist die Hoffnung, die aus den Werken spricht. Die Erfahrung, dass mindestens unser Denken durch Kunst verändert werden kann: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“! JR tut. An der amerikanisch-mexikanischen Grenze, im Zentrum des israelisch-palästinensischen Konflikts, in den Favelas Brasiliens und in seiner Heimat, den Banlieues von Paris. Wo er mit dem Taggen seines Namens FACE 3 in der Graffiti-Szene startet. Um mit einer Videokamera den Weg Richtung Streetart-Künstler zu bestreiten, dem sich gegenwärtig die Kunsthallen dieser Welt öffnen. Es sind Porträts, die ihn faszinieren, von Gesichtern, die Grimassen schneiden, Gesichtern, die gegen Klischees ankämpfen, Gesichtern, die vordergründig eines leisten: sie geben den Menschen dahinter Identität. Und in Konsequenz seiner gemeinschaftlichen Projekte, die stets stark partizipativ angelegt sind, auch Kollektivität. JR vereint, was unvereinbar, was entzweit scheint. Er setzt Sympathie und Komik in verkannte Gesichter, hinterfragt vorhandene Grenzen in den Menschen und um sie herum. Bringt Menschen zusammen, die augenscheinlich nicht zusammengehören sollen, obwohl sie nichts trennt. Nichts trennen muss. Und findet immer wieder eine leichte Antwort: Es geht auch anders. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ JR blickt den Menschen ins Gesicht und hört ihre Geschichten. Toleriert deren Sichtweisen und Hintergründe und dringt damit weit hinter die Kulisse, überwindet Klischees auf die scheinbar natürlichste Weise. Und sagt jedem immer wieder: Das bist Du. Das ist Deine Identität. Und in dieser Gemeinschaft darfst du sein, wer du bist. Einzigartig und dazu gehörig. Die Kunstwelt kann solche Botschaften gut vertragen. Und offensichtlich gegenwärtig auch sehr gut transportieren. Chapeau!

Noch bis 15. Januar
täglich 10 bis 20 Uhr
Ausnahmen:
24.12.2022: geschlossen
31.12.2022: 10–17 Uhr

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung
Theatinerstraße 8
(in den Fünf Höfen)
80333 München
T +49 (0)89 / 22 44 12

www.kunsthalle-muc.de

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