Mixtur

Frankfurts einzigartige Museumslandschaft

Unterwegs zwischen Städel, Schirn und Sinclair-Haus

veröffentlicht am 04.08.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.

Es war der damalige Kulturdezernent der Stadt Frankfurt am Main und spätere Präsident des Münchner Goethe-Instituts Hilmar Hoffmann, der 1977 die Idee zu einer Anhäufung von Museen am Mainufer hatte. Die Museumslandschaft Frankfurts zählt fraglos zu den abwechslungsreichsten, üppigsten und bedeutendsten, die Deutschland zu bieten hat. Rund fünf Dutzend Pinakotheken, Kunsthallen und Ausstellungshäuser ganz unterschiedlicher Größe haben sich inzwischen in der Ebbelwoi-und-Banken-Stadt angesiedelt. Der in optimaler Lage befindliche, sechsundzwanzig Häuser umfassende Kern dieser Museumslandschaft lässt sich auf kurzen (Fuß-)Wegen in Augenschein nehmen.

Allein dreizehn Museen liegen am Museumsufer zwischen dem Eisernen Steg und der Friedensbrücke in unmittelbarer Nähe zum Main. Über sieben Brücken (1978 Karat, Peter Maffay 1980) muss man bei deren Erkundung gehen. Sie stehen symbolisch für die Vernetzung der Museen mit ihren mannigfachen Schwerpunkten, für den Brückenschlag, für die verbindende Funktion von Kultur und Kunst. Direkt am Mainufer liegt das nach seinem Begründer kurz Städel genannte Museum, das im kommenden Jahr auf zwei Jahrhunderte zurückblicken kann. Vom Mittelalter bis ins Hier und Jetzt reichen die spektakulären Exponate des Städel.

Mit Dürer und Cranach sind zwei bedeutende Franken vertreten, zu den weiteren Glanzstücken der Sammlung zählen Gemälde von Botticelli, Rembrandt, Vermeer, von den Im- und den Expressionisten, von Otto Dix und Paul Klee sowie von dem großartigen Vertreter und Mitbegründer des Nouveau Réalisme, Yves Klein. Klein war, dies nur nebenbei, mit dem Düsseldorfer Otto Piene gut befreundet. Piene, im April 1928 geboren und zehn Tage älter als Klein, ist jetzt Mitte Juli in Berlin gestorben. Der oft monochrom in Blau arbeitende Klein hingegen ging Piene lange schon voraus. Er erlag anfangs Juni 1962 in Paris einem Herzinfarkt.

Anno 1845 war das Städel das erste Kunstmuseum weltweit, welches Fotografien ausstellte. In einer aktuellen Sonderschau zeigt es bis zum 5. Oktober einen Querschnitt an Lichtbildern von den Anfängen bis 1960. Pioniere wie Gustave Le Gray und Julia Margaret Cameron sind ebenso vertreten wie August Sander und Dora Maar. Hinzu kommen aber auch nahezu vergessene Fotografen. Zu den renommiertesten Kunsthallen Europas zählt die 1986 eröffnete Schirn. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, mit prägnanter Stimme brisante Themen zu vergegenwärtigen. Derzeit tut sie das (noch bis zum 12. Oktober) mit der Schau „Paparazzi – Fotografen, Stars und Künstler“. Mehr als ein halbes Tausend Fotoarbeiten und Dokumente erlauben einen frischen Blick auf ein globales Phänomen. Britney Spears, Lady Di, Jackie Kennedy-Onassis hatten sich wieder und wieder den Blitzlichtgewittern der Paparazzi auszusetzen. In der Ausstellung beziehen außerdem Cindy Sherman, Richard Avedon und Andy Warhol, neben anderen, Position.

Die Entwicklung der Skulptur lässt sich im Liebighaus anhand herausragender Arbeiten aus fünf Jahrtausenden, von der Antike bis zum neuzeitlichen Klassizismus, verfolgen. Auch eine feine Auswahl an asiatischen Skulpturen ist hier vertreten. Zu den grandiosen Bauten der Postmoderne gehört das Museum für Moderne Kunst (MMK), für dessen Architektur der Wiener Hans Hollein gesorgt hat. Das MMK deckt die Sparten Malerei, Skulptur, Video und Fotografie, aber auch Licht-, Klang- und Performancekunst ab. Sowohl die europäische als auch die amerikanische Kunst seit den Fünfzigern sind exzellent vertreten. Es finden sich ganze Werkgruppen beispielsweise von Roy Lichtenstein, Frank Stella, Rosemarie Trockel, Gerhard Richter und Thomas Bayrle.

Die Schätze der Frankfurter Museumslandschaft scheinen schier unerschöpflich. Dem Film, der Archäologie, der Architektur, der Kommunikation und den Weltkulturen gelten je eigene Museen. Und dann sind da ja noch, um nur einige weitere Beispiele anzuführen, das Historische und das Jüdische Museum, das Goethe gewidmete Museum und die naturkundlichen Sammlungen des Senckenberg. Dessen Dinosaurier-Abteilung wird gerade von Kindern gern frequentiert.

Vierunddreißig Museen – darunter auch das nach dem Freund Hölderlins benannte Sinclair-Haus in Bad Homburg sowie das Buch- und Schriftkunst darbietende Klingspor-Museum in Offenbach – lassen sich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit dem MuseumsuferTicket erkunden. Es schlägt mit 18 Euro zu Buche, die Familienkarte für zwei Erwachsene und deren noch nicht volljährige Kinder oder Enkelkinder kostet gerade mal 28 Euro. Also unbedingt zugreifen!

An den drei letzten Augusttagen feiert Frankfurt seine Museen und den Main in einer einzigartigen Kombination von Kunst und Kultur, Musik und Gastronomie direkt am Flussufer im Herzen der Stadt. Mit etwa drei Millionen zu erwartenden Besuchern gehört das Museumsuferfest zu einem der größten Kulturfestivals auf dem europäischen Kontinent.

Copyright Fotos:

Städel Museum, Außenansicht © Norbert Miguletz / Städel Museum

MMK Museum für Moderne Kunst, Zentrale Halle, © Norbert Miguletz

Städel Museum, Sammlungsbereich Moderne, Ausstellungsansicht © Ulrich Mattner / Städel Museum

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