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Kinder führen Kinder

Ein museumspädagogisches Konzept der erfolgreichen Art.

veröffentlicht am 04.08.2014 | Lesezeit: ca. 3 Min.

Wer von uns kennt es noch, das schrille Kreischen, wenn die Kreide langsam über die Schiefertafel wandert um den davor sitzenden Schülerinnen und Schülern Wissen zu veranschaulichen? In Zeiten multimedialer Klassenzimmer, in denen bereits Fünftklässler ihre Referate mit Laptop und Beamer präsentieren, sicher nur die Älteren unter uns. Solche Erfahrungen kann man als Schüler aber auch heute noch machen, ein Besuch im Heimatmuseum Ebern reicht dazu völlig aus. Was allerdings anders ist ist die Tatsache, dass im „Unterrichtsraum“ kein Lehrer doziert, sondern vielmehr ein Gleichaltriger, der in einem intensiven Prozess zum „Museumsführer der besonderen Art“ ausgebildet wurde.

Was in anderen Städten bzw. Museen schon länger zum Konzept gehört, wurde im Heimatmuseum Ebern 2013 erstmals in Angriff genommen. In einer gemeinschaftlichen Aktion haben der Bürgerverein Ebern, der gleichzeitig Trägerverein des Heimatmuseums ist, die Grund-, Mittel- und Realschulen Eberns und einige Einzeluntersützer ein museums-pädagogisches Konzept auf die Beine gestellt, das diesen Namen auch wirklich verdient.

Im Sommer 2013 trafen sich insgesamt 44 Kinder mit der Kunsthistorikerin und Museums-pädagogin Annemarie Heuler erstmals im Heimatmuseum, um sozusagen den Startschuß für ihre Ausbildung zum Museumsführer zu beginnen. Zunächst erkundeten die Schülerinnen und Schüler das Museum sozusagen auf eigene Faust und jeder wählte dabei drei Objekte aus, die für ihn am interessantesten erschienen und die sie bei einer späteren Führung eventuell zeigen wollten. Bei dem sich anschließenden, gemeinsamen Rundgang musste jeder seine Wahl erklären, alles wurde genauestens dokumentiert. In weiteren Terminen wurde das Wissen zum Museum vertieft, oftmals konnten zur Vorstellung der einzelnen Ausstellungen Experten hinzugezogen werden, die in teils historischer Aufmachung tiefergehende Fachkenntnis an die Kinder weitergaben. Dabei war das historische Schulzimmer genau so Thema wie „Waschen wie zu Omas Zeiten“.

In drei aufeinanderfolgenden Ausbildungsrunden erfuhren die Schüler detaillierte Kenntnisse unter anderen aus den Bereichen Religion, Papierherstellung, Sattlerei, Politik, Wirtschaft, dem häuslichen Leben und der Landwirtschaft. Am Ende der Themenführungen fanden sich die Kinder in Zweiergruppen zusammen und legten die Themen für ihre eigenen Führungen fest.

Seit dem Herbst 2013 bereiten die jugendlichen Museumsführer in Zweierteams ihre Führungen vor. Gemeinsam mit der Museumspädagogin werden Informationen zu den selbst gewählten Themen erarbeitet und, quasi nebenbei, auch noch Führungskompetenz erprobt und vermittelt. Denn Fachkenntnis ist nicht alles, wichtig für den Erfolg sind zum Beispiel auch sicheres Auftreten, gute Rhetorik und passende Gestik und Mimik. Sofern erforderlich, werden parallel zur Theorie auch pädagogische Hilfsmittel, wie beispielsweise Nachbauten von Ausstellungsstücken gebaut, damit die Führungen noch anschaulicher gestaltet werden können.

Nach über einem Jahr Vorbereitungszeit sollen nun diesen Sommer die ersten Führungen durch die ausgebildeten Schülerinnen und Schüler stattfinden. Weitere Informationen wie Anfahrt und Öffnungszeiten findet man unter www.heimatmuseum-ebern.de.

Copyright Foto: © Stefan Andritschke

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