50 Jahre Jazz in Bamberg, eine Geschichte die untrennbar mit einem Verein verbunden ist, dem Jazzclub Bamberg e.V. Im Herbst 1973 schaltete der Jazz-Enthusiast Wolfgang Metzner (nicht identisch mit dem SPD-Stadtrat) ein Inserat im Fränkischen Tag: „Freunde des Jazz, bitte melden!“ und bringt damit den Stein ins Rollen. Fast ein Jahr später, im Sommer 1979 kommen namhafte Jazzer für Konzerte nach Bamberg: Laco Deczi, Gunther Hampel, Alan Praskin. Im privaten Biergarten von Horst de Parade beschließt der enge Kreis der Jazzfreunde die Gründung eines Clubs. Am 1. Oktober 1974 wird die Satzung bei der ersten Mitgliederversammlung im Luitpoldkeller verabschiedet. Drei Jahre später bezieht der Jazzclub e.V.. sein Domizil in der Oberen Sandstraße 18. Zuvor fanden die Konzerte in diversen Gaststätten, Kellern und Cafés statt. 1983 übernimmt Georg Fößel die Programmleitung von Randolf John, 1989 tritt Marianne Benz als Erste Vorsitzende die Nachfolge von Randolf John an. 1997 erfolgt die Generalsanierung des Kellers, inkl. Einbau einer Lüftungsanlage, Ausbau des Thekenraums, Freilegung der Sandsteinwände. Generell wird das Club-Inventar kontinuierlich ausgebaut und verbessert. 2014 erscheint zum 40-jährigen Bestehen das Buch „Jazz Keller Bamberg“ inkl. Audio-CD (das heute noch an Neumitglieder überreicht wird). Seit 2020 zeichnet Roland Fuchs für das Programm im Jazzkeller verantwortlich.
So kurz und knapp sich die Geschichte des Jazzclub Bamberg e.V. liest, so umfangreich und mannigfaltig war sein bisheriges Wirken. Und um das entsprechend zu würdigen, bieten die Verantwortlichen schon das ganze Jahr ein außergewöhnliches Programm für alle Jazzbegeisterte. Und nun kommt es im Oktober zum Jubiläumshöhepunkt.
Am 2. Oktober findet ab 20 Uhr in der Kulturfabrik Bamberg (Ohmstraße 3) die Jubiläumsabend Feststunde „50 Jahre Jazzclub Bamberg“ statt. Mit kurzweiligen und intelligenten Beiträgen von langjährigen Wegbegleitern, Musikern und Freunden wird ordentlich gefeiert. Zu Wort kommen die Erste Vorsitzende Marianne Benz, OB Andreas Starke, der Musiker und Festredner Henning Sieverts sowie der Buchautor und Chronist Oliver van Essenberg. Die musikalische Umrahmung gestaltet das Bamberger Jazz-Urgestein Otto Herzog (Jg. 1934!!) mit seiner Swing & Blues Band. Nach der Feststunde bleibt Raum für lockere Gespräche. Die Anzahl freier Plätze ist begrenzt. Reservierungen sind nicht möglich.
Nur einen Tag später, am 3. Oktober spielen ab 16 Uhr Jazz Jamboree Stamm-Musiker auf. Die Jam-Session ist im Jazz eine feste Größe. Aber ein „Jamboree“? Das Wort hängt mit dem „Jam“ zusammen und bezeichnet ein „friedliches Treffen aller Stämme“. An diesem Tag sind die Stämme lokale Jazz-Musiker, genauer gesagt: Vier Bands, die vom Nachmittag bis in die Abendstunden spielen: 16.00 Uhr Captain Fusion – DIE Jazz Rock-Formation aus Bamberg! Puristischer Jazz und stilechter Rock. 17.30 Uhr Nice Noize Trio – Souliger Jazz und Latingrooves von Norbert Schramm (Gitarren), Günter Schmuck (Hammond Orgel, analoge Synths) und Jens Liebau (Drums). 19.30 Uhr Schmuck-Schullan-Hellwich – Das Trio stellt sein aktuelles Programm vor. Begleitung: Christian Hellwich (Bass), Bernhard Schullan (Drums). 20.30 Uhr Patrick L. Schmitz Band – der Schauspieler Patrick L. Schmitz singt Coverversionen beliebter Songs in feinen Unplugged-Versionen, mit klassischer und jazziger Begleitung (Klavier, Sax, Bassgeige, Schlagzeug).
Am darauffolgenden Freitag, 4. Oktober, geht es ab 20 Uhr im Spiegelsaal (Schillerplatz 7) mit „Baby Sommer’s Brother & Sisterhood weiter“. Günter „Baby“ Sommers Großprojekt kann angesichts seiner hochkarätigen Besetzung als ein Gipfeltreffen gesehen werden. Das Ensemble erweist Chris McGregor’s legendärer „Brotherhood Of Breath“ eine Referenz. Mit ungezügelter Spielfreude erweckt es den grenzenlosen Geist der damaligen Pioniere zu neuem Leben, in Kompositionen „Baby“ Sommers und anderer Ensemblemitglieder ebenso wie in den Originalen der 1970er Jahre. Ekkehard Jost beschreibt die Brotherhood in seinem Buch „Europas Jazz“ als „Kern einer freejazzmusikalischen Explosion, deren Epizentrum nicht im Klang, sondern im Rhythmus liegt.“ Den „Schwestern und Brüdern“ gelingt es, diese Tradition mitreißend aufzugreifen und ins Heute zu transformieren. 2023 wurde Günter Sommer, liebevoll „Baby“ genannt, 80 Jahre alt. Seine Formation steht einmal mehr für filigrane und hochenergetische Musik. Die Begrüßungsworte wird Nora E. Gomringer sprechen, die als Lyrikerin mit dem Bandleader bereits ein gemeinsames Programm gestaltet hat.
Am 5. Oktober steht dann ab 20 Uhr das „Eastern Boundary Quartett“ auf der Bühne des Jazzclubs. Das Quartett ist ein Gemeinschaftsprojekt mit ungarischen Meistermusikern und zwei New Yorkern, die zu Stammgästen in dem Club zählen. Schlagzeuger Balazs Bagyi und Saxophonist Mihaly Borbely treten gemeinsam mit dem Bassisten Joe Fonda und dem Pianisten Michael Jefry Stevens auf. Seit der Gründung im Jahr 2007 tourte das Quartett mehrfach durch Europa und die USA. Die Gruppe hat vier CDs veröffentlicht. Das Eastern Boundary Quartet spielt Originalkompositionen aller Mitglieder und wurde mit der Vorstellung gegründet, zwei Welten der heutigen Jazzszene zu verbinden. Ungarische Volksrhythmen und -melodien verschmelzen mit Jazzharmonien und -rhythmen zu einer originellen Einheit. Aus der Zusammenarbeit entsteht eine einzigartige Mischung aus Avantgarde-Jazz und Ethnomusik, eine kulturelle Brücke zwischen den USA und Osteuropa, basierend auf Talent, Respekt, Brüderlichkeit und Freundschaft.
Im Jubiläumsmonat Oktober findet die Jazz Session ausnahmsweise nicht am ersten Mittwoch des Monats statt, sondern am Sonntag, dem 6. Oktober und sie beginnt nicht abends, sondern schon um 11 Uhr. Als Snacks gibt es Weißwürste, die die Küche des „Stilbruch“ zubereitet. Gewürzt mit einer ordentlichen Prise Jazz, schmecken sie erst recht gut.
Am 11. Oktober dann einmal etwas herzerfrischend anderes im Bamberg Jazzclub. Mit „Hildegard lernt fliegen“ steht eine Schweizer Formation des Avantgarde Jazz auf der Bühne, die 2005 gegründet wurde, um hauptsächlich Eigenkompositionen des Bandleaders Andreas Schaerer zu realisieren. Sturm? Die Ruhe. Anderthalb Jahre hat sie gedauert. Anderthalb Jahre des Lauschens, der inneren Einkehr und musikalischer Spitzkehren. Vom Sturm zur Welle, zur Schaumkrone, zu neuen Ufern, in ungeahnte Tiefen. Die neue alte Hildegard ist weiser, Bescheidenheit stand ihr nie gut, Entschiedenheit immer exzellent, Fragen traten aber schon auf. Liebling, machen wir es uns bei Zuckerwatte im Atombunker gemütlich oder gehen wir ins Freie, mal schauen, was der Wind so mit sich bringt? Reiten wir die Welle oder reitet uns der Wahnsinn? Nach 15 Jahren um die Welt Hildegardierens lässt die Band ihre alten Perücken ins Kielwasser gleiten und blickt über das Wasser. Sie faltet Papierschiffchen aus den alten Partituren und lässt sie auf den Wellen tänzeln. Der Sänger Andreas Schaerer könnte heute Frack tragen, der Wetsuit ist ihm lieber. Mit dabei sind immer noch seine Freunde, die Königsfischer und Perlentaucher, sie sinken jedoch tiefer als bisher, bis auf den Grund und unter die Haut. Besetzung: Andreas Schaerer (voc, beatboxing), Andreas Tschopp (Posaune), Matthias Wenger (Sax), Benedikt Reising, (Sax), Marco Müller (Bass), Christoph Steiner (Drums, Marimba). Die Marimba ist eine Leihgabe der Musikschule Bamberg.
Mit dem Auftritt des Ingi Bjarni Quintet am 20. Oktober beginnt der Endspurt im Konzertmarathon des Jazzclub Bamberg e.V.. Der isländische Pianist und Komponist Ingi Bjarni ist ein improvisierender Klangmagier, viel gelobt von der Fachpresse für seine innovativen Arrangements. In seinem Quintett bringt er Künstlerfreund:innen aus seiner Wahlheimat Skandinavien zusammen: den norwegischen Trompeter Jakob Eri Myhre, die estonische Gitarristin Merje Kägu, den schwedischen Doppel-Bassisten Daniel Andersson und den norwegischen Drummer Torje Ljokelsoy. Das aktuelle Album „Farfuglar“ ist eine Sammlung von Originalkompositionen. Die Idee dahinter ist, dass Musik immer eine Entdeckung sein kann. Außerdem können wir uns durch Musik verbinden, egal wie weit wir voneinander entfernt sind. Das Album ist inspiriert von Jazztradition, Volksmusik und elektronischer Musik. Aber am Ende spiegelt es Ingis Wunsch wider, durch Genres geprägte Grenzen zu überwinden.
Die letzten werden die Ersten sein - so, oder so ähnlich muss man den Auftritt von Vincent Herring & Soul Chemistry feat. E. Terakubo sehen, wenn sie am 25. Oktober mit ihrem brillianten New York Jazz den Schlusspunkt im Bamberger Jazzkeller setzen. Vincent Herring und Joris Dudli blicken auf eine lange und fruchtbare Zusammenarbeit zurück, doch ihre neueste Ausgabe von SOUL CHEMISTRY wird mit besonderer Spannung erwartet! Zusammen mit Shootingstar Erena Terakubo an den Saxophonen, den Spitzenmusikern Urs Hager am Klavier und Ignasi Gonzalez am Bass hat diese Band das Zeug, um swingendgroovigen und stets äußerst gefühlvollen Jazz von heute zu produzieren. Louis Reitz aus Weiden fasst es so zusammen: „Sie agieren blind aufeinander und kennen keine technischen Grenzen. So muss es geklungen haben, als Charlie Parker mit seinen Komplizen in Minton’s Playhouse in den 40er Jahren den Bebop entwickelt hat. Aus simplen Melodielinien werden aus dem Augenblick immer neue Kunstwerke erschaffen, kein Auftritt gleicht dem anderen. Vincent Herring steht in der Tradition von Charlie Parker, sein Ton geht unter die Haut, seine Fingerfertigkeit fasziniert und er versteht es, die Spannungsbögen zu halten... Zum angenehmen Ambiente tragen auch Herrings Ansagen zu den Stücken bei, wobei es an Anspielungen auf die gegenwärtige politische Situation in den USA nicht fehlt. Mit Ironie und hintergründigem Humor erzählt er Anekdoten oder auch frei erfundene Geschichten.“
Ein Konzertprogramm der Extraklasse, anders kann man es nicht nennen was Programmplaner Roland Fuchs auf die Beine gestellt hat. Auf jeden Fall eines 50-jährigen Jubiläums mehr als würdig. Wer mehr wissen will… www.jcbamberg.de. Oder aber den kompletten Programmflyer einfach hier downloaden.