Hier fällt die Kunst nicht ins Wasser
Die Kunsthalle Schweinfurt als Bestandteil der städtischen Kulturpolitik
veröffentlicht am 30.09.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.
Dass man hier einmal Kunst in Vollendung genießen könnte, das haben sicherlich die wenigsten gedacht, als das Gebäude der heutigen Kunsthalle Schweinfurt 1927 qua Schenkung des Industriellen Ernst Sachs an die Stadt Schweinfurt in deren Besitz überging. Zunächst dem Schwimmsport gewidmet, wurde der Solitärbau mit dem repräsentativen Vorplatz 1944 bei Luftangriffen schwer beschädigt und vorrübergehend geschlossen. Nach Kriegsende und gründlicher Erneuerung 1949 wieder als Schwimmbad eröffnet, dauerte es 54 Jahre, bevor sich der Schweinfurter Stadtrat auf eine Umnutzung als städtische Galerie einigen konnte. 2006 begann man dann mit der Neugestaltung des ehemaligen Ernst-Sachs-Bades zur Kunsthalle.
Im Anschluss an die Grundsteinlegung im Oktober 2007 dauerte es bis zum März 2009, bis der Umbau fertig gestellt war und man mit dem Umzug aus der „Galerie Alte Reichsvogtei“ in die Kunsthalle beginnen konnte. Nach den „Tagen der offenen Tür“, die vom 07. Mai bis zum 10. Mai 2009 stattfanden, und bei denen sich 12.000 Besucher das Erdgeschoss anschauen konnten, erfolgte am 28. Mai 2009 die offizielle Eröffnung der „Kunsthalle Schweinfurt im Ehemaligen Ernst-Sachs-Bad“. Für eine Bausumme von 13,7 Millionen Euro konnten seinerzeit 1.890 Quadratmeter Ausstellungsfläche „gebaut“ werden.
Als erste Exhibition in den neuen Räumen zeigte man am 18. Juni 2009 die Ausstellung „Franz Hitzler. Farbe, Furcht und Engel. Bilder und Keramiken“. Seitdem hat sich das Haus einen Ruf erworben, der weit über die Grenzen des östlichen Unterfrankens zu vernehmen ist. Die Auswahl der hier gezeigten Ausstellungen führte nicht zuletzt dazu, dass die Kunsthalle Schweinfurt, mit drei weiteren Museen in Bayern, aus über 140 Bewerbungen für den bayerischen Museumspreis 2011 nominiert wurde. Ein musealer Ritterschlag sozusagen. Als vorläufige Höhepunkte dürfen wohl die 2013 durchgeführte Landesausstellung „Main und Meer“ und die bis zum 30. März dieses Jahres gezeigte Ausstellung „Sammlung Gunter Sachs“ genannt werden.
Aber getreu dem Motto „Nach der Ausstellung ist vor der Ausstellung“ arbeitet das Team um Dr. Erich Schneider nicht nur an der Bestandswahrung, sondern an immer neuen Schätzen.
Die Dauerleihgaben der Sammlung Joseph Hierling, der seit Jahrzehnten eine umfangreiche Sammlung zur Kunst der Verschollenen Generation zusammengetragen hat, spielen schon eine prägende Rolle im Konzept der Kunsthalle Schweinfurt. Mit der Übernahme der rund 350 Gemälde umfassenden Sammlung Joseph Hierling zunächst als Dauerleihgabe bietet sich die Möglichkeit, ein wichtiges Kapitel der deutschen Malerei zwischen den beiden Weltkriegen anhand hervorragender Beispiele zeigen zu können.
Nach eineinhalbjähriger Abstinenz konnte im Frühjahr 2014 die städtische Kunstsammlung wieder ihre für Dauerpräsentationen vorgesehenen Räume im Erdgeschoss der Kunsthalle beziehen. Unter dem Begriff „Wegmarken“ wird eine chronologisch aufgebaute „Hängung“ präsentiert, die den Besucher so durch die Sammlung führen soll. Darüber hinaus erlaubt die Chronologie eine zeitliche Anknüpfung an die vorab erwähnte Sammlung Joseph Hierling. Aber natürlich beschränkt sich die Kunsthalle Schweinfurt nicht auf Dauerausstellungen.
Noch bis zum 02. November läuft die Ausstellung „Feld-, Wald- und Wiesenlandschaften“ mit Exponaten aus der Sammlung Joseph Hierling. Damit ist keinesfalls die als durchschnittlich charakterisierte „Feld-, Wald- und Wiesenmalerei“ gemeint, sondern vielmehr wird versucht, die besondere Leistung jener Künstler des 20. Jahrhunderts herauszustellen, die unter dem Oberbegriff des Expressiven Realismus zusammengefasst werden und unter anderem auf dem Gebiet der Landschaftsmalerei tätig waren.
Vom 17. Oktober bis zum 22. Februar 2015 wird in der großen Halle die Ausstellung Helmut Pfeuffer - „Pathos und Verwandlung“ gezeigt. Der 1933 in Schweinfurt geborene Pfeuffer, der zunächst ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und Stuttgart absolvierte (in Stuttgart traf er auf seinen Lehrer und Mentor Manfred Henninger), arbeitete ab 1960 als freischaffender Maler in München. 1963 tauchen die ersten Figurenkompositionen mit kritischen und erotischen Bildthemen auf. Als besonders wichtiges Produkt dieser Periode gilt das 1965 gemalte Bild „Traum“. Bis Anfang 1980 dauerte es, ehe Pfeuffer mit seiner Kunst verstärkt in Ausstellungen wahrgenommen wurde, im gleichen Jahr erhielt er den Förderpreis für Malerei der Stadt München. Einer ersten Retrospektive im Jahr 1985 folgte die Übersiedlung nach Gut Irnberg, wo er 1987 mit den Arbeiten am „Mahler-Zyklus“ begann. Auch heute noch lebt und arbeitet Pfeuffer dort.
Von München bis nach Berlin, von Wien bis nach London und nicht zuletzt in der Kunsthalle Schweinfurt sind die Werke Helmut Pfeuffers zu bewundern. Die Liste seiner Einzelausstellungen und seiner Ausstellungsbeteiligungen ist lang, jetzt kommt noch ein Eintrag hinzu.
Als dritte Wechselausstellung, die noch in diesem Jahr beginnt, zeigt die Kunsthalle Schweinfurt vom 21. November 2014 bis zum 12. April 2015 Werke des 1908 in Hamburg geborenen und 1967 in Berlin verstorbenen deutschen Bildhauers Karl Hartung. Nach seiner Lehre als Holzbildhauer und einem Studium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und später in Paris, rückte er seine zunächst gegenständlich orientiere Kunst ab 1935 in die Nähe abstrakter Formen. Nach einer auch durch persönliche Einschränkungen geprägten „nationalsozialistischen Kulturpolitik“ errang Hartung in den Nachkriegsjahren erste Anerkennung. Im Anschluss an seine Berufung zum Professor für Bildhauerei an die Hochschule für bildende Künste in Berlin im Jahr 1951 nahm er an der documenta I (1955), documenta II (1959) und documenta III (1964) in Kassel teil. Hartungs „Große Kugelform“, die 1956 in Hannover aufgestellt wurde, ist vermutlich die erste abstrakte Kunst im gesamten deutschen öffentlichen Raum.
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