Mixtur

Salvador Dalís Blätter zu Dante

Hölle und Himmel im Deutschordensmuseum

veröffentlicht am 30.09.2014 | Lesezeit: ca. 5 Min.

„Helfen, wehren, heilen“, so lautet die knappe Devise des Deutschen Ritterordens. Gegründet wurde der „Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“, wie er sich vollständig nennt, 1190 während der Zeit der Kreuzzüge im Heiligen Land. Bald entwickelte sich auf dem Gebiet des späteren Preußen ein mächtiger Ordensstaat. Was vielen gar nicht bewusst ist: Noch heute existiert der Deutsche Orden und wirkt, von Wien aus geleitet, im sozial-karitativen Bereich.

Seit 1219 war der Orden in (Bad) Mergentheim ansässig. Zwischen 1527 und 1809, als Napoleon den Orden in den Rheinbundstaaten aufhob, diente das wahrhaft prächtige Deutschordensschloss den Hoch- und Deutschmeistern als Residenz. Vor bald zwei Jahrzehnten wurde im Schloss das Deutschordensmuseum eingerichtet. Es gewährt Einblicke in die Ordensgeschichte von den Anfängen bis heute.

Es ist aber wesentlich mehr als allein die Historie des Deutschritterordens, mit denen das Museum aufwarten kann. Mit Bad Mergentheim untrennbar verbunden ist ja auch der Name Eduard Mörike. Von 1844 an, ein Jahr, nachdem er sich wegen seiner angeschlagenen Gesundheit vom Pfarrdienst hatte freistellen lassen, lebte der Verfasser der Künstlernovelle „Maler Nolten“ (1832) in der Stadt und konnte sich ganz dem Schreiben widmen.

In dem vor einem Jahrzehnt neu gestalteten Mörike-Kabinett spielt ein Haushaltsbuch des Dichters eine große Rolle. Durch die darin festgehaltenen Aufzeichnungen und gerade auch durch Mörikes illustrierende Zeichnungen entsteht ein eindrückliches Bild vom Alltagsleben in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine lebensgroße Figur, geschaffen von dem Bildhauer Leo Wirth, setzt den Dichter gekonnt in Szene. Natürlich dürfen auch Autographen und kostbare Erstausgaben nicht fehlen, und eine Hörstation präsentiert Gedichte aus Mörikes Mergentheimer Zeit, die mit der Heirat in der Schlosskirche, dem Schmuckstück der Residenz (die auch heute noch bei Brautpaaren überaus beliebt ist), und dem Wegzug nach Stuttgart 1851 zu Ende ging.

Eine weitere Dauerausstellung im Deutschordensmuseum gilt dem jüdischen Leben. Sie fußt auf dem Nachlass von Hermann Fechenbach (1897 in Mergentheim geboren, 1986 in London verstorben). Fechenbach studierte an den Kunstakademien in Stuttgart, München, Florenz und Wien. Vor allem seine Holzschnitte fanden auch international Beachtung. Hermanns Vetter Felix Fechenbach war Sekretär von Kurt Eisner, dem ersten Ministerpräsidenten des von ihm ausgerufenen Freistaates Bayern. Felix Fechenbach wurde 1933 beim Transport in ein Konzentrationslager ermordet.

Im Bad Mergentheimer Deutschordensmuseum sind immer wieder auch Sonderausstellungen zu sehen. Vom 10. Oktober bis zum 22. Februar halten „Hölle und Himmel“ Einzug. Unter diesem Titel werden Blätter zu Dantes „Göttlicher Komödie“ gezeigt, die niemand anderer als der große Surrealist Salvador Dalí angefertigt hat. Dalí, 1904 im katalanischen Figueres geboren und ebendort 1989 verstorben, hat immer wieder zu Werken der (Welt-)Literatur Illustrationen angefertigt, zur Bibel, zum „Decamerone“, zum „Faust“, zu „Don Quijote“, zu John Milton und zu Ernest Hemingway.

Sein Zyklus zur „Göttlichen Komödie“ umfasst einhundert Blätter, die komplett zu sehen sein werden. Dantes „Commedia“ (um 1321) mit den Hauptstücken Inferno, Purgatorio, Paradios – also Hölle, läuterndes Fegefeuer, Paradies – deutet Dalí surreal aus. Die einzigartigen Bildwelten des Surrealisten erlauben in ihrer Offenheit dem Betrachter eine Fülle von neuen Eindrücken.

Ein so feiner wie kluger Zug ist es, dass mit dem Maler Bernd Schepermann und dem Bildhauer Andreas Richert zwei zeitgenössische Künstler eingeladen wurden, die in ihren Arbeiten einen aktuellen Bezug zu Dantes „Komödie“ schaffen. In kleinformatigen Bildtafeln erzählt der Bad Mergentheimer Bernd Schepermann von einer seelenlosen Hölle, von mystischen Plätzen im Fegefeuer und von der lichten, beseelten Welt des Paradieses. Der aus Gießen gebürtige Andreas Richert nähert sich in fünf kleinen sowie einer überlebensgroßen Gruppe von Plastiken den Szenen und Gestalten der 99 Gesänge der „Göttlichen Komödie“. Innerhalb der Dalí-Ausstellung ist Richert und Schepermann ein eigener Raum zugeteilt. Die Werkschau der beiden wird am 5. Dezember um 19.30 Uhr eröffnet und läuft bis zum 22. Februar.

Im Begleitprogramm zur Ausstellung findet sich neben den obligatorischen Führungen ein interessanter Vortrag. Michael Krämer, der Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung Rottenburg, studierter Theologe und Literaturwissenschaftler, wird am 20. November Dan Browns Bestselleroman „Inferno“ vorstellen und Verbindungen zwischen dem Trhiller und Dantes „Commedia“ aufzeigen.

Copyright Fotos: © Besserer Lauda-Königshofen (Kapitelsaal), Luftbild Bytomski, Deutschordensmuseum (Luftbild des Schlosses), Andreas Richert (Dante), Bernd Schepermann (Das Leiden Luzifers) und Salvador Dalí (Illustration zur "Göttlichen Komödie")

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