Klassiker

Schon Paul?

Lieblingsgericht Salzkartoffeln für den Jubelsenior

veröffentlicht am 11.01.2013 | Lesezeit: ca. 6 Min.

Am 21. März 2013 wäre er 250 Jahre alt geworden – Jean Paul, einer der wichtigsten Autoren Deutschlands. Er war Zeitgenosse und Antipode Goethes und Schillers und zu dieser Zeit ebenso bekannt. Als Johann Paul Friedrich Richter in Wunsiedel im Fichtelgebirge geboren, schrieb er sich unwiederruflich in die Geschichte der deutschen Literatur hinein. Zu seinem 250. Geburtstag stehen nun Teile Bayerns Kopf, als käme der oberfränkische Dichter höchstpersönlich zum Fest – nicht nur nach Bayreuth. Dort sitzt zwar der 2009 gegründete Verein, der sich als Dreh- und Angelpunkt der Jubiläumsgebaren etablierte, Aktivitäten allerdings entfalten alle oberfränkischen Jean-Paul-Orte – Bayreuth, Wunsiedel, Hof und Schwarzenbach an der Saale sowie nahezu jeder Ort, den er bewohnte –Weimar, Leipzig, Coburg, Meiningen und Berlin und auch diejenigen, die er besuchte – Halberstadt, Frankfurt am Main, Heidelberg und München.

„Das Alter ist nicht trübe, weil darin unsre Freuden, sondern weil unsre Hoffnungen aufhören.“ – Titan

Längst wird Jean Paul als unverwechselbare Identifikationsfigur seiner Heimatregion gehegt und gepflegt. Dem Dichter von weltliterarischer Bedeutung sind seit vielen Jahren zahlreiche Aktivitäten gewidmet, ihm zu Ehren wurden museale Räume geschaffen und auch Pfade und Wanderwege von Sanspareil bis Joditz tragen seinen Namen. Viele seiner Anhänger begeben sich längst und regelmäßig auf seine Spuren. In 2013 allerdings steigert sich der Jubel und Trubel rund um den Künstler noch einmal um ein Vielfaches. Der Aufruf zum Fest hat zahlreiche Akteure mobilisiert, die sämtliche Register ziehen, um ihren Vorzeigeautoren breit und weit im historischen Gedächtnis der Region zu verankern. Sämtliche Satelliten des Daseins von Jean Paul sind einbezogen, richten einen gemeinsamen Blick auf sein Leben und Werk und laden zur zeitgenössischen Auseinandersetzung damit.

„Charakter ist ein Fels, an welchem gestrandete Schiffe landen und anstürmende scheitern.“ – Levana

Jean Paul (1763 bis 1825) gilt noch heute als Klassiker der deutschen Literatur zwischen den Stühlen der Epochen. Für die einen sind seine Texte schlichtweg kaum lesbar, andere verschlingen die Erzählungen des Experten der Kritik und Satire mit ausgiebigem Wohlgefallen. Skurrilität war nicht zu außergewöhnlich zu seiner Zeit, doch der sprachliche Erfindungsreichtum und kritische Witz in seinen Worten begeistert seine vielen Anhänger bis heute. Darunter auch prominente Vertreter seiner Zunft: Herder und Wieland haben ihn geschätzt und unterstützt. Nachfolger wie Hermann Hesse, Johan Peter Hebel oder Friedrich Dürenmatt, um nur einige wenige zu nennen, outen sich ungezügelt als große Verehrer seiner Schreibe. Jean Paul ist vielseitig. Er ist absurd, empfindsam, witzig, philosophisch, satirisch, politisch, realistisch und ernst zugleich.

Er hat in seinen Romanen echt poetische Gestalten zur Welt gebracht, aber alle diese Geburten schleppen eine närrisch lange Nabelschnur mit sich herum und verwickeln und würgen sich damit. (Heinrich Heine)

Sein literarisches Oeuvre besteht aus Romanen, Erzählungen und Satiren:

1793 fertigt er „Die unsichtbare Loge“, seit deren Publikation er sich Jean Paul nennt, um seine Verehrung dem Philosophen Jean-.Jaques Rousseau gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Das Fragment war sein Einstieg. Mit „Hesperus oder 45 Hundsposttage“ (1795) feiert er kurz darauf seinen größten Erfolg. Sein Roman war damals neben Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ eine weitere große literarische Erfolgsgeschichte, die ihn von heute auf morgen berühmt machte. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens schrieb er unter anderem „Leben des Quintus Fixlein“ (1796), „Siebenkäs“ (1796 f), „Der Jubelsenior“ (1797), „Titan“ (1800-03), „Vorschule der Ästhetik“ (1804), „Flegeljahre“ (1804f) oder „Dr. Katzenbergers Badereise“ (1809). Den Erfolg des Hesperus erreichte allerdings keines der nachfolgenden Werke mehr.

Die zahlreichen Feierlichkeiten zum Jubelfest „250 Jahre Jean Paul“ fanden mit einem literarisch-musikalischen Empfang bereits im November ihren Auftakt im bayerischen Landtag. Hierbei kamen die Lieblingsgerichte des Dichters auf den Tisch: „Hobbelpoppel“, eine Art Fingerfood aus Jean Pauls Zeiten sowie „Schnepfendreck“, benannt nach dem gleichnamigen Vogel. Das gesamte Ausmaß an Veranstaltungen befindet sich allerdings noch in der Koordination. Weitere Meilensteine sollen Festakt und Festwoche in Bayreuth werden. Autorenlesungen, Ausstellungseröffnungen und eine „Jean Paul Literaturnacht“. Bereits am Laufen sind verschiedene Wettbewerbe für Schulen sowie ein Kompositionswettbewerb mit großer Resonanz und die Organisation der Litfasssäulenausstellung „Jean Pauls Orte“, die in über 30 Städten eine informative Jean-Paul-Stele platzieren wird. Kein Veranstaltungsformat wird ausgelassen und auch an die konsumfreudigen Jean-Paul-Fans ist gedacht. Ein Taschenkalender mit seinen Aphorismen ist aktuell vorbestellbar und gerne auch mit dem passenden Jean-Paul-Geschenkpapier erhältlich. Vorträge, Lesungen, Ausstellungen, Führungen, Wanderungen und jede Menge Marketing sind angekündigt. Pünktlich zum Geburtstag am 21.03.2013 soll das Jean-Paul-Museum in Bayreuth in neuem Glanze erstrahlen. Zuvor eröffnet die Heimatstadt Wunsiedel zu früher Stunde den Jubiläumsreigen. Um 01.30 Uhr am frühen Morgen, zur tatsächlichen Geburtsstunde Jean Pauls wird ein Jean-Paul-Zimmer im Geburtshaus des Poeten eingeweiht.

Nichts macht die Menschen vertrauter und gegen einander gutgesinnter als gemeinschaftliche Verleumdung eines Dritten. - (Jean Paul)

Die Mühlen der Jubiläumsaktivisten mahlen also fleißig mit dem unübersehbaren Ziel die Veranstaltungsreihe für den Jubelsenior zu einem überregionalen und international beachteten Ereignis werden zu lassen. Der Jubiläumszeitraum bündelt sämtliche Initiativen und erhöht die Reichweite des Vorhabens. Sogar Bernd Neumann, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, spannt seinen Schirm um das Gelingen des Projektes. Nur der Finanzminister macht nicht mit. Die Jubiläumsmarke für alle Philatelisten bleibt zunächst eine bloße Idee.

Weitere Informationen:

Jean Paul 2013 e.V

Wahnfriedstraße 1

D - 95444 Bayreuth

Telefon: +49 (0)921-507 096 63

Fax: +49 (0)921-507 096 95

E-Mail: info@jean-paul-2013.de

http://www.jean-paul-2013.de/

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