Klassiker

Klassik? Klassik!

Klasse Klassik und mehr beim Mozartfest 2015

veröffentlicht am 08.12.2014 | Lesezeit: ca. 9 Min.

Anderswo wird – andere Länder, andere Sitten – nicht oder jedenfalls nicht so stark wie bei uns differenziert zwischen sogenannter ernster und der so genannten populären Musik. Dass E-Musik so ernst bisweilen gar nicht sein muss, dass sie – so oder so – auf jeden Fall aber beliebt sein kann, dass sie ankommt beim Publikum: Dies kann man Jahr um Jahr beim Mozartfest Würzburg erleben. Und mehr noch als sonst, wenn der Schein nicht trügt, seit Evelyn Meining das Heft bei diesem so traditionsreichen wie renommierten Musikfestival in der Hand hat. Meining wechselte vom Rheingau Musik Festival, das sie bis 2013 wesentlich mitgestaltete, an den Main und drückte im vergangenen Sommer dem Mozartfest ihren Stempel auf.

Als thematischer Leitfaden zieht sich Frage „Was heißt hier Klassik?“ durch die Veranstaltungen vom 22. Mai bis zum 28. Juni. Eröffnet wird im Kaisersaal der Residenz mit Bachs a-Moll-Violinkonzert, Mozarts Pariser Sinfonie und dem Rondo für Violine und Orchester KV 373. Solist und Dirigent (des Mahler Chamber Orchestra) ist Renaud Capuçon, auch in dem Konzert für Violine und Streicher des Letten Peteris Vasks, „Fernes Licht“. Was Klassik ausmacht und wie ein Komponist wie Mozart zum Klassiker wurde, lässt sich also bereits im Auftaktkonzert nachhören.

Schon 2015 zeigt sich so manches meiningsche Kontinuum, beispielsweise in der Person des Komponisten und Klarinettisten Jörg Widmann, der 2014 Artiste étoile gewesen war und auch im kommenden Sommer wieder mit dabei sein wird, wenn er am 23. Juni gemeinsam mit dem Apollon Musagète Quartett den Zauber der Klarinettenquintette von Reger und Mozart ausloten wird. Der gebürtige Oberpfälzer Komponist sagte über den Salzburg-Wiener-Tausendsassa in Sachen Musik übrigens, er sei das „größte musikalische Wunder, das die Erde gesehen“ habe.

Auf Widmann folgt in der Funktion des Artiste étoile der französische Geiger Renaud Capuçon nach, der sich seinem Selbstverständnis nach allerdings eben nicht als bloßer Meister auf der Violine, sondern als Musiker durch und durch begreift: „Sich die Musik ganz zu eigen machen, und sich ihr doch ganz hingeben“, das vor allem mache den von Musik durchdrungenen Menschen Capuçon aus. Als Solist und Kammermusiker ist der auf den Tag hundertachtzig Jahre nach Mozart (in Chambéry/Savoyen) Geborene auf den gefragtesten Konzertbühnen der Welt zu Gast.

Bereits mit achtzehn rief der Schüler von Isaac Stern und Thomas Brandis in seiner Heimatstadt ein Festival ins Leben. Seit drei Jahren ist Capuçon zusammen mit Dominique Bluzet künstlerischer Leiter des „Festival de Pâques“ in Aix-en-Provence und sagt darüber: „Programme zu planen, ist zu meiner Leidenschaft geworden. Da muss ich mich ganz neu mit musikalischen Fragen auseinandersetzen. Es bereichert mein Leben als Interpret.“ Eigens für das Mozartfest Würzburg hat Renaud Capuçon eine Reihe von exklusiven Programmen gestaltet. Im Gespräch mit Meining bekannte der Franzose, ein (Ton-)Künstler solle mehr weitergeben als lediglich Töne: „ Er sollte Emotionen und musikalisches Wissen und natürlich sein Können mit anderen Musikern und mit dem Publikum teilen.“

Als Artiste étoile will der Musiker er in diesem Sinn konzertieren, dirigieren, unterrichten, diskutieren. Von der Idee des wahrlich kreativen MozartLabors – auch dieses wird eine Neuauflage erleben – zeigt sich Renaud Capuçon begeistert. Das MozartLabor, das sich heuer der Frage annimmt, was denn Klassik sei, begreift sich als aktive Begegnungsstätte für den Diskurs von Theorie und Praxis, von An- und Einsichten, Konsens und produktivem Dissens. Jeder, so heißt es hierzu im knapp hundertseitigen Programmbuch, dürfe teilhaben an diesem „Experiment mit offenem Ausgang“. In Gesprächen und Interviews, in Vorträgen und praktischen Übungen, in einer Schreibwerkstatt wird sich das Forschungsteam austauschen, dem untern anderen Wolfgang Rihm und C. Bernd Sucher, Ulrich Konrad und Reinhard Goebel, der Filmemacher und Videokünstler Michael Wende und Toshio Hosokawa angehören. Auch ein finales Stipendiatenkonzert, das die Früchte der kammermusikalischen LaborArbeit präsentiert, wird innerhalb des multimedial begleiteten MozartLabors angeboten.

Der Japaner Toshio Hosokawa ist Residenzkomponist 2015, sein Werk mehrfach zu hören. Beispielsweise am 12. und am 13. Juni, wenn die Bamberger Symphoniker unter Lahav Shani, dem Gewinner des Gustav-Mahler-Dirigentenwettbewerbs 2013, die „Elegy“ für Violine und Streichorchester (Solist: Renaud Capuçon) zur Uraufführung bringen werden. Mit ihrem Chefdirigenten Jonathan Nott sind die Bamberger ein weiteres Mal beim Mozartfest zu Gast, um das 2014 eingeführte Erfolgsformat „Bruckner im Dom“ mit der 9. Sinfonie in d-moll, die, glaubt man der mündlichen Überlieferung, „Dem lieben Gott“ gewidmet ist, fortzusetzen.

Ihre deutsche Erstaufführung werden Hosokawas „Drei Engel-Lieder“ nach Gedichten von Else Lasker-Schüler und Gershom Sholem am 11. Juni in der Neubaukirche erfahren. Sie sind in die Sätze von Mozarts Requiem integriert – eine spannende Idee. Deren Ausführende werden der preisgekrönte Monteverdichor Würzburg und die phänomenale Akademie für Alte Musik Berlin sein. Die Gesamtleitung hat Matthias Beckert inne. Der Dirigent des Monteverdichores, zuletzt 2006 beim Mozartfest mit von der Partie, verspricht eine Aufführung, die sich so nah wie möglich am authentischen Klanggewand orientiert.

Der Reigen an Musikern, die im kommenden Jahr zum Mozartfest nach Würzburg reisen, ist so hochkarätig wie vielfältig. Die Sopranistin Diana Damrau kehrt, begleitet von Helmut Deutsch am Klavier, in die Stadt zurück, in welcher ihre Laufbahn begann. Mit dem Oboisten Albrecht Mayer und dem Hornisten Stefan Dohr sind zwei Solisten des Berliner Philharmonischen Orchesters zu Gast. Auch auf den Brendel-Protegé Kit Armstrong und auf Alexander Krichel, um einmal noch junge, aber bereits international gefeierte Pianisten anzuführen, darf man sich freuen.

Großgeschrieben wird beim Mozartfest weiters die Musikvermittlung, die unter dem Namen „Ohrenfänger“ in die zweite Runde geht. Der „Ohrenfänger“ will Akzente setzen, etwa mit der Sommermusik im Rosenbachpark und in der sich diesem anschließenden Musikhochschule. Mit dabei am 27. Juni sind die Bigband (geleitet von Marko Lackner), das Sinfonieorchester und Opernensemble (Yuuko Amanuma) und das Brass-Ensemble (Norbert Daum) der Hochschule. Zudem dürfen Kinder in Workshops ihrer Kreativität nachspüren, während die Eltern und Älteren im idyllischen Park picknicken können. Mit der „Werkstatt: Mozart“ bietet das Mozartfest Schülern auf sie zugeschnittene Programme an, in denen sie sich als Künstler, Musikmanager und Forscher erproben können. Und mit dem Kinderkonzert „Imri und die entführte Zauberflöte“ geht man auf Tour in die Klassenzimmer von Würzburger Grundschulen.

Ganz neu im „Ohrenfänger“-Angebot ist ein Konzert für Menschen mit Demenz und ihre Begleiter. Dessen Rahmenbedingungen sind speziell auf die Bedürfnisse der Besucher abgestimmt. Es findet bereits vor dem offiziellen Mozartfest-Auftakt statt, nämlich am 19. April, von 15 Uhr an, im Exerzitienhaus Himmelpforten, einem Ort zum Zuhören, zum Glauben, zum Nachdenken, zur Begegnung, zum Wohlfühlen.

Abschließend noch Informationen zu dem Erwerb von Karten. Mit der Bestellung eines Weihnachtsgutscheins besteht die Möglichkeit, sich schon vor dem Vorverkaufsstart am 7. Januar Plätze in ausgewählten Konzerten des Mozartfestes zu sichern, so zur konzertanten Aufführung der „Zauberflöte“ mit der Lautten Compagney und dem RIAS Kammerchor (19. und 20. Juni) oder zur Jupiternacht am 28. Juni. Dann wird zum Festivalausklang das Philharmonische Orchester Würzburg unter Enrico Calesso mit Dominique Horwitz (Gesang und Moderation) Sibelius und Mozart Chansons von Jacques Brel zu Seite stellen.

Für die ausgewählten Konzerte kann man Gutscheine im Geschenkumschlag als Weihnachtsüberraschung erwerben. Ein Konzertplatz in der gewünschten Kategorie ist somit gesichert; die Platzkarten werden im Januar zugeschickt. Bei Wunsch nach mehr Flexibilität sind auch Wertgutscheine erhältlich. Der Gutscheinversand per Post erfolgt bei Bestellungseingang bis einschließlich 18. Dezember. Vor Ort im Mozartfest-Büro und in der Tourist-Information im Falkenhaus können bis einen Tag vor Heiligabend Gutscheine gekauft werden. Das Angebot gilt so lange der Vorrat reicht und enthält Plätze ab 28 Euro.

Kartenbüro:

Mozartfest Würzburg

Rückermainstr. 2

97070 Würzburg

Tel.: 0931 / 37 23 36

Fax: 0931 / 37 39 39

info@mozartfest.de

www.mozartfest.de

Der schriftliche Kartenvorverkauf beginnt am 7. Januar 2015. Die schriftlichen Bestellungen (per Post-, Fax oder Online-Formular) werden in Reihenfolge ihres Eingangs sortiert. Bestellungen, die vor dem 7. Januar eingehen, werden mit Eingang 7. Januar behandelt. Die Bestellungen werden Mitte Februar beantwortet.

Ausführlichere Informationen zum Vorverkauf wie auch zum Programm(-buch) im Netz unter www.mozartfest.de.

Fotos Copyright ©François Darmigny Virgin Classics (Renaud Capuçon), Oliver Lang (Kaisersaal), Ben Ealovega (Albrecht Mayer)

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