Szene

Rolle vorwärts im neuen Kinojahr

Kurzfilme gegen Langeweile

veröffentlicht am 11.01.2013 | Lesezeit: ca. 6 Min.

Alle Jahre wieder startet das Kulturleben in Bamberg, wie auch in Schweinfurt und ein wenig auch in Bayreuth mit kurzweiligem Format. Der Januar in Bamberg steht ganz im Zeichen der ältesten Kurzfilmtage Bayerns. Zum 23. Mal lädt der Trägerverein zu einer spannenden und sehenswerten Kinowoche, die auch in 2013 wieder mit vielen Specials angereichert sein wird. Zum bravourösen Auftakt laden der Kurzfilmtage e.V. und das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia gemeinsam in das prachtvolle Wasserschloss. Slow Motion und Entschleunigung ohne Langeweile wird versprochen. Und dafür wurden drei, eigentlich vier Künstler verpflichtet, die uns möglichst eindrucksvoll in die Materie mitnehmen sollen.

Harald Grill wird zum Vortragenden, erzählt vom Losgehen und Ankommen und nimmt die Besucher mit, zu Fuß durch Europa vom Nordkap nach Regensburg. Das Ziel war der Weg und die echten Begegnungen, die im darauf widerfahren sind. Er lässt diese Revue passieren und das Publikum humorvoll an seiner Reise teilhaben. Seit April ist der gebürtige Niederbayer und Freie Autor (u.a. für den Bayerischen Rundfunk tätig) in der Villa Concordia zu Gast.

Volker Gerling bezieht sich auf den Ursprung des Films und vor allem des Kurzfilms, auf das vermutlich erste Kino der Welt: das Daumenkino. Mit seinen „flip-books“ erweist er sich als attraktiver Retro-Pionier dieser kleinen Erfahrungswelt aus Papier, die er mit Slow-Motion- und Zeitlupen-Effekte entschleunigt. Ein etwas anderer Blick auf bewegte Bildergeschichten entsteht. Der Berliner, der an der „Konrad-Wolf“-Filmhochschule studierte, arbeitet seit vielen Jahren an dieser Schnittstelle von Fotografie und Film.

Das dritte Projekt hat Urheber und Interpret. Ersterer ist Georges Lentz, der den Bambergern nach der Aufführung seiner Komposition Monh durch Tabea Zimmermann und die Bamberger Symphoniker in der Konzerthalle, ein weiteres Stück aus seiner Feder anbietet: „Ingwe“. Beide stammen aus seinem Werkzyklus Mysterium. Die Kulisse – dunkle Nacht und viel Firmament. „Monh“, der Sprache der australischen Aborigines entlehnt, bedeutet Sterne und ward im Dezember wahrlich funkelnd von Tabea Zimmermann aufgeführt worden. Mit „Ingwe“, urspünglich für Cello gedacht, aber noch im Entstehungsprozess für Solo-Gitarre verändert, folgt der düsterste Teil seines Mysteriums. Eine Auseinandersetzung mit Gott unter einem tiefschwarzen Horizont, die ihn gequält habe und in seinen Schilderungen zum Werk beinahe nach synästethischen Wahnvorstellungen klingt. Starken Einfluss nahm die Komposition durch eine zufällige Begegnung mit dem australischen Gitarristen Rocko Crawford, einem Ureinwohner aus Brewarrina und dessen Spiel mit der Einsamkeit. Aufführen wird Ingwe im Januar der Münchner Gitarrist Johannes Öllinger. Georges Lentz ist noch bis Frühjahr Stipendiat des Internationalen Künstlerhauses.

Am Tag danach kommen dann die ersten Rollen in Schwung. Wettbewerb-Blöcke und Themen-Blöcke wechseln aneinander ab. Zunächst werden die Räume des alten Kinos (ehemalige Bavaria-Lichtspiele) in Gaustadt erobert und der heutigen Nutzung der Räumlichkeiten als Sängerheim entsprechend, wird eine Brücke geschlagen zwischen Film und Gesang. Nach einer kleinen Retrospektive zum Ort selbst, leitet eine filmmusikalische Gesangseinlage des Liederhort Gaustadt die Kurzfilm-Rolle „Vocal Stories“ ein. Mit der Themen-Rolle „Spätzünder“ – 12 Kurzfilme zwischen Wahnsinn und Realität, von denen es einer noch in den Wettbewerb schaffen soll, wird der Abend abgerundet.

Gut 80 deutschsprachige Filme aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol und Luxemburg konkurrieren eine ganze Woche lang gegeneinander. Abgestimmt wird über Spielfilme, Dokumentarfilme, Animationen und Experimentalfilme. Auch Regionalfilme (u.a. Rettet Forchheim und Kaiserschmarrn) und Kinderfilme spielen eine Rolle. Nicht zu vergessen die aktive Filmmeile zwischen den beiden Austragungsorten Lichtspielkino und Odeon Kino, inklusive des Angebotes in der Stadtbücherei Bamberg, die den Aufenthalt vor und nach dem Kinobesuch zur Pflicht machen.

Parallel zum Wettbewerb locken weitere Specials: das Kurzfilmfestival Jena „cellu l`art“ ist zu Gast mit seinem Länderschwerpunkt, dem südkoreanischen Kino. Die Lesbisch Schwulen Filmtage Hamburg leisten ihren Beitrag mit ihrem Best-Of 2012 und in Zusammenarbeit mit der Medienzentrale Bamberg werden „Augenblicke: Internationale Kurzfilme“ gezeigt. Rainer Matsutani ist auch wieder einmal dabei. Höchstpersönlich bringt er die Vorschau für seinen aktuellen Psycho-Horrofilm „Zimmer 205/Room Of Fear“ mit.

Wer sich in den Wettbewerben für seine Favoriten entschieden hat, darf sich auf das Finale am Samstag freuen, das in den großen Luitpoldsaal des alten Kinos verlegt wurde und nun die Größe erreicht, die ihm zusteht. Die feierliche Preisverleihung ist PFLICHTTERMIN im Bamberger Kulturleben.

Nach dem Film

ist vor dem Film

Weiter geht die Reise im Februar nach Bayreuth. Das Filmfest „Kontrast“ findet im Februar statt und steht unter anderem im Zeichen des Jean Paul-Jubiläums. Während das Sonderthema „Unglaublich“ betitelt ist. Es weist auf die Szenen im Film hin, die unserer Alltags-Realität fern sind und somit faszinierendes Stilmittel der Fiktion, will aber gleichzeitig ein Augenmerk legen auf den realen Kern, den jeder Film zwangsläufig in sich trägt.

Vom 15 bis 17. Februar können sich Anhänger der Lang- und Kurzfilmkultur die Augen rot sehen. Erstmals findet das Fest im alten Kolpinghaus, dem heutigen Tagungssaal des Studentenwerks statt.

KurzfilmPackt Schweinfurt

Wer nach Bamberg und Bayreuth noch lange nicht genug hat, der kann sich den 28. bis 30.03.2013 schon einmal im Kalender anstreichen. Der KulturPackt e.V. Schweinfurt lädt zum „Collective Viewing“. Die 14. Schweinfurter Kurzfilmtage stehen an. Sie verstehen sich nicht als ambitioniertes Festival mit Wettbewerb, sondern laden sich die „Best Of“-Rollen der Festivals in Bamberg, Hamburg, Weiterstadt, Rüsselsheim, Regensburg und anderen ein. Zusammen mit dem Schweinfurter Kino KuK hat sich der „KulturPackt“ vor allem der Satire, dem schwarzen Humor und experimentellen Filmen verschrieben. Staunen und Lachen sind vorprogrammiert. Und auch auf regionale Beiträge und Kurzfilmkino für die Kleinen wird nicht verzichtet. Für Kinder gibt es zudem einen Workshop zum Trickfilmzeichnen.

Programm und Infos

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