Entscheidung um Münchner Konzertsaal gefallen
Zweijährige Sanierung statt Neubau
veröffentlicht am 02.02.2015 | Lesezeit: ca. 3 Min.
Nicht nur in Nürnberg, nicht nur an der Elbe, auch an der Isar wird lange schon, und heftig, um einen neuen Konzertsaal gestritten. München hat immerhin mit den Philharmonikern, mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und mit dem Bayerischen Staatsorchester drei Spitzenklangkörper, von denen einer, nämlich die BR-Symphoniker mit ihrem lettischen Chefdirigenten Mariss Jansons, zu den vier oder fünf besten auf dieser Erde zählt (je nachdem, was gerade auf dem Pult liegt).
Wie an diesem Montag aus der bayerischen Kapitale zu erfahren war, ist die Entscheidung nun gefallen. Der Münchner Gasteig wird, wie auch der Herkulessaal in der Residenz, saniert werden. Dies teilten Ministerpräsident Horst Seehofer und Oberbürgermeister Dieter Reiter bei einer Pressekonferenz mit. Seehofer „will einen Konzertsaal mit Weltniveau“. Die Philharmonie soll entkernt, auch der Herkulessaal modernisiert werden. Von 2020 bis 2022 soll die Sache über die Bühne gehen.
Umstritten ist die Akustik des Gasteigs. Von manchen als eine der besten weltweit erachtet, neben jener im Amsterdamer Concertgebouw, in der Tokioter Suntory Hall oder im Wiener Musikvereinssaal, kommt sie vielen anderen unangenehm zu Ohren. Der Mitte Juli verstorbene Lorin Maazel beispielsweise – er war in der Nachfolge Christian Thielemanns Chefdirigent der Münchner Philharmoniker – hatte für die am Gasteig geäußerte Kritik wenig Verständnis. Es klinge dort alles sehr durchsichtig: „Alle Instrumente sind gut zu hören, nur in den oberen Frequenzbereichen gibt es Schwachstellen an manchen Stellen im Saal.“ Beispielsweise im Parkett, Mitte. Also ausgerechnet dort, wo die Plätze so richtig Geld kosten. Thielemann hingegen befand: „Die Akustik im Gasteig ist wirklich schlimm.“
Häufig wird in dem Konzertsaalstreit ein Wort Leonard Bernsteins angeführt: „Burn it!“, hatte der große US-amerikanische Mahler-Dirigent und Komponist im Gästebuch vermerkt. Nur wird häufig unterschlagen, dass Bernstein damit keinesfalls den Gasteig meinte, sondern seine „Jubilee Games“ (inzwischen, nach einer Überarbeitung, „Concerto for Orchestra“ geheißen), die im September 1986 beim Gasteig-Publikum durchfielen. Die Partitur also solle man verfeuern, nicht etwa den Saal.
Ganz und gar nicht einverstanden mit der heutigen Entscheidung ist Ulrich Wilhelm, seit just vier Jahren Intendant des Bayerischen Rundfunks: „Die Entscheidung, auf einen zusätzlichen Konzertsaal für München zu verzichten und stattdessen auf eine aufwändige Sanierung der bestehenden Säle zu setzen, ist ein schwerer Schlag für die weltweit berühmte Orchesterkultur Bayerns und eine folgenschwere Entscheidung. Wir haben schon heute zu wenig Kapazität für große Orchestermusik in München, die Umbauzeit wird eine zusätzliche Lücke ins Konzertleben reißen. Die Klangkörper des Bayerischen Rundfunks, die seit Jahrzehnten mit großem Einsatz das Klassikleben in Bayern stärken, werden dadurch in ihren Entwicklungsmöglichkeiten genauso geschwächt, wie alle anderen Orchester und privaten Veranstalter. Ich bin sehr enttäuscht über dieses Ergebnis einer zehnjährigen intensiven Debatte.“
Foto © picture-alliance/dpa, Gasteig München GmbH, Matthias Schönhofer