Klassiker

Landschaft mit Vögeln und Bruckners Fünfte

Daniela Koch im Konzert mit den Bamberger Symphonikern

veröffentlicht am 05.02.2015 | Lesezeit: ca. 4 Min.

Wenn man wissen wolle, wie ein Adagio von Franz Schubert klingt, so solle man, wird von Anton Bruckner, nach dem im Wien südlich vorgelagerten Perchtoldsdorf eine Gasse benannt ist, kolportiert, zum Heurigen nach Perchtoldsdorf gehen: „Trinkt’s in Perchtoldsdorf ein Viertel Gerebelten [also einen Wein aus einzeln vom Stock abgezupften Trauben], schaut’s auf die Glühwürmchen, horcht’s auf die Grillen – nachher wisst’s, was ein Schubert-Adagio ist.“ Um zu wissen, was ein Bruckner-Adagio ist und wie phantastisch ein solches zu klingen vermag, genügt hingegen ein Gang in den Joseph-Keilberth-Saal der Konzerthalle Bamberg.

Dort stand am letzten Januarsonnabend John Storgårds am Pult der Bamberger Symphoniker-Bayerische Staatsphilharmonie und dirigierte nach der Pause, also nach Nielsen und Vasks (dazu später mehr), Bruckners Fünfte Symphonie. Fast ein halbes Hundert Mal haben die Bamberger in ihrer bald sechzigjährigen Geschichte dieses Kolossos aufgeführt, zuerst bereits in ihrem Gründungsjahr, im November 1946, zuletzt im Juni 2008 unter Herbert Blomstedt im Kaiserdom. Dass sich die Symphoniker bestens auf Bruckner verstehen, lässt sich auch an ihrer Diskographie ablesen, in welcher sich Aufnahmen etwa der „Romantischen“ unter Horst Stein, der monumentalen Achten unter Eugen Jochum und der Dritten mit Jonathan Nott finden. Seit wenigen Wochen erst erhältlich ist Bruckners Messe Nr. 3 f-Moll unter Robin Ticciati, mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks, erschienen beim Zürcher Label Tudor.

Entstanden ist die Fünfte, deren Schöpfer von ihr sagte, er wolle sie „nicht um 1000 Gulden nochmals schreiben“, zwischen Mitte Februar 1875 und Mitte Mai 1876. Storgårds, der ganz kurzfristig für den erkrankten Jaap van Zweden eingesprungen war, realisierte einen lichten, leichten Bruckner, dem auch im dreifachen Forte nichts brachial Gewaltiges anhaftete. Seinen klug durchgehaltenen Spannungsbögen zu folgen, den samtigen Tutti-Streichern, dem feinen Holz und dem sicheren Blech zu lauschen, machte nicht wenig Freude.

In dieser Spielzeit dürfen sich bei den Bamberger Symphonikern immer wieder Musiker aus den eigenen Reihen solistisch vorstellen. So waren beispielsweise der Konzertmeister Bart Vandenbogaerde, der Solo-Cellist Ulrich Witteler und Angelos Kritikos (Soloposaune) zu hören. Jetzt gab die aus Österreich gebürtige Daniela Koch, Jahrgang 1989, ihre Visitenkarte ab. Seit April 2011 ist die Schülerin von Michael Martin Kofler Soloflötistin der Bayerischen Staatsphilharmonie. Mit der „Landschaft mit Vögeln“ (1980) des lettischen Komponisten Peteris Vasks präsentierte Koch zunächst ein filigranes Werk für Flöte solo, ohne Begleitung des Orchesters. Diese zarte, im Pianissimo einsetzende und endende Studie zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch die Vokalstimme mit einbezieht. Was wiederum an das mehrstimmige Spiel des Posaunisten Albert Mangelsdorff denken lässt und daran, dass der Frankfurter, wie bekanntermaßen Olivier Messiaen, ein exzellenter Kenner der Vogelwelt war. Als Naturlaute werden Vogelrufe ein ums andere Mal in Vasks‘ „Landschaft“ zitiert. Eine bravouröse Leistung, eine fesselnde Interpretation von Daniela Koch.

Zum ersten Mal überhaupt brachten die Bamberger Symphoniker das 1927 uraufgeführte Flötenkonzert des Dänen Carl Nielsen zu Gehör. Es ist ein hochvirtuoses, arg anspruchsvolles Werk (in welchem auch der Bassposaune – Volker Hensiek – eine tragende Rolle zukommt). Den stürmischen Beifall hatte sich Koch mehr als verdient. Man darf gespannt sein, wie sich die junge Österreicherin weiterentwickelt. Ihre dritte CD soll in Arbeit sein.

Am kommenden Samstag wird Chefdirigent Jonathan Nott in den Keilberth-Saal zurückkehren. Kompositionen von Mendelssohn Bartholdy, von Claude Debussy („Images“) und von Hans Abrahamsen („Bamberger Tanz“) stehen auf dem Programm. Solist ist der französische Geiger Renaud Capuçon. Am Sonntag folgt in der Alten Oper ein Gastspiel in Frankfurt.

Foto © Marco Borggreve

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