Ein Maler und sein Verführungspotenzial
Cranach zum Dritten: Auch auf der Wartburg und in Weimar feiert man die Bildchronisten der Lutherzeit
veröffentlicht am 01.04.2015 | Lesezeit: ca. 5 Min.
In den beiden zurückliegenden art5drei-Ausgaben haben wir das Jubiläum „500 Jahre Lucas Cranach der Jüngere“ zu würdigen versucht und wichtige Ausstellungen in Kronach, Coburg, Gotha und Meißen, also in Nordfranken und Sachsen, vorgestellt. Notabene geht es heuer um Cranach junior, nicht um Lucas Cranach d.Ä., doch der steht natürlich aus familiären Gründen ebenso im Fokus, z.B. in Nürnberg, weil das dortige Germanische Nationalmuseum eine erkleckliche Anzahl von Werken des Meisters besitzt. Unter dem Motto „Zwischen Venus und Luther: Cranachs Medien der Verführung“ präsentiert das GNM seine hochkarätige Cranach-Sammlung in neuem thematischen Lichte.
Auch Thüringen lässt den älteren Cranach, also den Malervater, nicht beiseite und widmet folglich den beiden Cranachs ein veritables Kulturjahr. An mehreren Orten gibt es substantielle Beiträge zum Cranach-Jahr zu entdecken, u.a. in Eisenach (genauer gesagt auf der Wartburg) und in Weimar. Aber selbst kleinere Orte wie Neustadt an der Orla locken mit authentischem Cranach-Flair.
Die Wartburgstiftung in Eisenach konzentriert sich unter der Leitidee „Bild und Botschaft“ auf die Lutherportraits aus der Cranach-Werkstatt. Dort entstanden zwischen 1520 und 1546 sieben verschiedene grafische und gemalte Porträttypen Martin Luthers. Alle diese Bildnisse dienten propagandistisch-dokumentarischen und somit werbend-lehrhaften Zwecken. Dabei übernahm das Porträt Luthers als Botschafter des reformatorischen Programms und als lückenlose Illustration seines Werdegangs und Lebensweges eine wesentliche Funktion. In der kleinen, aber lehrreichen Ausstellung wird diese Typologie vorgestellt und die Organisation der Wittenberger Werkstatt untersucht.
Im Mittelpunkt stehen gemalte und grafische Porträts des Mönchs und Reformators, die durch Lutherbildnisse weiterer Zeitgenossen sowie spätere, Vater und Sohn Cranach zitierende Beispiele der Malerei und Grafik ergänzt werden. Sie zeigen, wie sehr das Wittenberger Werkstattvorbild des Lutherporträts in der zeitgenössischen Kunst bis heute aktuell geblieben ist. Natürlich ist es naheliegend, den Museumsbesuch mit einem erneuten Rundgang durch den geschichtsträchtigen Palas zu verbinden. Die Ausstellung ist täglich von 8.30 bis 17.00 Uhr zu besichtigen, eine Reservierung von thematischen Sonderführungen ist möglich. Nähere Auskünfte unter www.wartburg.de oder telefonisch unter der Nummer 03691-2500.
In Weimar zeigt die ortsansässige Klassik-Stiftung ab 3. April im Schiller-Museum (und in der Herderkirche, wo der berühmte Cranach-Altar mit den Konterfeis von Johannes dem Täufer, Luther und Cranach d.Ä. steht) die Ausstellung „Cranach in Weimar“. Das umfangreiche Projekt veranschaulicht, so die Pressemitteilung, „Leben, Werk und Wirkung beider Meister an der Schwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit“. Die Schau ist in vier miteinander verbundene Themenkomplexe gegliedert: Das eröffnende Kapitel „Werk und Künstler“ verknüpft Cranach-Werkgruppen, wie beispielsweise zur Thematik „Gesetz und Gnade“, mit Weimar als dem letzten gemeinsamen Wirkungsort von Vater und Sohn.
Das zweite Kapitel „Glaube und Reformator“ untersucht die Arbeit der Cranach-Werkstatt im Dienst der Reformation und ihrer Protagonisten. Daran schließt sich das große dritte Kapitel „Botschaft und Auftraggeber“ an, das sich dem Cranach‘schen Wirken am Hof Johann Friedrich des Großmütigen im Sinne fürstlicher Repräsentation widmet. Das vierte und letzte Kapitel „Rezeption und Betrachter“ beleuchtet mittels diverser Exkurse die Wirkungsgeschichte der Cranach-Werkstatt, und dies von der Wiederentdeckung der Cranach-Werke in der Goethezeit bis zur Rezeption im Weimar des 20. Jahrhunderts.
In der Ausstellung werden neben Exponaten aus den reichen Beständen der Klassik Stiftung Weimar weltberühmte Leihgaben aus internationalen Museen zu sehen sein, u.a. Meisterwerke aus dem Madrider Prado, den Florentiner Uffizien und aus dem Kunsthistorischen Museum Wien. Erklärtes Ziel der Ausstellungsmacher ist es, multimediale Vermittlungskonzepte mit hochrangigen Kunstwerken zu verbinden und damit sowohl „Cranach-Kenner und Kultur- und Religionsinteressierte“ anzusprechen als auch jene, denen der Name Cranach bislang weniger geläufig war. Die Ausstellung ist täglich außer montags von 9.30 bis 18.00 Uhr geöffnet und endet am 14. Juni. Infos gibt es unter
www.klassik-stiftung.de oder telefonisch unter 03643-545-400.
Copyright Fotos:
Lucas Cranach d. J.: Christus und die Ehebrecherin, um 1535/40, Foto © Klassik Stiftung Weimar
Lucas Cranach d.Ä.: „Venus mit Amor als Honigdieb“ um 1537 (l) u. „Posthumes Bildnis Martin Luthers als Augustinermönch“ nach 1546 (r), © Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg