Mixtur

Zu Gast bei Freunden in der Villa Concordia

Stipendiatenwechsel: And the winner is Norwegen

veröffentlicht am 01.04.2015 | Lesezeit: ca. 7 Min.

Auf den spanisch-deutschen Stipendiaten-Jahrgang folgen neben den Gästen aus Deutschland, Künstlerinnen und Künstler aus Norwegen. Insgesamt 13 Stipendiaten ziehen ab April in die Villa Concordia ein und werden für 11 Monate lang zu Bambergern auf Zeit. Sechs aus Norwegen. Sieben aus Deutschland. Darunter zwei gebürtige Amerikaner. Die Asymmetrie der Ländercodes ist bedingt durch die erstmalige Berufung eines Künstlerkollektivs, nämlich „Jochen Schmith“ (Carola Wagenplatz, Peter Hoppe, Peter Steckroth) aus Hamburg, zum gemeinsamen Aufenthalt in der Villa Concordia, das sich zwei Stipendien teilt. Zwischen 35 und 64 Jahre alt sind die Komponisten, Literaten und Bildenden Künstler des Jahrgangs 2015/16. Die Namen und Kurzbiographien klingen viel versprechend. Doch einige auf der Liste dürften das bei weitem übertreffen.

MUSIK:

Evan Gardner studierte Komposition am Oberlin Conservatory, USA, sowie an der Norwegian State Academy of Music in Oslo und an der Münchner Musikhochschule. 2006 steuerte er Musik zu dem Kurzfilm „Sniffer“ bei, der mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde. Unter anderem erhielt er 2012 den Kompositionspreis „Neue Szenen“ der Deutschen Oper Berlin, wo seine Oper „Die Unterhändlerin“ im April 2013 uraufgeführt wurde. Heute lebt und arbeitet er in Bergen und Berlin.

Trond Reinholdtsen studierte Komposition und Gesang an der Academy of Music in Oslo. In seinem Werk beschäftigt er sich unter anderem mit Semantik, erzählerischen Formen, mathematischer Struktur und einem selbstreferentiellen Blick auf musikalische Gattungen und die Institutionen der Musik. Zur Aufführung kam seine Musik unter anderem in der Berliner Philharmonie, beim Huddersfield Contemporary Music Festival, beim SPOR Festival in Dänemark und bei den Donaueschinger Musiktagen.

Iris ter Schiphorst reiste nach ihrer Ausbildung zur Pianistin und reger Konzerttätigkeit zwei Jahre durch die Welt. Zurück in Deutschland studierte sie Theater-, Kulturwissenschaften und Philosophie in Berlin. Ihr umfangreiches Werkverzeichnis umfasst alle musikalischen Gattungen. Zurzeit lehrt sie Komposition an der Universität der Künste Berlin und betreut dort die Reihe „Neue Musik im Diskurs“ des Instituts für Neue Musik Klangzeitort.

Philipp Maintz studierte ab 1997 Komposition bei Robert HP Platz am Konservatorium in Maastricht, das er 2003 mit Auszeichnung abschloss. Sein Werk wurde durch renommierte Ensembles wie das Ensemble Modern, das Scharoun-Ensemble der Berliner Philharmoniker und das BBC Symphony Orchestra international aufgeführt. Er erhielt unter anderem den Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung 2005 sowie das Villa-Massimo-Stipendium 2010.

LITERATUR:

Arild Vange ist Lyriker, Künstler und Übersetzer. Er begann ein wirtschaftswissenschaftliches Studium, beendete es jedoch nicht. Er engagierte sich in der Umweltorganisation „Framtiden i våre hender“ (Die Zukunft in unseren Händen), sowie in der Punk- und New Wave-Bewegung. Er hat mehrere Jahre in Deutschland gelebt und wohnt seit 2008 in der Autorenwohnung der norwegischen Stadt Trondheim, der so genannten Adrianstua.

In Torild Wardenærs Werk finden sich Dramen, Essays und Romane für Erwachsene und Kinder genauso wie interdisziplinäre Projekte mit Musikern und bildenden Künstlern. 1994 veröffentlichte sie mit „In the Pioneer Time“ ihren ersten von inzwischen neun Lyrikbänden, für den sie mit dem Debütpreis des Verlages Aschehoug ausgezeichnet wurde. Weitere Auszeichnungen, unter anderem der „Haldis Moren Vesaas Award“ für „The Drift of Days and Nights“ und Nominierungen für den renommierten „Braga Prize“ für „zero point two lux“ (1995) und „psi“ (2007) folgten.

Gunther Geltinger studierte angewandte Theaterwissenschaften in Gießen, Drehbuch und Dramaturgie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien und als Postgraduierter an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Heute arbeitet er als freier Autor und hat mit „Mensch Engel“ (2008) und „Moor“ (2013) zwei Romane veröffentlicht. Zu seinen Auszeichnungen gehören der Würdigungspreis des österreichischen Ministeriums für Bildung und Kultur 2002 sowie die Aufenthaltsstipendien am Literarischen Colloquium Berlin (2009) und im Stuttgarter Künstlerhaus (2012).

Christoph Poschenrieder, studierte an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München. Danach besuchte er die Journalistenschule der Columbia University, New York. Seit 1993 arbeitet er als freier Journalist und Autor von Dokumentarfilmen. Heute konzentriert er sich auf das literarische Schreiben. Sein Debüt „Die Welt ist im Kopf“ mit dem jungen Schopenhauer als Hauptfigur erhielt hymnische Besprechungen und war auch international erfolgreich. Bislang hat er drei Bücher veröffentlicht. Sein jüngstes Werk „Das Sandkorn“ stand auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2014. Christoph Poschenrieder lebt in München.

BILDENDE KUNST:

Siri Hermansen studierte in Perugia, Oslo und Paris. Die Integration von alltäglichen Gegenständen in ihrer Kunst lädt den Betrachter zum Nachdenken über soziale Themen wie Konsum, Industrialismus und Politik ein. Ihre Werke wurden unter anderem in Moskau, Rom, Paris, Rotterdam und auf der Biennale in Venedig ausgestellt.

Petrine Lillevold Vinje machte 2005 ihren Master-Abschluss an der Academy of Fine Arts in Oslo. Sie entwickelt große Objekte und architektonische Installationen, mit denen sie sakrale und andere Räume thematisiert. Das besondere Interesse ihrer Werke gilt dem Spannungsfeld von Objekt und zugeschriebenem symbolischen Wert und der Leerstelle dazwischen, die sie versucht neu zu interpretieren. Neben der Beteiligung an verschiedenen Gemeinschaftsausstellungen zeigte sie Einzelausstellungen unter anderem in Arendal, Lillestrøm und Oslo.

Das Künstlerkollektiv Jochen Schmith arbeitet seit dem Jahr 2000 zusammen. Die Mitglieder Carola Wagenplast (geb. 1975 in Stuttgart), Peter Hoppe (geb. 1971 in Kapstadt) und Peter Steckroth (geb. 1973 in Stuttgart) studierten an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und schlossen das Studium mit Auszeichnung ab. Die Darstellung eines Warenkreislaufs, in dem ökonomische und den Kunstbetrieb betreffende Fragen miteinander verbunden werden, gehört zu den typischen Arbeitsweisen des Kollektivs. Bar jeden moralischen Appells und sehr präzise werden in diesen marktreflexiven und institutionskritischen Arbeiten die elementaren Prozesse der Wertschöpfung zur Diskussion gestellt. Das Kollektiv realisierte Ausstellungen, unter anderem in Berlin, Amsterdam, Maastricht, Wien, Oslo und Beijing. 2011/2012 hatte es eine Gastprofessur an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg inne.

INFO:

In einer Interviewrunde am 12. Mai 2015 (Di) um 19 Uhr im Saal der Villa Concordia stellt Künstlerhaus-Direktorin Nora-Eugenie Gomringer die neuen Stipendiatinnen und Stipendiaten vor; der Eintritt ist frei.

www.villa-concordia.de

Copyright Fotos:

Petrine Vinje, Foto © Nina Strand

Gunther Geltinger, Foto © Jürgen Bauer, Suhrkamp Verlag

Trond Reinholdtsen, Foto © Bodil Furu, Reinholdtsen

Schiphorst, Foto © Christian Lehmann

Arild Vange, Foto © Vange

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