Textlicher Tiefgang trifft auf Partylaune
Darf man bei den österreichischen Indie-Granden Wanda noch feiern wie einst?
veröffentlicht am 15.10.2024 | Lesezeit: ca. 3 Min. | von Andreas Bär
Wanda sind erwachsen geworden. Die Indie-Pop-Band aus Wien, einst stürmische Draufgänger mit dem Elan der niemals enden wollenden Jugend im Blut, haben sich menschlich wie musikalisch weiterentwickelt, sind längst nicht mehr vergleichbar mit dem Quartett von damals. Das beweisen sie in jüngster Vergangenheit nur allzu oft. Am 8. November gastieren der Frontmann Marco Wanda und seine beiden Kollegen in der Würzburger Posthalle.
Die neue Nachdenklichkeit der inzwischen unzählige Male preisgekrönten Formation hat seine Gründe. Vor zwei Jahren starb Gründungsmitglied Christian Hummer nach langer Krankheit, der Vater des Sängers nur wenige Monate danach. Der Keyboarder wurde nur 32 Jahre alt. Der Song „Bei niemand anderes“ aus dem sechsten Studioalbum „Ende nie“ ist ihm gewidmet. Die vor zwölf Jahren gegründete Band hat damit einen neuen Meilenstein in der Historie geschaffen. Ihren Erfolg – den verdanken sie seit jeher ihrer unheimlichen Gabe, Dinge aus dem Leben in Songs zu verarbeiten, die genauso in anderen Lebensphasen ihre Existenzberechtigung genießen und so persönlich sie auch sein mögen, doch im Bereich des eher erzählenden Segments zu verorten sind.
Wanda. Viele Bands haben in ihren Karrieren eine stringente Entwicklung hinter sich. Die Musiker aus der heutigen Zeit ähneln denen aus früheren Zeiten mitunter in aller Klarheit. Andere passen sich dem vorherrschenden Zeitgeist an. Und Wanda? Die ziehen ihr Ding auf der einen Seite konsequent durch, ohne aber dabei künstlerischen Veränderungen gegenüber verschlossen zu sein. Der alternativ angehauchte österreichische Indie-Rock-Pop: Den gibt es weiterhin zu hören. Der Wiener Schmäh? Der darf freilich nicht fehlen. Und doch merkt man es immer wieder deutlich: Der neu entdeckte Tiefgang in vielen Songs hievt die Band auf ein neues Level. Bleibt die Frage, in welche Richtung es für die so bodenständig, authentischen Jungs gehen wird. Längst füllen sie die großen Hallen im deutschsprachigen Raum mühelos. Aus den einstigen Indie-Sternchen mit den Rock'n'Roll-Allüren sind sehr ernstzunehmende Musiker geworden, die sich in die Belle Etage gespielt haben. Hallen wie die Max-Schmeling-Halle in Berlin oder die Münchener Olympiahalle füllen Wanda inzwischen fast schon mühelos. Da sie auch live großartig sind. Sie verstehen es zu feiern und ihre Fans abzuholen aus dem tristen Alltag. Bleibt noch immer eine Frage: Was tun mit dem neu gewonnen Tiefgang in den Songs? Nicht wenige Indie-Rock-Pop-Bands haben diesen Spagat zwischen textlich anspruchsvollen Werken und doch feierfreudigen Abenden nicht geschafft. Wanda ist es zuzutrauen, ihn zu meistern. Mit Bier, Kippe und intelligentem Publikum.